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Muenchen Blues

Titel: Muenchen Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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Jugendstil durchgehen konnte. Schon im Aufzug merkte ich, dass mir die Leute mit ausgesuchtem Respekt begegneten. Das war auch gut so, denn den Teufel bekam man nicht alle Tage zu Gesicht.
    Etwas unsicher näherte ich mich Emma Trovatos Desk.
    – Guten Tag, schöne Frau.
    Ich deutete eine leichte Verbeugung an. Ihr Willkommenslächeln gefror zunehmend, während ich nähertrat.Misstrauisch musterte sie mich. Aus meinem Mantelsack beförderte ich die Vase zutage und steckte die Rose, die ich in der Hand gehalten hatte, hinein. Diese prächtige Kombination stellte ich auf die Rauchglasfläche neben ihren Bildschirm.
    – Seien Sie versichert, sagte ich, dass ich meinen gestrigen unwürdigen Auftritt außerordentlich bedauere.
    Immer noch schien sie unschlüssig. Dann aber fasste sie die Vase unten an und drehte sie ein wenig zur Seite. Angefasstes galt! Da wusste ich, dass ich sie gewonnen hatte.
    – Wenn Sie so freundlich wären und Dr. Nüsslein verständigen würden. Wir haben eine Verabredung.
    – Wen darf ich melden?
    – Gossec, Mephisto Gossec.
    Nun lächelte sie. Vielleicht wäre das schon der Moment gewesen, mit einer eleganten Flanke den Desk zu überwinden und ihre Hand zu nehmen. Aber in solchen Drangmomenten half mir die Erfahrung, dass Frauen, die ich wirklich wollte, reservierter waren und nicht sofort umkippten. Hätte sie mir also ihre Hand gegeben, wäre sie nicht die Richtige gewesen. Und diese Enttäuschung wollte ich definitiv nicht riskieren.
    – Miriam, hier ist Emma, sagte sie. Besuch für Dr. Nüsslein. Herr Gossec.
    Offenbar war der Bescheid positiv, jedenfalls schickte mir Emma eine Geste der Anerkennung über den Tisch. Bald darauf wurde die Glastür von einem zauberhaften Wesen geöffnet. Figurmäßig war sie die bestausgestattete Frau, die mir je begegnet war. Sie schritt so zielstrebig ausgreifend voran und ließ das kleine Schwarze wippen, als befände sie sich auf dem Catwalk. Man hatte reflexhaft den Drang, beiseite zu treten,um ihr Platz zu machen und den Raum nicht weiter optisch zu verpesten. Aber natürlich meinte sich mich mit ihrer ausgestreckten Hand.
    – Guten Tag, Herr Gossec, ich bin Miriam, die – hihi – Office Managerin von Dr. Nüsslein. Bitte folgen Sie mir.
    Mir war sofort klar, das ihr hihi ein Synonym für sogenannte war. Gönnerhaft schickte sie noch etwas zu Emma hinüber.
    – Danke, Emma.
    Dann ließ sie wieder das kleine Schwarze wippen, und ihr wohlgeformtes Hinterteil bedeutete mir Follow me! wie in Leuchtschrift. Man soll schöne Frauen nicht schnöden, Wohlgestalt ist ein Gottesgeschenk, aber die wenigen Worte waren ernüchternd gewesen. Vor allem der kurze Blick in ihr Gesicht. Es war so leer und so dumm wie Weißbrot. Noch nie war ein irgendwie geistiger Funke auf sie übergesprungen. Man konnte ihr zu Weihnachten allenfalls eine reichhaltig bebilderte Broschüre über die Buttermilchdiät schenken, das war es dann auch schon. Mir fiel so ein Typ auf die Nerven. Ich guckte mich noch mal nach Emma um, dann hatte uns das mit weichen grauen Läufern ausgelegte Büro der IBD geschluckt.

30
    Obenherum war Dr. Nüsslein ganz der Künstler. Sein lockiggraues Haar reichte bis in den Nacken hinunter. Die Nickelbrille vervollständigte den Charakterkopf. Ein feinsinniger Dirigent, ein Schöngeist mit burschikosem Lächeln. Untenherum ließ sich studieren, wie ein Armani-Anzug auch bei einem Plumpsack Konturen zauberte, wo keine waren. Da kniff nichts, da warf das gute Tuch keine Falten, nicht einmal die Hose, wenn sie auf das hand- und rahmengenähte Schuhwerk aus Fohlenleder traf.
    Die Audienz war eine große Ehre. Man spürte das Bedürfnis, niederzuknien und ihm den Geldfischerring zu küssen.
    – Spiegel , Focus – wo soll es denn erscheinen?
    – Bei so großer Nachfrage entscheidet ausschließlich das Höchstgebot, sagte ich. Wer sticht den anderen aus?
    Nüsslein brach in ein schrilles, hysterisch hohes Gelächter aus.
    – Möge der Markt entscheiden, was?
    Diese Sprache verstand er, und ich kapierte sofort, wie es in diesem Nüsslein-Hirn zuging: Teufelskerl, dieser Gossec! Er entscheidet nach dem größeren Sack Geld. Das ist die gottverdammt unmissverständliche Sprache des Marktes, für den wir ja alle unseren Arsch hinhalten. Oder wie, oder was? Und wenn einer was auf oder im Kasten hat, ein komplettes Nüsslein-Interview wie dieser Gossec, dann kann man getrost das Maximale herausschlagen und die andere Seite nach seiner Pfeife tanzen

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