Mueller, Carin
meine Unterlagen zusammenstellen, damit Sie einen besseren Eindruck von mir bekommen.« Dann sah er sich im Loft um und meinte enthusiastisch: »Das ist großartig hier!«
»Mhmm«, brummte Antonella geistesabwesend. Ihr kam gerade eine Idee. »Jenny, führe unseren Gast doch mal herum und biete ihm einen Kaffee an.« Sie ging zurück an ihren Schreibtisch, schnappte sich ihr Handy und tippte eine SMS an Georgia: »SOS Christian Weiler sucht Arbeit, kann er deinen Job übernehmen?« Erfahrungsgemäß machte Georgia ihr Telefon nie aus und würde auch nachts reagieren. Was praktisch wäre, denn Antonella hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wie spät es in New York gerade war.
Währenddessen zeigte Jenny Christian stolz das Loft von Hugo’s Affairs. Die obere Etage des zweistöckigen Industriegebäudes in einem Hinterhof der Berger Straße war etwa dreihundert Quadratmeter groß und hatte gut fünf Meter hohe Wände. Raumhohe Fenster und einige Oberlichter sorgten selbst an diesem schmuddeligen Januartag für reichlich Licht. Der große Hauptraum war in eine loungeartige Sofaecke und den Arbeitsbereich aufgeteilt. Es gab einen großen Konferenztisch und mehrere Arbeitsplätze, von denen im Moment allerdings nur zwei von Antonella und Jenny genutzt wurden. Die Wände waren in bunte Quadrate unterteilt – teils tapeziert, teils bemalt –, auf denen Fotos von Räumen abgebildet waren, die Hugo’s Affairs schon gestaltet hatte. Eine Treppe führte zu Küche, Bad, einem Lagerraum und einem separaten Büro, das bislang immer Georgia genutzt hatte und in dem jetzt Mops Hugo schlief. Im Untergeschoss des Gebäudes hatte Giovanni auf einhundertfünfzig Quadratmetern seine Schreinerwerkstatt untergebracht. Außerdem gab es unten noch zwei Räume, die der Vermieter als Lagerfläche nutzte, die man aber notfalls dazumieten konnte. Antonella beobachtete Christian, der sich angemessen begeistert zeigte. Dann klingelte ihr Telefon. »Habe ich dich geweckt?«, fragte sie statt einer Begrüßung.
»Nein, natürlich nicht. Es ist halb acht«, entgegnete Georgia eine Spur irritiert.
»Morgens oder abends?«
»Morgens natürlich!«, seufzte Georgia. »Du lernst es wohl nie, oder? Aber jetzt erzähl, Christian sucht also einen Job?«
»Sieht so aus. Was meinst du?«
»Nimm ihn! Er ist wirklich klasse. Und sonst? Wie läuft es bei euch?«
»Eigentlich ganz gut, aber du fehlst mir schrecklich. Ich weiß wirklich nicht, wie ich das hier ohne dich schaffen soll.«
»Das wird schon«, tröstete Georgia. »Christian kriegt das hin. Aber was ist mit Hugo? Wie geht’s ihm?«
»Der ist nach wie vor untröstlich!«, sagte Antonella und bemerkte, wie Christian und Jenny immer wieder verstohlen in ihre Richtung blickten. »Sag mal, können wir am Wochenende in Ruhe telefonieren?«
»Natürlich. Und kauf ihm frische Kalbsleber. Die hat er doch so gerne …«
»Mach ich«, versprach ihr Antonella. »Ich muss jetzt aufhören, Süße, bis bald!« Sie beendete das Telefonat und schlenderte dann zur Sitzgruppe, wo Jenny und Christian Kaffee tranken. »Es gefällt Ihnen also?«
»O ja, sehr!« Der junge Mann versuchte Haltung anzunehmen, was auf den niedrigen Polstern des Sofas nur schwer möglich war.
Antonella schmunzelte. »Sie können mit Lieferanten verhandeln? Und schwierige Kunden betreuen?«
Er nickte. »Das ist alles kein Problem. Und ich bin selbstverständlich auch allen anderen administrativen Aufgaben, die in so einem Betrieb anfallen werden, gewachsen.«
»Okay, also auch Kalkulation und Akquise?« Er nickte erneut. »Und trauen Sie sich auch zu, meine Termine zu koordinieren und mich verlässlich daran zu erinnern?«
»Ich denke schon …«, sagte er leicht verunsichert und sah hilfesuchend zu Jenny, die grinsend mit den Schultern zuckte.
»Prima«, Antonella grinste ihn hocherfreut an, »dann haben wir einen Deal!« Sie reichte ihm die Hand. »Willkommen im Team! Ich bin Antonella – wir sind hier alle per du –, Jenny kennst du ja schon, und meinen Bruder Giovanni, der unten die Schreinerei hat, wirst du bei nächster Gelegenheit kennenlernen. Wann kannst du anfangen?«
»Sofort!« Jetzt strahlte er übers ganze Gesicht.
»Montag wird reichen«, sie freute sich über seine echte Begeisterung. »Bis dahin können wir einen Vertrag vorbereiten und Jenny eine Liste aller Aufgaben erstellen. Und jetzt sollten wir uns übers Finanzielle unterhalten.«
Am frühen Abend stand Antonella bestens gelaunt in ihrer Küche und
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