Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Muensters Fall - Roman

Muensters Fall - Roman

Titel: Muensters Fall - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
Vom Netzwerk:
ihn lieber für sich behielt.
    »Hatte er Streit mit einem seiner alten Freunde?«, fragte er stattdessen.
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Möglicherweise mit Herrn Bonger?«
    »Ich weiß nicht, welcher das ist.«
    »Die Herren waren nie bei Ihnen zu Hause zu Besuch?«
    »Nie.«
    »Aber Sie wussten davon, dass die vier Geld gewonnen hatten?«
    Er hatte lange auf diese Frage hingearbeitet, aber es war schwer, aus ihrer Reaktion eine eindeutige Antwort herauszulesen.
    »Geld?«, wiederholte sie nur.
    »Zwanzigtausend«, nickte Münster.
    »Jeder?«, fragte sie.
    »Zusammen«, sagte Münster. »Fünftausend pro Mann. Das ist schon was.«

    Sie schüttelte langsam den Kopf.
    »Davon hat er nie was gesagt«, stellte sie fest.
    Münster nickte.
    »Und Sie haben nicht entdeckt, dass noch etwas in der Wohnung fehlt? Ich meine, außer dem Messer.«
    »Nein.«
    »Gar nichts?«
    »Nein ... aber irgendwelche fünftausend habe ich auch nicht gefunden.«
    »Sie haben das Geld noch nicht gekriegt«, erklärte Münster.
    »Ach so«, sagte Frau Leverkuhn.
    Münster seufzte. Er spürte, wie die Müdigkeit wieder hochkroch, und plötzlich – wenn auch nur für eine Sekunde – packte ihn die Sinnlosigkeit. Plötzlich hatte er das Gefühl, er könnte durch das leere Gesicht dieser alten Frau hindurchsehen wie durch eine blanke Glasscheibe, und was er dort sah, war eine Sackgasse. Eine enge, düstere Sackgasse, in der er selbst stand und eine Feuerwand anstarrte.
    Aus einem halben Meter Entfernung. Mit den Händen in den Hosentaschen und resigniert herunterhängenden Schultern. Auf irgendeine sonderbare Art war es ihm möglich, gleichzeitig seinen eigenen Rücken und die Feuerwand zu sehen. Schmutzige Ziegelsteine mit verwitterten Fugen und einem Geruch nach ewigem, saurem Regen. Das war kein besonders schönes Bild für den Stand der Dinge. Ganz und gar nicht schön. Am besten wäre es umzukehren, dachte er und zwinkerte ein paar Mal, bevor er sich wieder der Wirklichkeit zuwandte.
    »Danke«, sagte er. »Im Augenblick habe ich sonst nichts, aber ich möchte Sie bitten, weiter in Ihrem Gedächtnis zu kramen, Frau Leverkuhn, es können die unbedeutendsten Details sein, die uns auf die richtige Spur bringen.«
    »Ich möchte, dass Sie mich in Ruhe lassen.«
    »Wir wollen den Mörder Ihres Mannes finden, Frau Leverkuhn. Und wir werden ihn finden.«
    Einen Augenblick lang schien es ihm, als sähe sie zweifelnder
aus, als der Lage angemessen war, und vermutlich war das der Grund – verbunden mit den immer schwerer werdenden Augenlidern –, was ihn dazu brachte, lauter zu werden.
    »Wir werden den Mörder finden, Frau Leverkuhn, darüber sollten Sie sich im Klaren sein!«
    Sie sah ihn verwundert an. Dann stand sie auf.
    »War noch etwas?«
    »Im Augenblick nicht«, sagte Münster.
     
    Der Rest des Mittwochs verlief in ungefähr der gleichen Tonart. Bongers Hausboot lag verlassen da wie bisher, Zeugenaussagen von Leuten, die in der Samstagnacht auf den Straßen unterwegs waren, glänzten durch Abwesenheit, und der einzige Tipp aus der so genannten Unterwelt kam aus einer anonymen Quelle, die die Polizei ermahnte, nicht weiter im falschen Heuhaufen zu suchen.
    Wobei die Frage ist, welches dann der richtige Heuhaufen ist!, dachte Münster streitlustig.
    Er vermied bewusst den Kontakt mit Inspektor Moreno, und bei einem ungewöhnlich zähen Nudelgericht in der Kantine erzählte Krause ihm, dass sie im Laufe des Vormittags angerufen und sich krank gemeldet habe. Münster nahm diesen Bescheid zunächst mit Erleichterung entgegen, aber dann überfiel ihn eine Unschlüssigkeit, die er lieber nicht näher analysieren wollte. Der nächtliche Traum war noch in seinem Hinterkopf präsent – wie ein nicht jugendfreier Film, in den er sich fälschlicherweise hatte hineinschleichen können – und ihm war klar, dass er nicht nur aus Zufall dort gewesen war.
    Den ganzen Nachmittag verbrachte er damit, in seinem Zimmer alle Berichte und Protokolle, die sich bis jetzt angesammelt hatten, noch einmal durchzulesen, ohne jedoch dadurch sehr viel schlauer zu werden.
    Der Fall Waldemar Leverkuhn?
    Es war, wie es war, fasste er resigniert zusammen, als er das Präsidium gegen halb fünf verließ: Aus unbekanntem Grund hatte ein unbekannter Täter (Mann? Frau?) einen harmlosen
Rentner ermordet – auf bestialischste Weise. Es waren seit der Tat vier Tage vergangen, und man war immer noch nicht auch nur in die Nähe einer Aufklärung gekommen.
    Ein

Weitere Kostenlose Bücher