Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Muenchen Blues

Titel: Muenchen Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
Vom Netzwerk:
die Innentasche meiner Lederjacke, dann wieselte ich schnell zurück und rüstete mich mit dem im Auto vergessenen Totschläger auf.
    Ich öffnete die Ladentür, und als Glockenzeichen ertönte zweimal »Kuckuck«. Mongolen-Adi hatte also einen gewissen Humor und ausreichend Bekanntschaft mit Gerichtsvollziehern gemacht. Ich schaute mich um. Hinter einer Sperrholztheke stand ein Schreibtisch, der allerdings mehr als Ablage für Altpapier diente. An den Wänden hingen Fotos und Zeitungsausschnitte mit Adi aus seiner aktiven Zeit. Darauf war er wohl mächtig stolz.
    – Hallo, rief ich.
    Nichts regte sich. Ich stand ziemlich blöd herum, übermotiviert, nun aber zur Tatenlosigkeit verurteilt.
    – Ist jemand da?
    Schon bald wurde mir das zu bunt. Ich dachte, es sei keine schlechte Idee, wenn ich mal nachsah, ob unter den Papierennicht der Hinweis war, den ich suchte. Oft liegt das Gewünschte ja zuoberst. Ich ging um die Theke herum und blätterte in den Stapeln. Es gab viele Prospekte und Baupläne. Ich hörte nichts, merkte aber plötzlich, dass jemand hinter mir stand. Da war es schon zu spät. Er setzte einen Klammergriff an, eine Art Doppelnelson, der den gelernten Catcher verriet. Mühelos drückte er meinen Kopf nach vorne, ich konnte gar nichts gegen ihn ausrichten und ruderte nur ein wenig mit Armen und Beinen wie eine Schildkröte, die man vom Boden gepflückt hatte.
    – Bürscherl, sagte Adi von hinten, dir werde ich helfen, meinen Schreibtisch zu durchsuchen, wenn ich im Keller bin. Worum geht es? Was willst du?
    Meine Lage war für Geständnisse bestens geeignet, er hatte mich so im Griff, dass alles andere lebensmüde gewesen wäre. Ich sagte, ich wolle Julius’ Wohnbüro samt seiner Habseligkeiten zurückhaben. Adi lachte hinter mir so bullernd wie der lädierte Auspufftopf meines Busses.
    – So ein Witzbold! Er mag vielleicht ein komischer Vogel sein.
    Wenn der bayerische Mensch von seinem direkten Gegenüber in der dritten Person spricht, ist der Ofen aus. Dann ist nichts zu machen. Überhaupt nichts.
    – Wenn du Probleme hast, kannst du klagen. Dafür haben wir den Zwicklhuber. Und mit dem Hausfriedensbruch, bei dem ich dich erwischt habe, hast du ziemlich schlechte Karten.
    Jetzt war eine Weile Ruhe. Das konnte nichts Gutes bedeuten, er dachte nach.
    – Und weil ich dich beim Hausfriedensbruch erwischthabe und dich praktisch unter Aufbietung aller Kräfte niederkämpfen musste, machst du mir jetzt zum Abschied noch ein paar anständige Diener, wie sich das für einen höflichen Menschen gehört.
    Ich hatte keine Ahnung, wovon dieser Kerl redete. Widersprechen wollte ich aber auch nicht. Dann verstand ich auf sehr schmerzhafte Art und Weise, was er meinte. In dem Griff, in dem er mich hatte, konnte er mich mühelos, das Gesicht voraus, auf die Platte seines Schreibtischs patschen. Schon beim zweiten Mal schoss mir das Blut aus der Nase und erst nach dem vierten Mal ließ er es genug sein.
    – Jetzt sagen wir noch schön Habe die Ehre! und lassen uns hier nie wieder blicken.
    Er schob mich in seinem Klammergriff zur Tür, drückte sie mit der Stiefelspitze auf, der Kuckuck rief zweimal nach mir, und dann ließ er mich los, nicht ohne mir einen wuchtigen Tritt versetzt zu haben, der mich bis auf die Straße hinauskickte. Dort lag ich flach.
    – Das nächste Mal breche ich dir alle Knochen. Das merkst du dir.
    Viel sah ich nicht von ihm, ich war zu benommen, und meine Augen waren blutverschmiert, aber ich hörte, dass er die Ladentür krachend zuzog und anschließend abschloss. Mongolen-Adi hatte mir eine deftige Lektion erteilt.

9
    Ich schleppte mich übers Trottoir und setzte mich auf den Randstein. Ein altes Muttchen am Stock kam ums Eck. Neugierig musterte sie mich.
    – Haben Sie Probleme?
    Diese Trümmerfrauen haben einen derben Humor. Natürlich waren sie einiges gewohnt und hatten schon Gliedmaßen einzeln auf dem Pflaster herumliegen sehen. Aber fragte man denn einen blutenden Mann, ob er Probleme hat? Natürlich hatte ich Probleme. Mongolen-Adi hatte mir die Fresse geschreddert. Ich sah aus wie ein Balg, den nur Lurchi und Unkerich miteinander gezeugt haben konnten, ein geblähter Feuersalamander mit aufgeworfenen Lippen und Kartoffelnase. Alles geschwollen und mit schmerzenden Blutergüssen übersät. Außerdem hatte ich das Problem, von Adi nichts herausbekommen zu haben. Null! Und da fragte Muttchen, ob ich Probleme hätte.
    – Nein, sagte ich, ich blute nur.
    – Ach so, antwortete

Weitere Kostenlose Bücher