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Mueller und die Tote in der Limmat

Mueller und die Tote in der Limmat

Titel: Mueller und die Tote in der Limmat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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ausatmet, fragt er: «Kanntest du Sandra schon lange?»
    Brutales Imperfekt, aber sachlich richtig. Und Sebastian entschliesst sich zur Zusammenarbeit mit den Ordnungskräften und spricht:
    «Acht, neun Jahre.»
    «Kanntest du sie gut?»
    «Ja.»
    «Wie gut?»
    «Sehr gut. Wir mochten uns.»
    «Nicht mehr als das?»
    Zeit für einen weiteren Schluck.
    «Es wäre fast Liebe geworden. Vor sechs oder sieben … vor sechs Jahren.»
    «Und warum wurde nichts daraus?», will der Müller wissen.
    Sebastian denkt nach. Das geht nun doch etwas schnell und etwas sehr weit: «Weshalb erzähle ich dir das eigentlich alles? Einem Polizisten. Ich habe damit nun wirklich gar nichts am Hut.»
    «Weil ich herausfinden will, wer Sandra getötet hat.» Er zieht frischen Rauch in die Lunge. «Weshalb wurde nichts aus dir und Sandra?»
    Eine Sekunde, zwei Sekunden, drei Sekunden.
    «Weil ich damals für ein halbes Jahr nach London gegangen bin und Sandra mit ihrer Musik hier viel zu tun hatte. Das wäre alles viel zu kompliziert gewesen. Und dann kam auch Johnny dazwischen.»
    «Johnny Maurer?»
    «Ja.»
    «Wie kam der dazwischen?»
    Sebastian zögert. Nimmt noch einen Schluck. «Mit einem neuen Vertrag, den ich an Sandras Stelle nie unterschrieben hätte.»
    «Und das war die einzige Art, wie Johnny dazwischenkam?»
    «Die einzige Art, von der ich sicher weiss. Alles andere kann auch nur Gerede sein.»
    Der Müller versteht und nimmt noch einen Schluck. Das Tram 9 fährt stadtauswärts. Das Tram 14 stadteinwärts. Die Hitze und die Abgase stehen in der Luft. Gleich nebenan steht eine mobile Luftqualitätsmessstation.
    Sebastian ist also doch aufgetaut. Müller Benedikt erfährt von ihm viel, was er nicht brauchen kann, aber auch einige vermutlich verwertbare Informationen, die im Laufe der Geschichte noch von Belang sein könnten und uns näher zur Lösung bringen mögen. Merken wir uns. Wogegen der Müller das nicht wie ich aufschreiben muss, weil voll memorisierungsfähig durch jahrelange Berufserfahrung, mnemotechnisch ein Crack, weil neunzehn Jahre bei der Polizei und erst seit Neuestem beurlaubt, aber dennoch immer korrekt und sauber und nie unerlaubte Methoden, schon vorher nicht. Also, was ist denn nun der Rest der Informationen, die der Müller insgesamt von Sebastian erfährt? Hier meine Notizen:
    Der ehemalige Kellner Sebastian Fuhrer (33) hat vom Todesfall Sandra Molinari am Montagabend beim S-Bahn-Wagen erfahren, in Anwesenheit des Müllers und von Christoph Weiss (Zeuge). Er rief damals laut «nein», als er von der Nachricht hörte. Dieses Nein entspricht der Wahrheit. Woher willst du das wissen, fragst du mich? Der Müller spürt das intuitiv vom Bauchgefühl her. Gelernt aus Schulung und Erfahrung. Da kannst du ihm nichts vormachen.
    Sebastian und Sandra sind, laut Sebastian, trotz ihrer Beinahe-Liebesgeschichte Freunde geblieben. Sie tauschten sich vor allem über ihre musikalischen Interessen aus. Er las ihre Verträge und Dokumente, sie gaben sich Tipps: gute Platten, gute Bands, gute Lokale.
    Sebastian ist dabei, aus der Musik seinen Beruf zu machen. Manchmal fährt er Bands von Konzert zu Konzert, das nächste Mal morgen Spitfire von Biel nach Delémont. Und hat eine Agentur gegründet, mit der er demnächst richtig loslegen will. Mit einigen Künstlerinnen und Künstlern sei er bereits im Gespräch, und die eine oder andere kleine Plattenfirma werde mit ihm zusammenarbeiten.
    Sebastian kennt keine persönlichen Gegner oder Feinde von Sandra, weiss nichts von enttäuschten Liebhabern, Schuldnern, unbezahlten Drogenlieferanten oder Ähnlichem.
    Kann so einer töten? Der vom Tod einer Freundin wirklich betroffen scheint oder es ehrlich ist? Ist er es? Das alles, der Müller fragt es sich intensiv und schaut Sebastian an. Dass er Rockmanager Johnny Maurer hereinreitet, auf den Trick fällt der Müller nicht herein. Der Trick ist so uralt, dass er glatt bereits die Höhlenmenschen zum Gähnen brachte. Der Müller schweift im Kopf kurz ab, bedauert, dass er den Kleiderschrank mit dem Kugelkopf hat ziehen lassen. Da lag ja etwas Konkretes vor. Der hat sich natürlich längst von dannen getrollt. So einen vergisst man nicht, denkt der Müller, um sich zu besänftigen. Den mache ich jederzeit wieder ausfindig, sofort, wenn es sein muss. Aber fragen Sie jetzt nicht wie, denn polizeiliche Geheimnisse: Strategie, Taktik, Technik, solche Sachen, braucht nicht jeder zu wissen.
    So zerstört die Hitze die Konzentration. Der

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