Mueller, Carin
wirklich gerne mal kennenlernen.«
»Was tratscht ihr denn schon wieder?« Giovanni war ins Büro gekommen und baute sich nun ebenfalls vor Antonellas Schreibtisch auf. Er schnappte sich Antonellas Muffin und biss ein großes Stück ab. »Lecker«, schmatzte er.
»Die beiden sind nach Lektüre dieses Artikels der Meinung, dass Katia verdient, was sie bekommen hat«, erklärte Antonella leicht stirnrunzelnd ihrem Bruder, der inzwischen auch ihren Kaffee ausgetrunken hatte.
»Und was glaubst du?«, fragte er.
»Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Ich weiß nur, dass ich jetzt los muss!« Sie sah seufzend auf die Uhr und packte ihre Tasche zusammen. »Sternchen muss von der Krippe abgeholt werden, und dann werde ich Kathi wohl die nächsten guten Nachrichten überbringen. Komm heute Abend zum Essen, dann kannst du dir selbst ein Bild machen«, fügte sie hinzu.
»Mach ich. Bin wirklich gespannt, was aus der kleinen Kathi Fuchs aus Giesing geworden ist …«
KAPITEL 5
Chaos-Queens
I ch hasse es! Mein Leben ist eine einzige Katastrophe!« Katia jammerte laut vor sich hin, warf frustriert den Putzlappen in die Ecke und setzte sich auf den Badezimmerboden. Olga, die treue Seele, kam zu ihr und legte sich neben sie. Seitdem das Leben, das sie bisher gekannt hatte, vor fünf Wochen so abrupt beendet worden war, hatte Katia das Gefühl, in einer völlig anderen Galaxie gelandet zu sein. »Ich bin einfach nicht dafür geschaffen, Klos zu putzen!!« Olga wedelte zustimmend mit dem Schwanz. Aber es half ja alles nichts. In guten Momenten war sich Katia durchaus bewusst, dass sie in ihrer Situation noch ein Riesenglück gehabt hatte. Erst hatte sie bei Antonella unterschlüpfen können, und nun wohnte sie seit vier Wochen in ihrer eigenen Wohnung. Das große Fünf-Zimmer-Altbau-Apartment im ersten Stock von Antonellas Haus war gar nicht so schlecht, selbst nach ihren Maßstäben nicht. Die früheren Bewohner hatten nur ein gutes Jahr darin gelebt und fast die komplette Einrichtung dagelassen, als sie nach New York 2 gezogen waren. Eigentlich ideale Bedingungen, um ganz langsam den Start in ein neues Leben zu wagen – doch gestern Abend war ihr bescheidener Optimismus jäh zunichtegemacht worden. Denn gestern Abend hatte überraschend Giovanni vor der Tür gestanden, um sie ins Kino auszuführen. Sie war ihm in den letzten Wochen ein paarmal bei Antonella begegnet und hatte den schweren Verdacht, dass die alte Freundin ihr den großen Bruder auf den Hals gehetzt hatte, damit sie endlich mal wieder einen Abend alleine mit ihrem Mann würde verbringen können. Denn nachdem Katias kulinarische Fähigkeiten sich auf das Erhitzen von Wasser beschränkten, fühlte Antonella sich verpflichtet, ihre Nachbarin regelmäßig zum Abendessen einzuladen. An sich war diese alternative Abendunterhaltung also eine nachvollziehbare Idee, aber es wäre besser gewesen, wenn Giovanni vorher bei ihr angerufen hätte. Es wäre sogar sehr viel besser gewesen … Katia raufte sich die Haare, als sie an den peinlichen Abend dachte. Gegen halb sieben hatte es geklingelt, und sie war in ihrem Pyjama (warum bitte hätte sie sich auch waschen und anziehen sollen? Zum Gassigehen warf sie in der Regel einfach einen Mantel über …) zur Tür geschlurft, in der sicheren Vermutung, dass dahinter Antonella oder Adrian mit der Aufforderung zum Abendessen stand. Doch es war Giovanni gewesen, der sie mit einem blendenden Lächeln anstrahlte und einfach in die Wohnung spazierte. Dort war sein Zahnpastagrinsen allerdings ziemlich schnell blankem Entsetzen gewichen. »Meine Güte, was ist denn hier passiert?«, hatte er gefragt. Nichts war passiert, und das war genau das Problem. Katia lebte seit vier Wochen in der Wohnung, und seitdem hatte sie nichts gemacht. Ihre Koffer waren nur halb ausgepackt, und im Ankleidezimmer häufte sich ein riesiger Berg mit Schmutzwäsche, den Olga inzwischen als ihren Lieblingsschlafplatz auserkoren hatte. Auf dem Küchentisch stapelten sich leere Pizzakartons und in der Spüle schmutziges Geschirr. Ihr Bett war zerwühlt (wozu der Aufwand, wenn sie doch die meiste Zeit des Tages darin verbrachte?), und, na ja, die ganze Wohnung war einfach seit vier Wochen nicht geputzt worden. Katia fand es ja selbst eklig und hatte schon ernsthaft vorgehabt, etwas dagegen zu unternehmen. Aber ihr fehlte einfach die Energie dazu. Giovanni offensichtlich nicht. Nachdem er sich gründlich umgesehen hatte – eigentlich eine bodenlose
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