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Mueller und die Tote in der Limmat

Mueller und die Tote in der Limmat

Titel: Mueller und die Tote in der Limmat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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in Bucher Manfreds Hirn, und er denkt nicht einmal ans Essen.
    «Schön, dass Sie da sind», verhallen die Wörter aus Dr. Brenda Marquardts Konversationsrepertoire in Bucher Manfreds Kopf.
    Er sagt: «Danke, gleichfalls.» Und wird etwas rot, weil nicht richtig passend. Dr. Brenda Marquardt streicht sich eine Strähne ihres dunkelbraunen Haars aus der Stirn, straft des Polizisten Holprigkeit nicht ab, weil sie weiss: erstklassiger Polizeimann. Macht seine Arbeit gut, obwohl Look wie Jumbo. Und sagt:
    «Der Bericht ist fertig. Wenn Sie bitte hereinkommen wollen.»
    Tut er.
    Im Hintergrund lauert die bekannte Wand mit den gekühlten Chromstahlschubladen. In einem durchsichtigen Fenster, wo man ein Zettelchen hineinschieben kann, steckt ein Zettelchen: «Sandra Molinari (34)». Steht drauf. Dr. Brenda Marquardts Arm streckt sich zum Griff der Chromstahlschublade. Glück für Bucher Manfred: Sie schaut ihn an. Merkt etwas. Sagt:
    «Nun ja, Sie brauchen sie ja nicht anzuschauen. Steht ja alles im Bericht.»
    Sagt Bucher Manfred, dankbar: «Danke, sehr freundlich. Sie haben recht.»
    Und die Pathologin Dr. Brenda Marquardt tritt drei Schritte zur Seite. Schreibtisch. Papiere in Klarsichtmappen. Säuberlich gestaffelt gestapelt. Greift sich eine Mappe, liest, nickt, reicht sie Bucher Manfred.
    «Kurzfassung?», fragt er.
    Sie: «Todeszeitpunkt: Sonntagfrüh circa ein Uhr. Aufenthalt im Wasser: circa achtunddreissig Stunden. Todesursache: ertrunken. Bemerkenswert: im Blut K.-o.-Tropfen, eingenommen höchstens eine Stunde vor dem Ertrinken.»
    Er: «Flunitrazepam oder Temazepam? Gamma-Hydroxy-Buttersäure? Gamma-Butyrolacton? Oder etwas Altmodisches wie Methyprylon oder Chloralhydrat? Ein Barbiturat?»
    Staunen von Dr. Brenda Marquardt? Nein, keineswegs. Sie weiss: Polizei Zürich sind erstklassige Berufsleute. Sind ausgeschlafen. Die haben ihre Handbücher gelesen und kennen die Strassen von Zürich.
    Sagt also: «Flunitrazepam. Hohe Dosis.» Und lächelt. Nicht wegen Sachverhalt und Straftatbestand, sondern vor Freude, dass sie mit einem so versierten Polizeimann zusammenarbeiten darf.
    Bucher Manfred: «Danke.»
    Er zögert.
    Und noch einen Augenblick zögert er. Soll er es wagen, sie zum Essen einzuladen zu versuchen? Aber nein. Weil lächerlich. «La belle et la bête» ist Film, nicht Wirklichkeit. Es gibt schönere, freundlichere, geistreichere, sportlichere, kultiviertere, stärkere, sympathischere und vor allem leichtere Polizisten als Bucher Manfred. Klar. Weiss er. Und das Zögern dauert mittlerweile auch viel zu lang.
    Mein Gott, ich mache mich zum Affen, denkt er. Muss dringend sofort etwas sagen, damit die Stille endet.
    Aber keine Idee, was sagen. Da sagt Dr. Brenda Marquardt etwas:
    «Diese Woche habe ich noch sehr viel zu tun», sagt sie.
    Warum sagt sie mir das? Erschrickt Bucher Manfred. Warum sagt sie mir das? Warum sagt sie mir das? Warum?
    Und Dr. Brenda Marquardt streicht sich nochmals die dunkelbraune Strähne aus dem Gesicht und sagt zu ihm:
    «Ich würde mich gerne einmal etwas länger mit Ihnen unterhalten. Aber eben, leider erst, wenn ich aus Hamburg zurück bin. Ich fliege morgen früh und komme am Montag zurück.»
    Was antworte ich jetzt?, denkt Bucher Manfred. Nein, Kapitalbock: Er sagt’s. Er hat’s gesagt:
    «Was antworte ich jetzt?»
    Und Dr. Brenda Marquardt: «Sie könnten mir Ihre Handynummer geben.»
    Und Bucher Manfred, mechanisch.
    Und ganz rot. Und sagt: «Krächz!»
    Kommt wirklich kein Wort aus Bucher Manfred heraus, nur: «Krächz!» Dann doch: «Aber gerne.» Und: «Selbstverständlich.» Und bietet Nummer auswendig dar. Und sagt schliesslich, gefasst: «Auf Wiedersehen und guten Flug.»
    Und Dr. Brenda Marquardt: «Danke, bis Montag.»
    Und Bucher Manfred dreht sich leicht um die eigene Achse, winkt mit der rechten Hand, in der linken den Autopsie-Bericht, schaut noch einmal zurück, wo ihn Dr. Brenda Marquardt freundlich mustert. Und geht zur Türe, nickt ihr zu, öffnet, geht durch, schliesst sanft hinter sich ins Schloss. Zwei Schritte weg von der Tür atmet er durch. Atmet durch. Atmet durch. Merkt: jetzt bloss nicht hyperventilieren, muss noch zur Arbeit.
    Und das ist der Anfang von Bucher Manfreds Persönlichkeitsveränderung. Rätselhaft für alle, weil Bucher Manfred ein stiller Mensch ist. Prahlt nicht herum, dass er eine Verabredung mit Dr. Brenda Marquardt vereinbart hat. Vielleicht Bio-Restaurant? Vielleicht vegetarisch? Und Bucher Manfred hat plötzlich Lust auf

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