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Muenchen Blues

Titel: Muenchen Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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klar, dass eine Zugabe fällig war.
    Er dirigierte die Seinen in das Puff an der Rottmannstraße. Dort bezahlte er für alle, schickte sie los und hoffte, da seine Libido in angesoffenem Zustand gegen null tendierte, sich die strapaziöse Artistik sparen zu können. Er hatte allerdings nicht mit Maxi gerechnet, die ihn mit dem Argument hinter sich her in ihr Zimmer zerrte, wer den anderen einen Stich spendiere, müsse selber auch. Und sie werde es ihm auch dieses Mal schon irgendwie besorgen. In Maxis Armen, genauer gesagt: zwischen ihren Schenkeln, verstarb Ebenteuer. Er wurde irgendwann bleich, würgte, röchelte und fiel zur Seite. Als schließlich die Sanitäter kamen, hatte Maxi den mausetoten Ebenteuer schon so mit auf dem Bauch ineinandergefalteten Händen auf die rote Kunstsamtdecke gebettet, dass aus der für die Nachwelt gnädigen Notlüge eines Todes im Krankenwagen nichts mehr werden konnte. Es war sicher nicht das erste Mal, dass der Leichenwagen vor dem Puff vorfahren musste, aber das traurige Ereignis vereinte auf schöne Weise zwei Generationen von Immobiliengeschäftsleuten: den Zuhälter und den Baulöwen.

11
    Mongolen-Adis Ausflug ins Immobiliengeschäft war also nur der übliche Sidekick seiner Branche. Er wirkte schon wieder recht munter. Ich fand, es war an der Zeit, dass er das Maul aufmachte. Ich ging über den schmalen Gang in den Raum nebenan, der in Büros normalerweise Teeküche heißt. Bei Adi war dort das Bierlager, und er hatte sich vorhin aus dem Keller einen frischen Kasten Weißbier heraufgeholt. Ich trinke im Dienst oder dem, was ich dafür halte, so gut wie nie. Aber jetzt hatte ich das überstarke Bedürfnis, mein geschundenes Maul mit etwas Frischem, Prickelndem zu kühlen und den nervenstärkenden Hopfen auf mich wirken zu lassen. Ich holte mir aus dem Hängeschrank ein Weißbierglas, von denen Adi reichlich in allen Formen hatte, und eine kalte Flasche aus dem Kühlschrank.
    Ich setzte mich wieder auf meinen Platz und nahm einen kräftigen Zug aus dem Glas. Da fiel mir der tolle Spruch des Rechtsanwalts ein, der mich schon des Öfteren vertreten hatte. Wenn er gerade einen rüden, saugescherten Brief an einen Kontrahenten verfasst hatte, fügte er grinsend an, man müsse der Gegenseite erst mal die Instrumente zeigen. Das beweist, dass unser Rechtswesen auch heute noch gute Traditionen hochhält und sich nicht sehr weit von der Heiligen Inquisition entfernt hat. Bevor man den anderen in die Mangel nimmt, führt man ihm Streckbank, eiserne Jungfrau, spanische Stiefel und was man sonst noch an Spezialitäten aufzubieten hat vor. Man konnte ja wenigstens mal probieren, ob diese Masche bei Adi verfing. Ich zog den Totschläger aus der Tasche und legte ihn vor mich hin. Dann nahm ich die Bierflasche, packte sie oben und schlug ihr an der Tischkante den Hals ab, sodass ich ein schön gezacktes Glaskrönchen hatte. Mit martialischen Bewegungen deutete ich an, wie ich ihm damit im Gesicht herumfuhrwerken würde.
    Adi wusste sicher nichts von der Heiligen Inquisition, aberer war ein alter Kämpfer, der zudem seinen Karl May gelesen hatte. Natürlich war Bänglichkeit in seiner Miene auszumachen, trotzdem riss er sich heftig am Riemen und setzte mir die gesammelte Tapferkeit eines Huronenhäuptlings entgegen, der alle kommenden Schmerzen am Marterpfahl gefasst erdulden würde. Ich konnte mir nicht helfen, Mongolen-Adi rührte mich.
    Enrico Malter, der Südtiroler Bauer, auf dessen Hof ich schon mehrfach Urlaub gemacht hatte, goss diese Gefühlsregung einmal in einen Satz von philosophischer Schönheit.
    – Im Grund genommen sind sie doch alle arme Deifel, sagte er in seinem kehligen Tirolerisch. Oder?
    Adi schluckte, schwitzte, sah mich nicht mehr an, beobachtete mich jedoch aus den Augenwinkeln und wartete demütig auf seine Peinigung.
    – Jetzt lass doch den Scheiß, Adi.
    Wer das bayerische Gemüt kennt, weiß, dass dies in passgerechter Intonation goldene Worte sein können, die das Eis komplett brechen. Tatsächlich: Adi wendete sich mir zu und grinste. Ich ging hinaus in die Teeküche und goss noch ein Weißbier ein. Dann hielt Adi ich das Glas hin und ließ ihn trinken. Er schluckte in einem Zug ein Drittel weg. Nun war uns wohler. Beiläufig, ohne zu dramatisieren, erzählte ich ihm, wie er meinem bedauernswerten Freund Julius die Existenz geraubt hatte. Als ich fertig war, gab er mir trocken einen Hinweis.
    – Dort in der Schublade vor dir, wenn du die aufmachst, liegt die

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