Münsterland ist abgebrannt
ursprünglich drei Drittel gegeben. Vielleicht hat Weigold die Hälfte seines Anteils an Helene Lambert verkauft. Ich werde versuchen, das zu verifizieren, die Einträge reichen nicht so weit zurück.»
«Wir sollten uns Lambert-Pharma mal genauer ansehen», entschied Fahlen. «Am besten bei einem Überraschungsbesuch gleich morgen.»
Und natürlich teilte er sich dafür selbst ein, zusammen mit seinen Lieblingen. Susanne und Bastian bekamen die Aufgabe, zum Pharmakologischen Institut der Uni Münster zu fahren und Weigolds Mitarbeiter in Bezug auf Lambert-Pharma auszuquetschen.
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Bastian hatte nur kurz überlegt, Yasi anzurufen, war dann aber früh ins Bett gegangen und nach seinem üblichen Traum noch einmal eingeschlafen. So fühlte er sich an diesem Morgen zum ersten Mal seit Tagen wach und ausgeruht. Susanne und er trafen sich im Präsidium, weil Susanne bei einem Fall von häuslicher Gewalt, den sie bearbeitete, einige dringende Telefonate zu erledigen hatte.
Gegen zehn nahmen sie einen Dienstwagen, einen blauen Golf, und fuhren zum Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Westfälischen Wilhelms-Universität, wie es mit vollständigem Namen hieß. Das Institut gehörte zum medizinischen Fachbereich der Uni und lag im Schatten der Bettentürme am Coesfelder Kreuz. Abseits der Altstadt, die nach dem Weltkrieg weitgehend wieder so aufgebaut worden war, wie sie vor den Bombenzerstörungen ausgesehen hatte, und die hauptsächlich für Münsters Top-Ranking bei Wohlfühlwertungen sorgte, unterschied sich die 300000 -Einwohner-Stadt nur marginal von ihren gleich großen Schwestern. Besonders am Coesfelder Kreuz, wo die asketischen Zweckbauten der Naturwissenschaften in Rudeln herumstanden, hielt sich der städtebauliche Charme in Grenzen. Die Waschbetontürme der Uni-Klinik wiesen längst hässliche Flecken auf, und was in den siebziger Jahren des 20 . Jahrhunderts mal der letzte Schrei der Architektur gewesen sein mochte, war heute an Unansehnlichkeit kaum zu überbieten. Da schnitten die erheblich älteren Klinkerbauten der verschiedenen medizinischen Institute, die zwischen der Albert-Schweitzer-Straße und der Waldeyerstraße ein eigenes Stadtviertel bildeten, in ästhetischer Hinsicht erheblich besser ab.
Auch das Institut für Pharmakologie befand sich in einem renovierten rotbraunen Backsteingebäude, an anderer Stelle im Stadtbild hätte es als normales mehrstöckiges Wohnhaus durchgehen können.
Bastian und Susanne stellten den blauen Golf auf der Domagkstraße ab und folgten den Hinweistafeln bis zum Vorzimmer von Professor Weigold. Der Sekretärin war der Schock über den Verlust ihres Chefs anzumerken. Bastian kannte den ängstlichen Blick, mit dem sie zuerst die beiden Kripo-Leute und dann deren Dienstausweise betrachtete, er hatte ihn schon oft bei Menschen gesehen, in deren Nähe jemand plötzlich gestorben war. Nichts war so beunruhigend wie der Gedanke, dass der Tod einen ähnlich unversehens aus dem Leben reißen konnte.
Die beiden Kriminalbeamten ließen sich eine Liste mit allen wissenschaftlichen und sonstigen Mitarbeitern des Instituts geben und arbeiteten sich in den nächsten Stunden durch sämtliche Büros und Labors. Doch wie die Sekretärin, bei der sie sich ebenfalls erkundigt hatten, erinnerte sich keiner der Befragten daran, von Professor Weigold jemals einen Satz über Lambert-Pharma gehört zu haben. Das Unternehmen selbst kannten die meisten, es habe sich mit einem durch eigene Forschungsarbeit entwickelten Präparat, das den körperlichen und geistigen Verfall vor allem älterer Frauen verlangsame, zu einem Shooting-Star der Pharmabranche entwickelt, von einer kleinen Klitsche, die vor zwanzig Jahren gegründet worden sei, zu einem prosperierenden Unternehmen mit mehreren hundert Angestellten. Aber dass Professor Weigold daran beteiligt gewesen sei, nein, das war allen neu.
Mit diesem bescheidenen Ergebnis kehrten sie zur Sekretärin zurück.
«Wie lange arbeiten Sie schon für Professor Weigold?», wandte sich Bastian an die ältere Frau.
«Ich war schon da, als er die Professorenstelle bekam.» Sie dachte nach. «Zwölf Jahre, vielleicht dreizehn.»
«Mit wem verstand sich Weigold in diesen Jahren am besten – hier im Institut?»
«Mit Dr. Vogtländer», kam die prompte Antwort. «Weigold und Vogtländer kannten sich aus Studentenzeiten. Sie waren Freunde, würde ich sagen. Gemeinsam haben sie mehrere Forschungsprojekte durchgeführt.»
«Haben Sie eine
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