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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Kelsey Moore
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entschieden und drehte sich um, um an ihren Tisch zurückzukehren, als sie plötzlich direkt in Chicks Gesicht starrte.
    Er hatte beide Arme voll mit schmutzigem Geschirr und war auf dem Weg zur Küchentür, die sich bloß ein paar Schritte entfernt befand. Das Gewicht der Teller ließ die Muskeln an seinen dünnen Armen hervortreten. Da fiel Barbara Jean zum ersten Mal das Grübchen an seinem Kinn auf. Sie musste die Hände hinterm Rücken verschränken, um den Impuls zu unterdrücken, ihn einfach anzufassen und die leichte Vertiefung mit dem Zeigefinger zu betasten.
    Ein paar Sekunden lang sagte keiner von beiden etwas. Dann sagte er: »Hi«, und lächelte sie an. Sie erwiderte das »Hi« und ließ noch einmal sein Gesicht auf sich wirken.
    Das war dann auch schon das Ende ihres Gesprächs, denn genau in diesem Moment rempelte ihn ein Tänzer von hinten an, und die Stapel aus dreckigen Tellern, Besteck und Tassen, die er auf seinen Armen balanciert hatte, kippten nach vorne und fielen klappernd zu Boden. Barbara Jean musste einen Satz zurück machen, damit sie nicht von den herumfliegenden Essensresten und den Scherben des zerbrochenen Geschirrs getroffen wurde. Es war ein Riesenlärm, und als sie sahen, was passiert war, fingen einige Jungs an zu gackern und zeigten mit dem Finger auf Chick, als sei sein Missgeschick das Witzigste, das sie je gesehen hatten.
    Dann kam Big Earl herbeigeeilt. Und da wurde Barbara Jean Zeuge von etwas. Es war bloß ein winziger Austausch, aber es erteilte ihr eine Lektion über beide, Big Earl und Chick, die ersten Männer, die sie ins Herz schließen würde. Chick war schon auf den Knien und sammelte die Scherben und den Abfall auf, als Big Earl – trotz seiner eins neunzig erstaunlich beweglich – neben ihm auftauchte. Chick reagierte darauf, indem er den Unterarm schützend vor sein Gesicht hielt und sagte: »Tut mir leid, tut mir leid, es tut mir so leid …«
    Barbara Jean erkannte diese Körperhaltung und die reflexartige Entschuldigung und das Gefühl, nur darauf zu warten, dass man geschlagen wurde, das damit einherging. Da verstand sie zumindest einen Teil von Chicks Geschichte.
    Big Earl kniete sich neben ihn und zog mit seiner großen Pranke Chicks Arm von seinem Gesicht. Er legte seinen Arm um den König der hübschen weißen Jungs und drückte ihn kurz. Obwohl die Musik laut war, hörte Barbara Jean ihn ganz deutlich sagen: »Ist schon gut. Schon gut. Hier wird dir niemand wehtun.« Dann half er Chick dabei, das Geschirr aufzusammeln.
    Die komplette Begebenheit dauerte nicht länger, als Aretha brauchte, um » R-E-S-P-E-C-T « zu buchstabieren, und Barbara Jean sah alles aus ein paar Schritten Entfernung mit an. Als Big Earl und Chick das Durcheinander beseitigt hatten und zusammen in die Küche gingen, hatte Barbara Jean zum ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl, wirklich betrogen worden zu sein, weil sie keinen Vater hatte.
    Mehr als drei Jahrzehnte später, nachdem sie Chick bei Big Earls Traueressen auf der Veranda gesehen hatte und nachdem auch Lester von ihr gegangen war, hatte Barbara Jean jeden Abend für sich, um allein dazusitzen und nachzudenken. Sie verwandte viele dieser Stunden darauf, in Gedanken zu der Nacht zurückzukehren, in der sie Chick zum ersten Mal im All-You-Can-Eat gesehen hatte. Unzählige Male ließ sie es in ihrem Kopf Revue passieren, wie sie es schon seit Ewigkeiten nicht mehr getan hatte. Jedes Mal, wenn sie darüber nachdachte, fragte sie sich, ob die Dinge anders verlaufen wären, wenn sie an jenem Abend nicht zur Jukebox gegangen oder wenn sie einfach weggegangen wäre, als die Teller zu Boden fielen. Doch sie war stehengeblieben und hatte gerade genug über Ray Carlsons Geschichte erfahren, um den altbekannten Schulmädchenprozess in Gang zu setzen, der Mitleid in Liebe verwandelte. Sie grübelte, ob es ihr nicht möglich gewesen wäre, vorherzusehen, was kommen würde, um es so zu vermeiden. Jedes Mal wenn sich dieses Gedankenkarussell ein weiteres Mal gedreht hatte, landete sie zusammengerollt auf ihrem Sessel in der Bibliothek mit einer Flasche Wodka. Dann fragte sie sich, ob sie jemals in der Lage wäre, aufzuhören, immer wieder den gleichen alten Stein den Berg hinaufzurollen, und einfach zu akzeptieren, dass das, was geschehen war, eben ihr Schicksal war. Sie hatte das Geschick ihrer Mutter geerbt.

14
    Am Freitag nach Halloween holte ich eine zweite Meinung über meinen Gesundheitszustand ein. Wieder mussten Mama, Mrs

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