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Muenchen Blues

Titel: Muenchen Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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mich auf das Erstere beschränken. Heiliges Ehrenwort.
    Ich hörte ein Schnaufen. Sie atmete unter der Last einer schwierigen Entscheidung.
    – Also gut. Rein geschäftlich. Kommen Sie heute um achtzehn Uhr ins Café Glockenspiel. Vom Marienplatz bekomme ich jederzeit meine S-Bahn.
    – Gebongt. Vielen Dank.
    Wir legten auf. Ich gestattete mir einen Schrei, wie ihn der bayerische Knecht beim Holzfällen ausstößt. Das klang zwar so kehlig massiv wie bei einem Haflinger-Bräuross, tat aber unheimlich gut.
    Als Nächstes rief ich Julius an. Ich sagte, dass ich am Nachmittag nach Unterastbach kommen würde. Es gebe etwas zu besprechen. Julius war das alles egal, er wollte nur wissen, ob ich den Namen von Onkel Tom rausgekriegt hätte. Ich kapierte, dass ich noch ein Gastgeschenk mitbringen musste, wenn ich mich mit meinen Forderungen durchsetzen wollte.

33
    Ich nahm gleich den Bus. Bei Ben holte ich das Exposé aus dem Spind. Mit dem Wagen weiter in die Innenstadt zum Viktualienmarkt zu fahren, war zwar purer Wahnsinn, aber ich hatte keine Zeit zu verlieren. Glücklicherweise fand ich vor der Schrannenhalle einen halb legalen Parkplatz. Der schnellste Weg, den ich nehmen konnte, war quer durch die Schranne. Dabei handelt es sich um ein Glasmonstrum, architektonisch so einfallsreich wie ein Gewächshaus. Die historischen Säulen und Verstrebungen, deretwegen die Halle wiederaufgebaut wurde, sind praktisch unsichtbar. Man hätte sie genauso gut für immer im Beton des Fundaments versenken können. Mit seinen Büdchen innen strahlt dieses Jodelpuff den Charme einer Messehalle aus.
    Nach der Durchquerung stand ich am Markt und fragte gleich am ersten Stand nach dem Vierthaler Lenz. Er sei drüben bei der Suppenküche, hieß es. Lorenz Vierthaler vermittelte Auswärtigen eine anschauliche Vorstellung davon, wie der bayerische Eingeborene aussah, als er von den Bäumen und Anhöhen des Böhmerwaldes herabgestiegen war, um sich in die Schotterebene des Voralpenlandes zu wagen. Vierthalers wettergegerbtes Gesicht verriet, dass er fast ganzjährig in den Isarauen lebte. Mit seinem schlohweißen, schulterlangen Haar und dem buschigen Vollbart konnte man ihm bei den Oberammergauer Passionsspielen eine tragende Rolle zuweisen. Der kugelrunde, feste Bauch wurde von einem selbst gestrickten, grauen Janker umschlossen. In der kalten Jahreszeit wie jetzt trug er Bundlederhosen und dicke Wollstrümpfe und Haferlschuhe. Stellte man sich die Obdachlosen und Versprengten als Horde vor, war Vierthaler ihr unangefochtener Häuptling. Noch dazu hatte der Naturbursche den Vorteil, dass einige Frauen seinen rustikalen Reiz zu schätzen wussten. Immer bekam er etwas zugesteckt. Naturalien verzehrte er an Ort und Stelle, gerne auch mal ein Glas Honig, von dem er sich gleich eine gute Portion in den Rachen goss. Seine Habseligkeiten hatte er in Tüten und Taschen an sein Rad gehängt.
    – Servus, Vierthaler.
    – Servus, Gossec.
    Erdferkel wie wir kannten sich einfach.
    – Onkel Tom, wo steckt der denn?
    – Der arbeitet. In der Küche beim Braunwirt drüben.
    – Und wie heißt er mit richtigem Namen?
    – Krockenbach.
    – Ich denke, er ist Amerikaner?
    – Du kannst es ja mal amerikanisch aussprechen.
    Vierthaler freute sich. Ich steckte ihm einen Zehner zu und machte mich wieder auf den Weg.

34
    Draußen in Unterastbach übergab ich Julius zu allererst die Daten von Onkel Tom, dass so weit Friede war. Dann legte ich das Exposé auf den Tisch. Hinnerk griff danach und blätterte darin herum.
    – Was ist denn das?
    Ich gab ihnen eine kurze Erklärung.
    – Jetzt bist du dran, Julius!
    Er zog den Kopf ein.
    – Bist du elektronisch noch so fit, dass du dich beim Ministerium reinhacken könntest?
    Julius ließ seine Gelenke knacken.
    – Das schaffst du heute nicht mehr. Die haben alles total dicht gemacht.
    – Du sollst ja keine spektakulären Einbrüche veranstalten. Alles, was ich brauche, ist dieses Exposé als wunderschöne PDF-Datei über die Website des Wirtschaftminsteriums als Download anzubieten. Frei für jeden, der das Ding lesen will.
    Julius runzelte die Stirn.
    – Jede Menge Arbeit. Man kann es ja probieren. Aber was soll das?
    – Damit schießen wir die Global Real Estate endgültig ab. Das kannst du mir glauben.
    – Hat das eigentlich noch irgendwas mit mir und meinem Büro zu tun, oder spielst du jetzt nur noch auf eigene Faust den Rächer der Enterbten?
    – Gute Frage. Oben am Ratzinger Platz haben sie Mongolen-Adi

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