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Muetter ohne Liebe

Muetter ohne Liebe

Titel: Muetter ohne Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Gschwend
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ablehnend, distanziert und feindselig verhielt, wie es schon ihre Mutter getan hatte. Später meinte sie dazu:
    Es war mit S. so, wie ich es immer gemacht habe – angesichts von Ablehnung und Feindseligkeit lächeln, sich noch mehr anstrengen und hoffen, dass sie sich in Liebe verwandeln.
    Eine andere Frau erzählt aus ihrem Leben:
    Er umwarb mich so aufmerksam und leidenschaftlich und als er dann zu mir sagte: «Dich will ich – du bist meine Traumfrau» – da war ich verloren. Ich habe mich nicht eine Sekunde lang gefragt, ob er auch mein Traummann war. Ich habe ihn nach zwei Monaten Hals über Kopf geheiratet und ausgeblendet, dass er kalt, distanziert und grausam sein konnte, das war ich ja auch gewohnt von der Liebe.
    Andererseits wird aber auch die Haltung innerer Unabhängigkeit sehr gepflegt und die Überzeugung aufrechterhalten, niemanden zu brauchen. Gerade bei Kränkungen und (vermeintlich) zurückweisendem Verhalten anderer schlägt die Idealisierung leicht in Entwertung und Ablehnung um. Es besteht dann der Impuls, sich radikal zurückzuziehen und die Beziehung mit dem ahnungslosen Gegenüber gleich völlig abzubrechen. Die empfundene Kränkung oder Verletzung kann aber nicht als solche wahrgenommen und thematisiert werden. Der Gefühlspanzer wird einfach wieder dicht gemacht nach dem Motto: «Wenn ich keine Gefühle habe, können sie auch nicht verletzt werden.»
    3.3.4  Anstrengung und Selbstverleugnung
    Kinder distanzierter, desinteressierter Mütter haben eine große Leistungsund Anstrengungsbereitschaft, die sich sowohl im beruflichen als auch im persönlichen Lebensbereich äußert.
    Ich habe immer geglaubt, ich könnte mir irgendwann die Aufmerksamkeit und die Liebe der Menschen verdienen, ich muss mich nur noch mehr anstrengen. Wie bei meiner Mutter. Immer habe ich gedacht, ich könnte ihre Liebe und Aufmerksamkeit durch gutes Lernen, gute Leistungen, kleine Geschenke, großes Verständnis und ständige Korrekturen an mir selber verdienen. (Zit. n. Schützenhöfer 2004, S. 119)
    Ich bin um halb sieben von zu Hause weggefahren und habe oft bis um Mitternacht gearbeitet. Und das ungefähr ein Jahr lang. Ich habe damals eine so genannte Wochenend-Migräne bekommen. (Ebd., S. 116)
    So beschreiben zwei Töchter liebloser Mütter ihre Erfahrungen. Sowohl im persönlichen als auch im beruflichen Umfeld ist die Anstrengungsbereitschaft so groß, dass man bereit ist, ohne Rücksicht auf sich selbst über Grenzen zu gehen. Die berufliche Seite wurde bereits angesprochen. Hier führt der lieblose Umgang mit sich und den eigenen Ressourcen oft zu großem Erfolg, andererseits häufig aber auch zu einem Burn-out.
    Auch in Beziehungen spiegelt sich die Suche nach Aufmerksamkeit und Anerkennung in der Bereitschaft zur völligen Selbstverleugnung. Eine Patientin, eine Turnerin, erzählt:
    Für Aufmerksamkeit und Zuneigung bin ich buchstäblich gekrochen. Er hatte einige seiner Freunde zum Abendessen zu uns eingeladen. Er hat mich dann aufgefordert, den Freunden etwas vorzuturnen. Und ich habe es gemacht. Es war so entwürdigend und ich habe mich so geschämt. Aber um ihm zu gefallen, habe ich es gemacht.
    3.4  Wege zur Selbsthilfe
    Es gibt Wege und Möglichkeiten, um die durch Lieblosigkeit und Zurückweisung entstandenen seelischen und sozialen Beeinträchtigungen aufzuarbeiten und zu heilen. Sie sind mit Arbeit verbunden, versprechen aber auch die Möglichkeit zu deutlich mehr Lebensqualität und Wohlbefinden.
    3.4.1  Die Heilung des inneren Kindes
    Das Gefühl tiefer Einsamkeit, die Überzeugung, unwürdig zu sein, der ungestillte Hunger nach seelischer und körperlicher Nähe, die unbekannte, entfremdete Welt des eigenen Körpers und der eigenen Gefühle sind Charakteristika emotionaler Waisenkinder. Auch als Erwachsene tragen viele Betroffene dieses ungeliebte und ungeheilte innere Kind in sich. Nach wie vor hat es ungestillte Sehnsüchte nach Zuwendung, Fürsorge und Unterstützung. Auch wenn die Person, in der dieses Kind steckt, mittlerweile erwachsen ist, bleiben die Sehnsüchte bestehen und richten sich häufig immer noch auf die eigene Mutter. Ich erlebe oft, wie kompetente und erfolgreiche Frauen und Männer immer noch und immer wieder um die Aufmerksamkeit und Anerkennung ihrer Mütter kämpfen, wie sie, häufig nicht bewusst, hoffen, durch die Bestätigung der Mutter endlich eine Bestätigung ihres eigenen Wertes erhalten zu können – was natürlich so niemals gelingt, niemals gelang und

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