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Muensters Fall - Roman

Muensters Fall - Roman

Titel: Muensters Fall - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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jemandem hinten draufgefahren, und eine Weile überlegte er ernsthaft, ob er nicht lieber umkehren, wieder nach Hause fahren und sich ins Bett legen sollte. Er war gerade hinter seinem Schreibtisch niedergesunken und hatte den Kopf auf die Hände gestützt, als Jung an die Tür klopfte.
    »Hast du eine Sekunde lang Zeit?«

    Münster nickte. »Zwei, wenn es sein muss.«
    Jung setzte sich.
    »Du siehst müde aus.«
    »Worum geht es?«, fragte Münster.
    »Nun ja«, sagte Jung und wand sich. »Eigentlich ist es gar nichts ... eher ein Gedanke, der mir gekommen ist.«
    »Ach, wirklich?«, bemerkte Münster.
    »Hmm«, nickte Jung. »Ja, ich habe nämlich gedacht, dass die einfachste Lösung dieser ganzen Leverkuhngeschichte doch wäre, wenn Bonger es getan hätte.«
    Münster gähnte.
    »Wie meinst du das?«, fragte er.
    Jung setzte an.
    »Also, dass Bonger mit Leverkuhn nach Hause gegangen ist beispielsweise ... oder ein bisschen später nachgekommen ist, das spielt ja keine Rolle ... und ihn umgebracht hat. Sie haben sich draußen vor Freddy’s doch gestritten, und wenn die Wut Bonger überrannt hat, dann ist es doch denkbar, dass sie, ja, dass sie übergeschwappt ist, sozusagen.«
    »Glaubst du das?«, fragte Münster.
    »Ich weiß es nicht. Aber das würde doch zumindest erklären, warum er verschwunden ist, nicht wahr? Zuerst habe ich gedacht, er wäre in den Kanal gesprungen, als er wieder nüchtern geworden ist und einsehen musste, was er getan hat, aber es kann natürlich genauso gut sein, dass er sich einfach irgendwo versteckt hält. Ihm muss ja klar sein, dass wir ihn verdächtigen. Was meinst du?«
    Münster dachte eine Weile nach.
    »Tja«, sagte er. »Natürlich ist das möglich ... zumindest spricht nichts dagegen.«
    »Genau was ich gedacht habe«, sagte Jung und sah zufrieden aus. »Ich wollte nur, dass du das im Kopf behältst.«
    Er stand auf.
    »Danke«, sagte Münster. »Wenn Hiller einverstanden ist, könntest du das die nächsten Tage mal weiterverfolgen, mögliche Bekannte überprüfen und so weiter. Verstecke und so.«

    »Gern«, sagte Jung. »Aber er scheint im Augenblick nicht besonders entgegenkommend zu sein, der Hiller ... das liegt wohl mit an diesem Zwerg. Aber sag mir Bescheid, wenn es aktuell wird.«
    Als er verschwunden war, stellte Münster sich ans Fenster. Er zog die Jalousie hoch, lehnte die Stirn an das kühle Glas und starrte über die ganz und gar unveränderte Stadt, die es anscheinend ebenfalls kaum aus dem Bett geschafft hatte.
    Bonger?, dachte er. Verdammt einfache Lösung. Aber warum nicht? Vielleicht war es ja so, wie Van Veeteren immer sagte: Mach immer das Einfachste zuerst. Es wäre doch zu ärgerlich, ein Schachmatt mit einem Zug zu verpassen! Dann guckte er auf die Uhr und stellte fest, dass es nicht einmal zwanzig Minuten bis zum verabredeten Treffen mit Marie-Louise Leverkuhn waren. Er bewaffnete sich mit Kaffee, Stift und Notizblock. Nahm wieder hinter seinem Schreibtisch Platz und versuchte sich zu konzentrieren.
     
    »Um die Wahrheit zu sagen, so fällt es uns etwas schwer, die Sache in den Griff zu kriegen, Frau Leverkuhn.«
    Sie antwortete nicht.
    »Wir suchen immer noch nach einem Motiv für den Mord an Ihrem Mann ... ob es etwas in seiner Vergangenheit oder in den allgemeinen Umständen gibt, das in dieser schrecklichen Tat dann seinen Ausbruch gefunden hat.«
    Das war eine schwerfällige Eröffnung, aber er hatte sich für diese Linie entschlossen. Marie-Louise Leverkuhn verzog immer noch keine Miene.
    »Es gibt nur eine Person, die ausreichend Information über diese Dinge geben kann, und das sind natürlich Sie, Frau Leverkuhn. Was ist Ihnen in den vergangenen Tagen noch eingefallen?«
    »Nichts.«
    Sie betrachtete ihn mit leerem Blick.
    »Sie müssen doch über das, was passiert ist, nachgedacht haben?«

    »Natürlich habe ich nachgedacht«, sagte sie. »Aber es ist nichts dabei herausgekommen.«
    »Haben Sie mit vielen Bekannten gesprochen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich habe nicht so viele Bekannte. Meine Kinder. Emmeline ... ein paar Nachbarn.«
    »Könnten Sie mir trotzdem die Namen Ihrer engsten Freunde geben. Außer Emmeline von Post, meine ich. Mit denen Sie und Ihr Mann Umgang pflegten.«
    Sie schaute zu Boden. Aha, dachte Münster. Da liegt also der Hase begraben. So ist das.
    Das Peinlichste, was es gibt, hatte er einmal gelesen, das ist, keine Freunde zu haben. Einsam zu sein. Man darf ungestraft bescheuert, rassistisch,

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