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Muenchen Blues

Titel: Muenchen Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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zurückmachst, vertrimm ich dir die Kutte.
    Er lief die Straße hinunter. Jetzt waren sie wieder einmal die Gefickten, und wenn es nach mir ging, sollte das auch künftig so bleiben. Lilo trat hinter einem Wagen hervor. Vor Schreck hielt sie noch die Hand vor den Mund.
    – Du meine Güte, was war das denn?
    Ich war unfähig zu antworten, denn ich stieß gerade Traublinger mit seiner büffeligen Aura in die finsterste Hasskammer meines Herzens. Dort machte ich ihn als Sandsack zurecht und hängte ihn oben an der Decke auf. Jetzt musste ich nur noch reinhauen.
    – Hallo, sagte Lilo, bist du noch da?
    Sie tätschelte meinen Arm.
    – Ach was, fuhr ich auf, da ist einer, der mich partout kleinkriegen möchte. Aber das ist eine längere Geschichte.
    – Fährst du mich trotzdem nach Hause?, fragte Lilo.
    – Klar, sagte ich, aber nichts wie weg hier.
    Ich brachte sie nach Pasing in das Häuschen, das sie dort bewohnte. Klein, aber grün. Bevor sie ausstieg, legte sie mir die Hand auf den Unterarm.
    – Wenn du dir mal einen netten Abend machen willst, besuchst du mich.
    Zweifelnd sah ich sie an.
    – Ich koche ziemlich gut, fügte sie an, um Missverständnissen vorzubeugen.
    – Klasse, sagte ich. Ich komme bestimmt mal.
    Dann kritzelte sie ihre Nummer auf mein Blöckchen am Armaturenbrett und stieg aus.

21
    Warum verfolgte mich dieser Ochse mit seiner ganzen Niedertracht? Entweder wollte er den Superbullen abgeben, oder er hatte selber etwas auf dem Kerbholz. Ich aber schmorte im eigenen Saft, ich kapierte einfach noch nicht, was hier gespielt wurde. Der Zusammenhang fehlte. Ich musste jetzt endlich einmal das entscheidende Stück weiterkommen. Dazu waren robuste Schritte nötig. Ich schlief nicht lange und ziemlich schlecht. Aber das machte nichts. Das Adrenalin brodelte in mir.
    Anderntags war zunächst mein Geschäft an der Reihe. Man lebt ja nicht von der Hand im Mund. Ich hatte ein Dauerinserat in der Süddeutschen geschaltet, dass bei mir Haushaltsauflösungen samt Entsorgung kostenlos zu kriegen waren. Natürlich waren es immer dieselben, die anriefen. Mutter sollte endlich ins Heim, die Kinder nahmen mit, was irgend wertvoll schien, den Rest sollte ich wegschaffen. Ein bisschen etwas war dann noch dabei, so schlau waren die Erben eben doch nicht. Und ich wusste, was ging. Normalerweise machte ich mir keinen Kopf, was ich nicht brauchen konnte, haute ich gleich vor Ort zu Kleinholz und stopfte es in die mitgebrachten Müllsäcke.
    Dann aber gab es moralisch knifflige Fälle, wie den des alten Mannes, den ich an diesem Tag aufsuchte. Er hatte alles bestens verschnürt und sortiert. Im Altersheim würde er nur ein Zimmerchen haben. Müll hatte er dankenswerterweise schon weggebracht. Ich wusste gar nicht genau, was hier noch mein Job sein sollte. Zu allem Überfluss überreichte er mir einige Ölgemälde. Hirsch vor Garmisch oder so ähnlich. Nicht mein Geschmack, aber ziemlich gut zu verkaufen. Auch der Kirschholzschrank war erste Sahne.
    Ich dachte schon, dass ich einfach einmal einen Glückstag erwischt hätte, dann erst brachte der Alte sein eigentliches Anliegen zur Sprache. Es ging um eine massive Holzkiste mit Büchern, die er mir besonders ans Herz legen wollte. Sie enthielt seine gesammelten Gedichte, die er im Selbstverlag gedruckt hatte. Offensichtlich hatte er resigniert und glaubte wohl, es sei ein kluger Schachzug, sie einem Händler wie mir zur Verbreitung unterzujubeln. Wenn man hineinlas, packte einen das kalte Grausen. Dort mussten vor Hohen Tauern Hähne auern. Man hätte auf der Stelle weinen mögen. Aber wenn ich den Alten ansah, wurde mir ganz schwummrig. In seiner Verzweiflung hatte er mich zur letzten Chance erkoren. Vielleicht würde ja doch noch der warme Schein eines goldenen Nachruhms auf ihn fallen. Durch mich! Die Kiste war ein Nachlass, den er als eine Art Flaschenpost losschickte. Solches bedenkend, hätte ich an Ort und Stelle noch mehr weinen mögen. Logischerweise gab er mir auch noch ein dickes Trinkgeld, und ich saß jetzt mit seiner Kiste im Fond da.
    Die Wege des Herrn, so viel war wieder einmal sicher, waren unergründlich, und offenbar suchte er sich stets dengröbsten Knecht, um seinen Willen zu erfüllen. Ja nun, sei’s drum! Für irgendetwas ist der Mensch schließlich auf der Welt.
    Ich fuhr mit dem Ding zu Hans Heinrich, der einen hübschen Laden in Haidhausen hat. Bücher, Bücher und noch mal Bücher. Als ich mit der Kiste seinen Laden betrat, fing er an zu

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