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Muensters Fall - Roman

Muensters Fall - Roman

Titel: Muensters Fall - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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in der Gruppe als die anderen?«
    Palinski antwortete nicht. Er versuchte zu schlucken, aber sein hervorstehender Adamsapfel blieb auf halbem Weg stecken.
    »Denn wenn Sie keine Angst vor Wauters haben, dann muss ich daraus folgern, dass Sie es sind, der hinter allem steckt, Herr Palinski!«
    »Ich habe nie ...«, protestierte Palinski. »Ich habe nie ...«
    Aber es kam keine Fortsetzung. Münsters Ausführungen waren jetzt in aller Konsequenz zu ihm durchgedrungen, und es war offensichtlich, dass ihm seine paradoxe Situation bewusst wurde.
    »Wir geben Ihnen fünf Minuten, die Sache zu überdenken«, erklärte Münster und schob seinen Stuhl zurück. »Und ich warne Sie: Kommen Sie mir nicht mehr mit Ausflüchten.«
    Er drückte auf den Pausenknopf. Stand auf, verließ das Zimmer und schloss die Tür.
     
    Ewa Moreno brauchte nur ein paar Minuten, um das Ganze zum Abschluss zu bringen. Eine gewisse weibliche Fürsorge im
Tonfall und ein wenig Wärme im Blick, das war offenbar genau das, wonach sich Jan Palinskis Seele nach Münsters Vorstoß sehnte.
    »O Mann!«, Palinski schüttelte den Kopf. »Was, zum Teufel, meinte er damit? Wir würden doch nie ... ich würde doch nie ...?«
    »Erzählen Sie«, sagte Moreno. »Sie können nicht länger schweigen. Das fällt doch nur auf Sie selbst zurück, begreifen Sie das nicht?«
    Palinski sah sie mit dem Blick eines entlaufenen Dackels an.
    »Glauben Sie?«
    »Ja, natürlich«, bestätigte Moreno.
    Palinski rieb sich eine Weile die Hände und kaute auf seiner Lippe. Dann richtete er sich auf und räusperte sich.
    »Wauters war’s«, erklärte er.
    »Wauters?«, wiederholte Moreno.
    »Der sagte, wir sollten nichts davon sagen, meine ich.«
    Moreno nickte.
    »Er hat geglaubt ...«
    Moreno wartete.
    »... er hat geglaubt, dass wir verdächtigt würden, wenn herauskommt, dass wir gewonnen haben.«
    »Wie viel?«, fragte Moreno.
    »Zwanzigtausend«, flüsterte Palinski und sah beschämt aus.
    »Wobei?«
    »Mit einem Los. Wauters hat es gekauft, er war an der Reihe... es sollten fünftausend pro Kopf werden ... jetzt, wo Leverkuhn tot ist, sind es fast sieben.«
    »Minus Bonger werden es zehn«, fuhr Moreno fort.
    »Ja, mein Gott«, sagte Palinski. »Aber Sie glauben doch wohl nicht, dass Ihr Kollege Recht hat? Ihnen ist doch wohl klar, dass wir niemals so etwas tun könnten?«
    Moreno antwortete nicht. Sie lehnte sich zurück und betrachtete eine Weile die nervösen Zuckungen in Palinskis Gesicht.
    »Im Augenblick glauben wir gar nichts«, erklärte sie. »Aber
Sie stehen damit immer noch unter Verdacht, und wir erlauben Ihnen nicht, die Stadt zu verlassen.«
    »Mein Gott«, wiederholte Palinski. »Das ist doch nicht möglich. Was, zum Teufel, wird Wauters dazu sagen?«
    »Das braucht nicht Ihre Sorge zu sein«, beruhigte ihn Moreno. »Wir kümmern uns schon um ihn. Und was Sie betrifft, so können Sie jetzt gehen, aber morgen früh kommen Sie wieder und unterschreiben Ihre Aussage.«
    Sie stellte den Rekorder ab. Palinski erhob sich auf zittrigen Beinen.
    »Stehe ich unter Verdacht?«, fragte er.
    Moreno nickte.
    »Ich bitte um Entschuldigung ... möchte mich wirklich entschuldigen. Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich es natürlich sofort erzählt, aber Wauters ...«
    »Ich verstehe«, sagte Moreno. »Wir machen alle mal was falsch. Bitte schön, hier entlang.«
    Palinski schlüpfte wie ein beschämter und zurechtgewiesener Schuljunge durch die Tür, aber nach ein paar Sekunden war er wieder zurück. »Wauters ist derjenige, der das Los hat«, erklärte er. »Er hat bis jetzt den Gewinn noch nicht abgeholt. Nur dass Sie Bescheid wissen.«
    Dann entschuldigte er sich noch einmal und verschwand.
    Inspektor Moreno merkte, dass sie lächelte.

15
    Erich Reijsen war ein gepflegter Herr in den Sechzigern mit einer Ehefrau und einem Reihenhaus, genauso gepflegt wie er selbst. Moreno hatte angerufen und einen Termin verabredet, und als sie eintraf, stand bereits das Tablett mit dem Teeservice im Wohnzimmer, in dem auch ein künstliches Feuer in einem Kamin aus Eternit knisterte.
    Sie seufzte innerlich, verschloss ihre Seele und ließ sich auf dem Plüschsofa nieder.

    »Wir essen nichts Süßes«, erklärte Herr Reijsen und zeigte dabei auf das grobe Brot und die Paprikaringe. »Haben auf unsere alten Tage angefangen, ein bisschen gesünder zu leben.«
    Sein wettergegerbtes Gesicht und sein gepflegter Schnurrbart bestätigten seine Aussage zweifellos – wie auch der

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