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Münsterland ist abgebrannt

Münsterland ist abgebrannt

Titel: Münsterland ist abgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Kehrer
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haben einen positiven Befund: Gamma-Hydroxybuttersäure.»
    «Aha», sagte Bastian. «Was heißt das?»
    «Gamma-Hydroxybuttersäure, kurz GHB , wird in der Medizin als Narkotikum und Narkolepsie-Medikament verwendet. Es ist aber auch als Partydroge bekannt, unter dem Namen Liquid Ecstasy.»
    «Meinen Sie die Ecstasy-Pillen?»
    «Nein, chemisch sind die beiden Substanzen nicht verwandt. GHB wirkt in geringen Dosen angstlösend und sexuell stimulierend. Eine höhere GHB -Dosierung führt allerdings zu einem komatösen Schlaf. Deshalb benutzen Diebe und Vergewaltiger GHB , um ihre Opfer willenlos zu machen.»
    «K.-o.-Tropfen», warf Susanne ein.
    «Richtig», bestätigte Yasi. «Die Substanz hat viele Namen und Verwendungsmöglichkeiten.»
    «Und wie viel hatte Mergentheim intus?», fragte Bastian. «War er berauscht oder flachgelegt?»
    «Nach unseren Berechnungen hatte er vier Gramm GHB im Blut. Das heißt, er hat tief und fest geschlafen.»
    «In diesem Zustand konnte er sich wohl kaum selbst aufhängen?»
    «Nein, dazu wäre er nicht in der Lage gewesen. Ohne mich in Ihre Polizeiarbeit einmischen zu wollen, Herr KOK Matt, die Selbstmordtheorie können Sie getrost vergessen. Ach, übrigens, Bastian, hast du heute Abend Zeit?»
    Nachdem er aufgelegt hatte, starrte Susanne ihn aus zusammengekniffenen Augen an. Irgendwas war mit ihrem Gesicht passiert, es sah auf einmal kantiger und härter aus. «Du Idiot, du hast sie gevögelt, ich hab’s die ganze Zeit gewusst.»
    Es noch länger abzustreiten, wäre albern gewesen.

[zur Inhaltsübersicht]
Dreizehn
    Unterschicht, dachte Helene Lambert. Sie stand auf dem Balkon der Royal-Suite der MS Albertina und schaute hinunter auf die Gangway, über die ihre Mitreisenden auf das Kreuzfahrtschiff zurückkehrten. Leute ohne Stil und Chic, mit unmöglichen Frisuren und billigen Mänteln. Übergewichtige, die sich nur noch watschelnd fortbewegen konnten und am Abend wieder über alles herfallen würden, was das Buffet hergab. Unterschicht eben, die sich zu zweit oder zu dritt in die winzigen Kabinen der unteren Decks quetschte. Zum Glück waren kaum Kinder an Bord, und die wenigen, die Helene gesehen hatte, waren bereits dem Krabbelalter entwachsen. So blieb ihr zumindest das Gekreische von mit Rasseln und Brei um sich werfenden Kleinkindern erspart.
    Dabei hatte Helene bewusst ein kleines, hochklassiges Kreuzfahrtschiff und eine Nordroute bis an den Rand des arktischen Eises gebucht. Lediglich fünfhundert Passagiere fanden auf der MS Albertina Platz, kein Vergleich zu den schwimmenden Monstern, die mit dreitausend oder noch mehr Vergnügungssüchtigen auf dem Mittelmeer oder in der Karibik kreuzten. Und natürlich hatte sich Helene für die teuerste und größte Kabine entschieden, die Royal-Suite mit ihren auf zwei Räumen verteilten rund siebzig Quadratmetern, ein absoluter Luxus, dessen Gegenwert für die zweiwöchige Reise einem Mittelklassewagen entsprach. War es da zu viel verlangt, auch außerhalb der Kabine etwas mehr Exklusivität zu erwarten? Stattdessen musste sie im Restaurant zusammen mit dem gemeinen Volk dinieren. Warum verfügte die MS Albertina nicht über ein eigenes Restaurant für die Gäste der Gold- und Silberkategorie, also diejenigen, die sich die Suiten auf den beiden oberen Decks teilten? Oder wenigstens einen abgetrennten Bereich, in den nur hineinkam, wer Abendgarderobe trug? Tagsüber nahm Helene bei den Mahlzeiten den Kabinenservice in Anspruch, aber am Abend wollte sie sich an Bord zeigen. Wozu sonst hatte sie fünf Koffer mitgenommen? Und neben ihr gab es immerhin eine ermutigende Schar von Menschen, Frauen wie Männer, die Abendkleider, Anzüge und Krawatten anlegten, bevor sie sich an den Tisch setzten. Menschen, deren Aussehen sich wohltuend von dem an Bord üblichen Gammel-Look abhob. Wo man auch hinblickte, überall sah man verwaschene Jeans, schlabbrige Fleece-Jacken und beigefarbene Blousons.
    Der junge Typ da unten machte keine Ausnahme. Zu Beginn der Reise war er Helene gar nicht aufgefallen. Dabei sah er mit seinen kurzen blonden Haaren gar nicht mal so übel aus. Wenn sie Zeit und Lust gehabt hätte, ihn unter ihre Fittiche zu nehmen, dann hätte sie aus ihm einen schnuckeligen Burschen machen können, etwas fürs Bett, mit dem sich ein paar nette Stunden verbringen ließen.
    Helene verwarf den Gedanken sofort wieder. Zu kompliziert. Nicht dass sie mit ihren einundfünfzig Jahren keine Chancen bei jungen Männern gehabt hätte. Sie sah

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