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Muenchen Blues

Titel: Muenchen Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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sie.
    Dann taperte sie weiter. Sie sind zäh wie Juchtenleder. Sie haben den Krieg, das Wirtschaftswunder und ihre Ehemänner ebenso überlebt wie den Toast Hawai und die Pumpernickel-Kanapees. Das Einzige, was sie nicht überleben können, ist ihre Rente. Aber sie versuchen es.
    Mein Gott, war das billig! Weil Mongolen-Adi mich getunkt hatte, ließ ich meine gesammelte Wut an Muttchen aus. Genau genommen war ich wütend auf mich, ich kochte innerlich, weil mich dieser billige Vorstadtschläger dermaßen überrumpelt und aus der Jacke gepustet hatte! Vor meinem innerenAuge zog Julius’ gutmütiges Mondgesicht mit traurig fragendem Blick vorbei. Auf diesem Bild hatte er keine rot geäderten, sondern feuchte Augen. Ich rappelte mich hoch. Im Wagen lag ein Flachmann. Ich nahm einen Schluck, der ätzend mein wundes Zahnfleisch desinfizierte und diesen ekligen Blutgeschmack vertrieb. Dann ging ich zum Laden zurück.
    Diesmal gab es kein Halten. Sohle voraus trat ich mit meinem Stiefel die Tür auf. Das verschlug sogar dem Kuckuck die Sprache. Von hinten hechtete Mongolen-Adi heraus, allerdings stark gehandicapt, weil er sich gerade ein Weißbier eingoss. Flasche und Glas hielt er noch in den Händen. Ich war gerüstet und hatte meinen Totschläger schon aus der Tasche geholt. Ohne zu fackeln, zog ich ihm einen Mordsstriemen quer über das Gesicht. Er schrie laut auf und ließ seine Weißbierutensilien fallen. Flasche wie Glas zerschellten am Boden. Ich trat ihm zwischen die Beine und versetzte ihm noch einen wuchtigen Schwinger, sodass er rückwärts stolpernd seinen Aktenschrank rammte. Dort sackte er zu Boden, und ich wusste, dass es genug war. Ich riss das Netzkabel aus seinem PC und fesselte ihm die Hände. Dann zerrte ich ihn hoch, setzte ihn auf seinen Bürostuhl und zurrte ihn dort fest, nicht ohne ihm vorher die Hosen heruntergelassen zu haben. Damit habe ich beste Erfahrungen gemacht. Männer wie Adi kämpfen nicht in ihren albern geblümten Kepa-Slips. Sie ziehen sich erst die Hosen hoch, bevor sie zuschlagen. Bis dahin würde ich ihm selbst noch eine verpasst oder das Weite gesucht haben.
    Ich ließ mich auf den Stuhl gegenüber fallen. Ab sofort war ich mit mir wieder vollkommen im Reinen, ich hatte, wenn auch unter Schmerzen, meine Mitte wiedergefunden.Ich nahm Adi genauer in Augenschein. Mit seinem Pfannkuchengesicht und den schmalen Schlitzaugen, von denen das eine gerade zuzuschwellen begann, sah er tatsächlich wie ein Mongole aus. Ein mongolischer Schwabe. Wahrscheinlich hatten sie seinen Vorfahren auf dem Lechfeld bei Augsburg bei der Flucht verloren, weil Bischof Ulrich dem wilden Heer auf den Fersen war. Adi kam zu sich und blinzelte benommen mit den Augen. Ich wartete ab, bis er Bild und Kontrast wieder scharf gestellt hatte.
    – Du weißt ja, was ich von dir hören will, sagte ich.
    Adi stierte verstockt vor sich hin und schüttelte den Kopf. War mir jetzt auch egal, ich fing an, in Ruhe seine Papiere durchzusehen. Dieser Simpel hatte tatsächlich die gesamte Presse zu seinem Wirken aufgehoben. In den Entmietungsfällen, die da geschildert wurden, waren Treppenhäuser eingerissen, Wasser- oder Gasleitungen abgeklemmt und Dächer abgedeckt worden. Das Harmloseste war noch die Vermietung von Nebenräumen an Rockbands. Da hatte wenigstens eine Seite Freude.
    Aber wie kam so ein ehemaliger Catcher in dieses Gewerbe? Den Zeitungsausschnitten nach zu urteilen, mochte das historische Gründe haben. Catchen war Zuhältersport. Neger-Erwin, Schwanzel-Max und Spritzen-Sepp hatten sich und anderen so lange im Freestyle die Hucke vollgehauen, dass sie ihr Können auch auf der Bühne zeigen wollten. Im Puff, so hieß es, habe es bei solchen Veranstaltungen nur noch Notbetrieb gegeben, weil der Rest der Frauen zum Applaudieren antreten musste. In diesem Milieu war Mongolen-Adi groß geworden. Wahrscheinlich ließ er sich von den geldigen Stenzen den Frack versohlen und kassierte dafür tüchtig. AufJahrmärkten allerdings, wo jeder gegen ihn antreten konnte, haute er sie alle aus dem Ring. So tingelte er mit seinen Gönnern durchs Leben, bis fernsehgestützt Wrestling aufkam und das schweißig-blutige Catchen plattmachte. Catcher hatten sich alle gegenseitig Blumenkohlohren gerissen, krumme Kartoffelnasen gematscht und narbige Glatzen geprügelt. In einem Superman-Kostüm hüpfte da keiner herum, sondern in der Ringer-Strampelhose.

10
    Die Zuhälter waren die Ersten, die ihre goldberingten Pfoten auf das

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