Mueller, Carin
der erste Event-Auftrag überhaupt gewesen. Und fast wäre es auch das Ende des jungen Unternehmens geworden, denn Antonella hatte damals versehentlich den falschen Entwurf umsetzen lassen. Johannes Degenhardt hatte geklagt, und nur dank Adrians Engagement hatte man sich auf einen kostspieligen Vergleich einigen können. Da die Gäste der Veranstaltung allerdings sehr angetan waren, hatten sich viele Folgeaufträge für Hugo’s Affairs ergeben. Trotzdem war Antonella vor Überraschung fast das Telefon aus der Hand gefallen, als vor zwei Monaten Johannes Degenhardt bei ihr angerufen und um die Ausstattung seiner Weihnachtsfeier gebeten hatte. Diesen Auftrag hatte sie großzügig Katia überlassen. Sicher war sicher.
»Johannes, magst du mich bitte dieser wunderschönen Frau vorstellen?« Ein Mann mit vollem mittelblondem Haar und türkisgrünen Augen war wie aus dem Nichts aufgetaucht.
»Frau Kolidis, darf ich Ihnen Maximilian Schwarzenfeld, einen Kollegen, vorstellen – Max, das ist Katia Kolidis, unsere hochbegabte Interior-Designerin, die dieses wundervolle Ambiente geschaffen hat!«
»Es ist mir ein Vergnügen!« Max nahm Katias Hand und deutete einen Handkuss an. Sie schätzte ihn auf etwa Mitte fünfzig, aber man sah, dass er viel Aufwand betrieb, jünger zu wirken. Er war circa eins achtzig groß und verströmte aus jeder Pore Macht und Geld: sein Maßanzug, seine Uhr, seine Manieren – und kein Ehering.
Sie trug an diesem Abend wieder eines von Tante Elsas Kleidern, ein traumhaftes Cocktailkleid aus Goldbrokat. Ihre Haare waren kunstvoll hochgesteckt, und ihre Augen funkelten mit den Kerzen im Saal um die Wette. »Ich freue mich«, sie strahlte ihn an, »und jetzt will ich alles von Ihnen wissen.« Es stellte sich heraus, dass Max seit drei Jahren geschieden war und seinen Lebensunterhalt mit dem Managen eines Hedgefonds verdiente, und das offensichtlich sehr erfolgreich. Unmissverständlich ließ er jedoch durchblicken, dass er neben seinem Beruf durchaus wieder offen für weibliche Zerstreuung war: »Ich glaube, wir werden noch viel Spaß miteinander haben …«
»Wo ist eigentlich Kathi?«, fragte Giovanni knurrend zehn Tage später beim gemeinsamen Jour fixe am Montagmorgen.
»Soweit ich weiß, will sie mittags wieder da sein«, informierte ihn Antonella und streichelte Olga, die ihren Kopf auf ihr Knie gelegt hatte. »Sie ist seit Samstag mit diesem Max in Paris beim Weihnachts-Shopping. Soviel ich weiß, sind sie mit seinem Privatjet hingeflogen!« Aus ihrer Stimme klangen gleichzeitig Bewunderung und Irritation. »Wie mir scheint, hat Katinka ihren neuen Deckel gefunden …«
»Das glaubst doch wohl selber nicht!«, brauste er auf. »Die kennt ihn doch erst wie lange? Drei Stunden? Das macht sie bestimmt nur, um mich zu ärgern!«
»Und warum sollte sie das? Vielleicht als Rache für deine Mausi-Nummer, die du seit Wochen abziehst?«
»Anuschka ist kein Mausi, und ich ziehe keine Nummer ab!«
Antonella sah, wie Jenny und Christian fasziniert das Gespräch verfolgten. »Wie auch immer. Darüber können wir nachher sprechen, oder besser noch, ihr klärt das unter euch. Jetzt lasst uns unsere Arbeit machen!«
Kaum war jedoch das Meeting zu Ende, lotste Giovanni seine Schwester mit Olga im Schlepptau in seine Schreinerei. »Das kann sie doch nicht ernst meinen mit diesem Typen. Sie kennt ihn doch gar nicht!«
»Nun ja, aber er entspricht zu hundert Prozent ihrem Beuteschema«, warf Antonella ein. »Reich, attraktiv, charmant – legt ihr die Welt zu Füßen. Am Tag nach der Degenhardt-Weihnachtsfeier hat er einen riesigen Rosenstrauß hierher liefern lassen. Seitdem hat er sie fast täglich in irgendeinen Nobelschuppen zum Essen ausgeführt und ihr als kleine Mitbringsel ein Chanel-Handtäschchen und ein paar Tiffany-Ohrringe geschenkt.«
»Ja, aber ich dachte, das hätte sie hinter sich. Sie hat sich doch so verändert. Ihr ist ihre Arbeit wichtig, und sie ist stolz drauf, ihr Leben langsam in den Griff zu kriegen.«
»Ich weiß es doch auch nicht. Vielleicht ist es ja nur ein Rückfall in alte Gewohnheiten. Aber sich kurz vor Weihnachten zu einem romantischen Wochenende in Paris einladen zu lassen klingt doch schon ein bisschen nach mehr, oder?«
»Aber ich liebe sie doch! Das kann sie einfach nicht machen!« Giovanni klang wirklich verzweifelt. »Ich war zum ersten Mal in meinem Leben wirklich bereit für eine ernsthafte, verantwortungsvolle Beziehung. Und sie tritt das so mit den
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