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Muetter ohne Liebe

Muetter ohne Liebe

Titel: Muetter ohne Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Gschwend
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die zur Mutterschaft weder begabt noch willens sind, aber dennoch Kinder haben.
    3.3  Auswirkungen
    Einsamkeit
    Weit entfernte Schreie
    Mein Leben lang
    Nie Reaktionen
    Diese Gedichtzeilen aus dem bereits erwähnten Roman «Weißer Oleander» vermitteln das Ausmaß der Verlassenheit von Kindern, die, auch wenn sie mit ihrer Mutter aufwachsen, emotional gesehen Waisenkinder sind. Durch diese Erfahrung werden sie in ihrer Einstellung zu sich selbst sowie in ihren Beziehungen zu anderen Menschen charakteristisch geprägt. Sie haben gelernt, sich selbst geringzuschätzen, Gefühle zu vermeiden und ein eher zwiespältiges Verhältnis zu emotionaler und körperlicher Nähe zu entwickeln. Früh schon haben sie die Erfahrung gemacht, anderen Menschen nicht vertrauen zu können, verspüren aber gleichzeitig einen tiefen und ungestillten emotionalen Hunger nach seelischer und körperlicher Berührung. Dieser Hunger kann so groß sein, dass sie bereit sind, ohne Rücksicht auf sich selbst große Anstrengungen in Kauf zu nehmen, um Anerkennung und Zuwendung zu erfahren, sei dies im beruflichen oder im persönlichen Lebensbereich.
    3.3.1  Sich unwürdig fühlen
    Spricht man mit Kindern liebloser Mütter, dann heißt es zum Beispiel:
    Nach außen wirkt es überhaupt nicht so, aber ich bin eigentlich nie ein selbstbewusster Mensch geworden.
    Bei der kleinsten kritischen, scheinbar ablehnenden Bemerkung von anderen verliere ich jeden Halt. Es ist, als ob ich in einen schwarzen, bodenlosen Abgrund stürzte.
    Ich habe immer etwas an mir auszusetzen oder fühle mich nicht «richtig».
    Dies sind Äußerungen von erfolgreichen, stark und selbstbewusst auftretenden Frauen, die alle Töchter von kalten, ablehnenden Müttern sind. Weil sie sich so unzulänglich und minderwertig fühlen, gehen sie im Allgemeinen sehr kritisch und hart mit sich selber um. Ihre tiefe Überzeugung ist nämlich die, dass es an ihnen selber gelegen haben muss, dass ihre Mutter sie nicht lieben konnte und nicht lieben wollte. Denn anders ist es gar nicht denkbar und möglich, dass eine Mutter ihr Kind nicht liebt, außer sie wäre abartig oder krank –, so suggeriert es der Muttermythos. Typisch ist auch eine konstante, meist unrealistische und durch nichts zu begründende Angst zu versagen, und auch in kleinen Dingen des Alltags ungenügend oder unfähig zu sein. Es nicht zu schaffen, es nicht richtig zu machen, entspricht der realen Erfahrung des Kindes, denn egal wie sehr es sich anstrengt und wie «perfekt» es ist – es ist nie der Liebe würdig.
    Was die Berufswahl anbelangt, ist es übrigens interessant, dass Kinder liebloser Mütter in zwei ganz entgegengesetzte Richtungen zu tendieren scheinen, die aber beide die emotionale Kargheit der frühen Jahre spiegeln. Zum einen ergreifen sie häufig helfende Berufe, in denen sie sich «mütterlich» und fürsorglich um andere Menschen kümmern können, als Kindergärtnerinnen, Ärztinnen, Pflegepersonen, Therapeutinnen. Es sind Tätigkeiten, die es ermöglichen, eine begrenzte emotionale Nähe zuzulassen und Gefühle der Einsamkeit und der Minderwertigkeit abzubauen. Zum anderen und im Kontrast dazu sind es eher sachlich-technische Berufe, in denen sich die Frauen wohl fühlen, als Naturwissenschaft lerin, Laborantin, Architektin, Computerfachfrau oder Firmenmanagerin. Im Buch von Louis Schützenhöfer erzählt eine Managerin, Tochter einer distanzierten, desinteressierten Mutter, von ihrer Tätigkeit:
    Ich habe in diesen Jahren überwiegend Leute abgebaut. Ich habe mehrere hundert Beschäftigte gekündigt und Lohnkürzungen durchgesetzt. Und selbst schwierige Mitarbeiter mit fast unkündbaren Dienstverhältnissen bin ich losgeworden. Dafür setzt mir die Firma heute noch ein Denkmal…. Nach einigen Jahren habe ich gesehen, ich habe mich übernommen. Ich bin in ein Burn-out hineingelaufen. Ich war am Ende. (Zit. n. Schützenhöfer 2004, S. 107).
    Es werden also Tätigkeiten ausgeübt, in denen Gefühle nicht viel Platz haben oder sogar vermieden werden (müssen), um erfolgreich zu sein. Beiden Gruppen aber ist gemeinsam, dass sie ihre Tätigkeit meist «aufopfernd» ausüben, über eine große Anstrengungsbereitschaft verfügen und äußerst viel von sich verlangen. Sie schonen sich nicht und gehen hart mit sich selbst und lieblos mit ihren Ressourcen um. Unzulänglichkeitsgefühle und Versagensängste bewirken, dass sie sich für Anerkennung bis über ihre gesundheitlichen und energetischen Grenzen

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