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Muenchen Blues

Titel: Muenchen Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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lassen.
    – Haben Sie schon meine Tombstones gesehen, Gossec?
    Ich war etwas verwirrt. Mir kamen Rinderbarone, staubige Trails und Wyatt Earp in den Sinn. Das war falsch.
    – Gebongt! Und anschließend zeigen Sie mir die Kerben in Ihrem Colt.
    Das war fast richtig. Nüsslein lachte.
    – Robuster Humor, was?
    Er führte mich in den Besprechungsraum. Dort waren in einer Glasvitrine Objekte ausgestellt, Kunstharzplatten, in die – Insekten in Bernstein gleich – Requisiten wie Telefonhörer, Filmspulen oder auch Hamburger eingeschlossen waren. Alle waren mit einem Datum beschriftet. Ich verstand nur Bahnhof.
    – Allein letztes Jahr zwei done deals , sagte Nüsslein. Hier die Telemobil, da die Cinepool.
    – Und Ihr Job dabei?, fragte ich.
    – Erst mal die Idee. Dann die Firma. Wir blasen das Ding auf. Wenn es dann abhebt: Exit!
    – Warum denn das? Muss man denn immer aufhören, wenn es am schönsten ist?
    – Warum? Es fliegt, soll sich immer höher schrauben. Und Luft, Herr Gossec, hat keine Balken.
    Nüsslein lachte wieder sein hohes Lachen, das an meinen Nerven kratzte wie Fingernägel auf einer Schiefertafel.
    – Wissen Sie was, Gossec. Sie sind mir sympathisch. Ich lade Sie zum Essen ein. Da redet es sich leichter.
    Dr. Nüsslein wusste nicht, dass er mit seiner Einladung einen großen Fehler begangen hatte. Als Spesenritter bin ich unschlagbar skrupellos, wenn eine so große Kreditkarte wie bei ihm dahintersteht.
    Er ging hinaus und erteilte Anweisungen. Miriam machte Anstalten, aufzustehen und mitzukommen.
    – Nein, nein, hörte ich ihn sagen. Du bleibst hier, das ist Männersache.
    Spätestens jetzt war mir klar, das die Hihi-Office-Managerin als Hähä-Rasseferkel ihren beruflichen Aufstieg geschaffthatte. Nüsslein erschien mit seinem Mantel über der Schulter. Er fasste mich unter und schob mich durch die Gänge hinaus. Leutselig winkte er zu Emma hin.
    – Auch die Peripherie einer Firma sollte noch einen gewissen ästhetischen Standard haben, was Gossec?
    Als er sich wegdrehte, warf ich Emma eine Kusshand zu. Sie ließ es lächelnd über sich ergehen. Da war noch alles drin mit uns, diese Sache war noch nicht verloren.
    Auf Ping! hin verschwanden wir.

31
    Von einem Gläschen Champagner halte ich wenig, ein Fläschchen ist mir lieber. Ich sagte Nüsslein, dass ich auch in Sachen Weinjournalismus nicht unbeschlagen sei, und ließ mir Karte reichen. In Kneißls Vinothek war es nicht schwer, einen guten Tropfen zu finden. Das Gute ist zumeist teuer, deswegen orientierte ich mich der Einfachheit halber gleich in der Eurospalte, da konnte man eigentlich keinen Fehler machen. Nach dem Fläschchen Champagner und einem Satz Austern für jeden hatten wir einen edlen weißen Burgunder, denn der Schwertfisch brauche das feuchte Element, sagte ich. Nüsslein hatte bestimmt nicht vorgehabt, mit mir derartig zu pokulieren, aber nach meiner Bestellung regte sich dann doch der Geiz in ihm, und er goss sich ständig nach. An unser Entrecote mit Wirsingmousse wollte ich nur einen ausgereiften Barolo lassen. Ohne Sauternes konnte kein Dessert schmecken. Zum Kaffee tranken wir einen Single Malt, der auch dem Keller eines Than von Glamis und Cawdor zur Ehre gereicht hätte.
    Bis dahin hatte mir Nüsslein viel über sich, seine akademischen Diplome, seine gut gekämmten Kinder und die aufgebügelte Ehefrau erzählt. Diese ganzen Geschichten gingen mir am Arsch vorbei. Seine biografischen Täfelchen konnte er meißeln, wo er wollte, aber nicht bei mir. Die teuren Stöffchen, die ich trank, waren pures Schmerzensgeld. Als er auf die Toilette verschwand, sah ich, dass er schon ein wenig Schlagseite hatte. Das war der richtige Moment, endlich das Thema anzugehen.
    Der Alkohol ist ein großer Vereinfacher. Endlich verstand ich, wie er seine Geschäfte machte. Die IBD war eine Gesellschaft, die Venture Capital platzierte. Die Firma war börsennotiert und hatte ordentlich Kohle im Kreuz.
    – Wir können vor Kraft kaum gehen, prustete Nüsslein.
    Nüsslein suchte oder gründete eine Firma mit einer aussichtsreichen Geschäftsidee. Diese Firma wurde dann mit dem überreichlich vorhandenen Kapital aufgepumpt, sodass sie aus dem Vollen schöpfen konnte. Mit diesem Schub war das neue Unternehmen automatisch ein Big Player , wie er sagte. Ziel der IBD war jedoch kein kontinuierliches Geschäft oder der Verbleib in einer bestimmten Branche, sondern der Verkauf des neuen Konstrukts, wenn sich am meisten Geld dafür erlösen

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