München Manhattan #1
Manager vergewaltigt worden bist?“
Na mal sehen, ob sie das aus der Reserve lockt.
Kristin kann sich nicht erinnern, jemals in so einer Art, mit einem Menschen geredet zu haben. Sie weiß, dass es eigentlich niveaulos ist, aber wie soll sie sich sonst gegen diese Frau wehren? Charlotte sieht sie an. Ihr Gesicht ist wie eine Maske. Keine Regung ist zu erkennen. Und dann holt Charlotte tief Luft.
„Was willst du von mir Kristin?“
„Ich will, dass du zugibst, dass du die falschen Informationen weitergeleitet hast. Ich will, dass mein Mann rehabilitiert wird, und dass er seinen Job wiederbekommt. Und dann will ich, dass du ihn in Ruhe lässt.“
Vielleicht etwas zu viele Forderungen?
Der Kellner steht schon wieder da und möchte die Bestellung aufnehmen. Charlotte winkt ihn mit einer ungeduldigen herrischen Bewegung weg. Sie ist es gewöhnt, herablassend mit Personal umzugehen. Das sieht man.
„Meine liebe Sophie, dieses kleine Miststück. Was die so alles ausplaudert.“ Charlotte ist doch etwas aus der Fassung geraten. Jetzt kann Kristin nur abwarten. Oder soll sie lieber noch nachlegen? Bevor Charlotte sich von ihrem Angriff erholt hat und womöglich zum Gegenschlag ausholt? Kristin kommt sich vor wie in einem Ringkampf.
Aber Charlotte scheint ihre Fassung zurückerlangt zu haben. Sie nimmt einen Schluck Wasser und schon ist es wieder da, dieses überhebliche Lächeln.
„Also Kristin, jetzt reden wir mal Klartext! Du versuchst mich hier mit einer Geschichte aus meiner Vergangenheit zu bedrohen. Damit wirst du keinen Erfolg haben. Wie du ja sicher weißt, ist diese sogenannte Stalking Geschichte offiziell fallengelassen worden. Die Anschuldigungen von diesem Herren entbehrten jeder Grundlage. Ende des Kapitels. Also was willst du von mir? Du erwartest doch nicht, dass ich für deinen Mann geradestehe. Es war doch seine Abteilung, nicht meine. Er war verantwortlich. Für die Kunden und seine Mitarbeiter.“
„Also gibst du zu, dass du es warst?“, fragt Kristin.
„Ich gebe gar nichts zu, und du kannst mir nicht drohen. Das ist alles was ich dazu zu sagen habe.“
„Und wenn Sophie ihre Aussage von damals zurückziehen würde? Wenn sie glaubhaft erklärt, dass sie nur für dich ausgesagt hat, weil du sie damals in einer Notlage erpresst hast?“
Sehr schwammiges Terrain. Das ist Kristin schon klar, aber allmählich gehen ihr die Argumente aus, und sie steht immer mehr mit dem Rücken zur Wand. Charlotte lacht ihr jetzt schallend ins Gesicht.
„Du vertraust auf Sophie? Du kennst diese Frau nicht wirklich. Sie würde niemals irgendetwas tun was mir schaden könnte. Nein, halt. Das stimmt nicht. Es war nicht gerade nett von ihr, aus meiner Vergangenheit zu plaudern. Vielleicht sollte ich dir auch mal etwas über sie erzählen. Das würde ihr ja eigentlich Recht geschehen.“
Charlotte zögert einen Moment, dann lächelt sie Kristin gehässig an. „Aber weißt du was, ich erzähl dir nichts, denn so bleibt sie schön auf meiner Seite. Und apropos Leute, die auf meiner Seite spielen. Es war nicht schwer, deiner Putzfrau euren Wohnungsschlüssel zu entlocken. Wenn man ein bisschen Geld in die Hand nimmt, ist es doch immer wieder erstaunlich, was die Leute alles für einen tun. Und nun meine Liebe, muss ich unsere kleine Plauderstunde beenden. Die Arbeit ruft.“
Und schon hat sie sich auch schon von ihrem Stuhl erhoben. Kristin fühlt sich in ihrer Gegenwart wie ein Zwerg. Charlotte wendet sich ab und ist im Begriff das Restaurant zu verlassen. Dann bleibt sie stehen und kommt noch einmal an den Tisch zurück.
„Ach ja, bevor ich es vergesse: Lieben Gruß an Steve“, sagt Charlotte. „Oder soll ich ihn von dir grüßen? Ich treffe ihn nämlich am Wochenende auf einer Party.“
Sie dreht sich um und geht. Kristin sitzt da wie ein begossener Pudel. Die Sache ist so dermaßen schief gelaufen. Schlimmer hätte es eigentlich fast nicht kommen können.
Jetzt muss sie auch noch Steve beichten, dass sie seinen Firmennamen als Vorwand benutzt hat. Ob Charlotte rausbekommt, dass sie etwas mit Steve hatte? Zuzutrauen wäre es ihr ja.
Und was haben die Menschen getan, denen sie vertraut hat. Maria – ihre treue Haushaltshilfe – und Sophie? Was für ein Geheimnis teilt sie mit Charlotte?
Der Kellner steht wieder vor ihr.
„Möchten sie jetzt bestellen?“
„Bringen sie mir bitte einen Gin Tonic.“
***
MANHATTAN. 10 MINUTEN SPÄTER
Sophie, diese hinterhältige Schlange! Und ich dachte
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