Mueller, Carin
gesagt, nein. Ist doch süß, wenn die Kleinen mit ihren Laternen durch die Gegend wackeln. Sternchen findet das bestimmt großartig!«
»Ja, aber sie ist auch fast die Einzige in ihrer Gruppe, die halbwegs unfallfrei mehr als fünf Meter auf eigenen Füßen zurücklegen kann. Jedenfalls, wenn sie keine Laterne in der Hand hat. In der Krippe sind drei Monate alte Babys! Also wirklich! Kann man damit nicht warten, bis sie wenigstens im Kindergarten sind – oder noch besser bis nach dem Abitur?«
»Du bist so eine Rabenmutter!«, lachte Adrian und verzog sich unter die Dusche.
»Und du eine echte Hilfe!«, rief sie ihm hinterher. Verdammt, sie brauchte jetzt ein Outfit! Eines, das Gesa-, laternen- und abendtauglich war. Zum Abendessen war sie nämlich mit einem Hamburger Hotelier verabredet, der schon vier extravagante Designhotels hatte und nächstes Jahr eines ins Frankfurt eröffnen wollte. Seine Häuser in Hamburg, Berlin, Köln und München hatte er jeweils von lokalen Designern und Künstlern einrichten lassen, und nun suchte er auch in Frankfurt jemanden fürs Interior. Georgia hatte ihr diesen Kontakt vermittelt, und es war klar, dass sie diese Chance unbedingt nutzen musste. Ebenso klar war, dass sie dafür grandios aussehen musste. Das Problem waren das gruselige Wetter und die Tatsache, dass ihr kaum noch Klamotten passten. Sie musste wirklich dringend einkaufen gehen … Sie seufzte und entschied sich dann für einen ziemlich kurzen schwarzen Stretchrock, den sie gerade noch zubekam, eine wild gemusterte Tunika-Bluse in Blautönen und zur Entschärfung für tagsüber eine grob gestrickte graue Wolljacke. Sie sah sich zufrieden im Spiegel an. Ein bisschen too much für die Mamis, aber genau richtig für Gesa und den Hotelier. Als sie ihre hochhackigen schwarzen Wildlederstiefel aus dem Regal angelte, kullerte ihr ein kleiner grüner Ball vor die Füße. Fast augenblicklich schossen ihr Tränen in die Augen. Das war eines von Hugos Lieblingsspielzeugen gewesen, und in seinen letzten Tagen hatte er verzweifelt danach gesucht. Antonella hatte nach seinem Tod fast sofort all seine Sachen weggeräumt, weil sie den Anblick der Halsband- und Leinenkollektion, der Schlafkissen und Spielsachen nicht ertragen konnte. Aber beinahe täglich fand sie in irgendeiner Ecke noch etwas von ihm. Gestern erst hatte sie einen angenagten Kauknochen zwischen Elisas Kuscheltieren herausgezogen. Es war schrecklich, wie sehr sie den kleinen Kerl vermisste. Ihr wurde plötzlich fürchterlich schwindelig, und sie musste sich auf die Polsterbank setzen. In diesem Moment spürte sie auch zum ersten Mal eindeutige Bewegungen von ihrem Baby.
»Alles in Ordnung?«, Adrian war frisch geduscht wieder ins Ankleidezimmer gekommen und sah seine Frau leicht besorgt an, die mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck dasaß.
»Ja«, sie lächelte ihn schief an. »Das war jetzt wirklich seltsam. Erst finde ich Hugos Lieblingsball, dann wird mir schwummerig, und dann meldet sich der Kleine.«
Er setzte sich neben sie und streichelte ihren Bauch, in dem es jetzt wieder völlig ruhig war. »Vielleicht bedeutet das auch, dass du mal einen Gang zurückschalten solltest.«
»Ich glaube, das bedeutet lediglich, dass mir Hugo fehlt, ich dringend frühstücken muss und dein Sohn guten Tag sagen wollte!« Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange und stand auf. »Komm, Schätzchen, wir machen Frühstück«, sagte sie zu Elisa, die die ganze Zeit mit Bauklötzchen gespielt hatte.
»Ich weiß gar nicht, wie ich das bis April aushalten soll!« Jenny stieß einen dramatischen Seufzer aus. Sie war heute den ersten Tag nach ihrer Südafrikareise wieder bei der Arbeit und hatte ihren Kollegen neben einigen Souvenirs, unter anderem einer Original-Vuvuzela, auch eine unglaubliche Geschichte mitgebracht. Jenny war verliebt!
»Und du bist dir ganz sicher, dass er weder tausend Jahre älter ist als du, noch vergeben, noch schwul?«, fragte Antonella sie misstrauisch.
»Ich bin mir todsicher! Tom ist vierundzwanzig und studiert normalerweise in Mainz Maschinenbau. Jetzt macht er gerade ein Auslandssemester in Kapstadt und wohnt in dem Studenten-Apartment neben meiner Cousine.« Jenny strahlte.
»Damit wäre aber bisher nur das Alter geklärt. Was ist mit seinem Familienstand und seiner sexuellen Präferenz?«, bohrte nun Christian nach, der fast ein wenig eifersüchtig wirkte.
Jenny wurde rot. »Ich glaube, da müsst ihr euch keine Sorgen machen …«
»Wie
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