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Muenchen Blues

Titel: Muenchen Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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verließen fluchtartig die Sauna. Der Zusammenstoß hatte mich energetisch ein gutes Stück nach oben gehauen. Die Betriebstemperatur war erreicht. Ich kühlte mich nur ein wenig unter der kalten Dusche ab und machte mich auf die Suche nach Zwicklhuber.

23
    Bald hatte ich ihn ausfindig gemacht. Erfahrene Saunagänger wie er bewegen sich in ihrem Bad wie ferngesteuert. Jeder Griff, jeder Weg sitzt, der Gesamtablauf ist so verdichtet, dass es keine Leerstelle mehr gibt. Zwicklhuber lief wie auf einer Schiene zu seiner Kabine, die ganz hinten beim Durchgang zur Schwimmhalle lag. Wahrscheinlich hatte er jede Woche dieselbe Nummer. Er sperrte auf.
    – Guten Abend, Herr Zwicklhuber.
    Entgeistert schaute er mich an.
    – Wer sind denn Sie?
    – Gossec. Der Fall mit dem zugemauerten Büro in der Zenettistraße.
    – Ich bin privat hier. Wenn Sie nicht sofort verschwinden, hole ich den Bademeister.
    Ich drückte die Tür auf.
    – Schauen Sie, Herr Zwicklhuber. Vor ein paar Tagen hat Adi versucht, mir das Gesicht glatt zu hobeln. Gestern wollte mir der Türke vom Rollkommando, das sicher auch schon für Sie gearbeitet hat, mit dem Baseballschläger eins überziehen. Und wissen Sie was? Ich habe sie beide plattgemacht. Bitte nehmen Sie doch Platz.
    Artig setzte sich Zwicklhuber auf die Liege. Seine Augen waren in heller Panik weit aufgerissen. Ohne seinen Schmuckloden sah er traurig aus. Ein Breitmaulfrosch mit dürren langen Beinen und einem Bauch, der ihm so unnatürlich gebläht zwischen den Hüften hing, dass man unwillkürlich nach den Schulterriemen guckte, wo er ihn abschnallen konnte.
    – Das ist alles mit rechten Dingen …
    – Pscht, machte ich. Ich frage, Sie antworten.
    Er ließ die Schultern vornüberhängen, gottergeben, und stützte schließlich seine dünnen Ärmchen auf die Oberschenkel.
    – Wer ist Ihr Auftraggeber? Wen vertreten Sie?
    – Die Global Real Estate.
    – Und die sind was?
    – So eine Art Immobilienfonds, glaube ich. Jedenfalls eine riesige Firma. International.
    – Und sitzen wo?
    – Uptown Munich.
    Das war der Bürokomplex in dem neuen Hochhausturm, der vor einiger Zeit am mittleren Ring in Schwabing fertiggestellt worden war.
    – So, jetzt erklären Sie mal einem Laien wie mir, worum es in der Zenettistraße eigentlich geht. Warum haben Sie das Wohnbüro von Herrn Balser räumen lassen?
    – Ja Herrschaftszeiten, worum geht’s schon? Seit einem halben Jahr kriegt der Mensch Briefe. Man bietet ihm Ersatzbüros an. Man bittet ihn, die Lokalität zur Sanierung freizugeben. Und dieser Holzkopf antwortet nicht. Mieterhöhung ignoriert er komplett. Überweist stur Jahr und Tag denselben Betrag. Dreihundertfünfzig Euro! Lächerlich. Wo soll denn da eine Rendite herkommen. Und das auf dem Münchner Markt. Glauben Sie, so eine große Firma wie Global Real Estate lässt sich verarschen?
    – Nicht aufregen! Sie haben auf übelste Weise entmietet, ist Ihnen das klar?
    – Ja, gut, eine Entschädigung wird man ihm so oder so zahlen müssen. Das ist klar. Damit muss man kalkulieren.
    – Gut zu hören. Da kann man schon drauf aufbauen. Und jetzt erklären Sie mir noch: Warum das Schlachthofviertel? Ist doch ein übles Viertel. Stinkt, marode Bausubstanz, schlechte Infrastruktur.
    – Das sage ich ja auch immer. Aber das Haus war halt billig. Und jetzt muss man schauen, dass was erwirtschaftet wird.
    Ich musterte ihn und hatte nicht den Eindruck, dass er log. Er wusste ganz einfach nichts von den Plänen um das Schlachthofviertel. Was nun aber die Global Real Estate wusste, das war noch ein großes Geheimnis für mich. Ich stand auf und reichte ihm die Hand.
    – Dann bedanke ich mich für das informative Gespräch, Herr Zwicklhuber. Ich bin sicher, wir hören wieder voneinander.
    Erleichtert ließ er mich ziehen. Aus seiner Sporttasche holte er eine Flasche Bier und entkorkte sie zischend.
    Ich ging zum Schwitzbadbereich zurück. Eine richtige Prozession strudelte zur Sauna hin.
    – Was ist denn los?, fragte ich.
    – Der Russe kommt, antwortete ein älterer Herr.
    – Jetzt erst?
    Dummer Witz! Geringschätzig schaute mich der Alte an.
    – Der macht einen Aufguss. Mein lieber Schwan. Wenn du den überstehst!
    Das war ein gutes Abschlussprojekt. Ich folgte ihm.
    Die Saunakabine war gesteckt voll. Wir saßen dicht gedrängt auf den Holzbänken wie die Hühner auf der Leiter. Dann ging die Tür auf, und der Russe betrat die Sauna. Vereinzelt gab es Beifall, offenbar war er als Künstler bekannt.

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