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Mueller und die Tote in der Limmat

Mueller und die Tote in der Limmat

Titel: Mueller und die Tote in der Limmat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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und Content-Spezialisten und Consultants und hyperurbane Juristen, damit sie sich hier niederlassen und die schäbigen, unhippen alten Menschen vertreiben, die dann und wann noch hier im Viertel zu finden sind und leben und leben und nicht sterben wollen und ihren Platz nicht räumen wollen für smarte junge Menschen mit elektronischen Geräten und von Kopf bis Fuss in Markenartikel gehüllt und goldener Kreditkarte und Präservativen in der Tasche.
    Richtig fragwürdig, dass die alten Knacker sich nicht auswechseln lassen und sich nicht endlich ins Altersheim verziehen, wo man sie nicht mehr sehen müsste. Nehmen nur Platz weg und brechen Stimmung bei ewiger Party von gegenwärtigem Lifestyle. Die Leute an Tobias F. Hubachers Party hingegen, pah, die kümmern sich nicht ums Altersheim.
    Ha! Ewige Party von gegenwärtigem Lifestyle.
    Die Menschen lieben dich. Weil sie sind forever young und tanzen und lachen und brüllen und scherzen und machen Faxen, rollen die Augen und flirten und wetzen die Gesichtsausdrücke und fletschen das Lächeln und berühren versehentlich extra und flüchtig und beiläufig mit Absicht und reiben sich aneinander und werfen Blicke und blinzeln und machen Augen und anspielungsschwer und fahren sich durch die Haare und schnippen die Strähne und wippen mit störrischem Haar und registrieren sofort, wer da ist und wer mit wem … spricht und nicht spricht und wie lange spricht und wie intensiv und mit welcher Miene und tanzt oder nicht eines Blickes würdigt und verschwindet und kurz darauf wiederkommt und verschwindet und erst ein bisschen später wiederkommt und verschwindet und gar nicht mehr wiederkommt oder erhitzt und ermattet, was ist denn in den gefahren, der ist ja völlllllig … und der Hausherr Toby hat klug, erfahren und wohlweislich sein persönliches Schlafzimmer abgeschlossen, damit niemand sich da ausbreitet, weil hinterher, das ist unappetitlich, er will ja selbst da drin schlafen.
    Ha! Ewige Party von gegenwärtigem Lifestyle.
    We love you.
    Aber jetzt im riesigen Wohnzimmer und auf der Terrasse circa zweihundertdreissig Quadratmeter Party. So genau sieht man das jetzt nicht, weil überall Leute, Leute, Leute, Leutchen, auch Severin Holderegger von «HeHo-Records», hallo! Und Johnny Maurer von der Ankerstrasse, Musikjournalist Michael Hauser und sogar Roger Heeb, die andere Hälfte von «HeHo», sieht aus wie ein Nerd, nicht sehr soziabel, fühlt sich nicht wohl, sitzt einfach da auf Sofa, will nicht beachtet werden, fragt sich: Was tu ich hier? Und sieht aus, als würde er lieber lesen gehen. Oder ist das nur die besonders raffinierte Masche? Geht so dem Honig das Mäuslein auf den Leim? Das Ich-hab’s-nicht-nötig-Ding? So geht das einige Stunden, so richtig hohes Leben. Auch das ist richtig Zürich. Nicht nur so, wie es immer in der Zeitung steht: mit Puritanismus und Fleiss und Reformation und Zwingli und Banken und Wirtschaftsanwälten. Klischee ist das.
    Ortswechsel: Und der Müller ist nicht hier, fällt uns sogar auf überbevölkerter Panorama-Terrasse auf, obwohl telefonisch Einladung erhalten, persönlich von Toby. Aber erstens vielleicht nur freundlicher Small Talk und zweitens der Müller, wie wir ihn kennen, nicht so der Partylöwe voller Swing ist. Obwohl, wenn er wüsste, wer da ist, wäre das schon interessant gewesen für die polizeiliche Seite dieser Geschichte. Aber verlangst du vom Müller, dass er sein ganzes Leben der Ermittlung weiht? Totales Commitment? Du vergisst: Er ist krankgeschrieben, verfügt daher nicht über das volle Arsenal polizeilicher Möglichkeiten und individueller Fähigkeiten. Klartext: Hat Angst im Dunkeln unter Fremden, weil die Bilder im Kopf, sie kommen ständig wieder. Und will, weil erholungsbedürftig, sich auch erholen.
    Sitzt also, willst du es wissen? Sitzt also wiederum an der smaragdgrünen Limmat, knapp unterhalb des Flussbads Oberer Letten. Du weisst: toter Körper von Sandra Molinari erst Montag da herausgezogen. Sitzt da beim ausrangierten Berliner S-Bahn-Wagen. Und in der Hand ein kühles Blondes from Altstetten, yes, Sir. Und eine Zigarette. Das entspannt ihn. Denkstoff hat er genug: Warum übergibt Rockmanager Johnny Maurer Severin Holderegger CD s? Muss kombinieren und nachdenken. Musse nötig. Und auf dem Sofa vor dem ausrangierten Berliner S-Bahn-Wagen verdunsten die Gedanken weniger schnell. Der Müller in seinem leichten blauen Hemd und der feinen beigen Baumwollhose und den belüfteten Schuhen. Lehnt sich

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