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MUH!

MUH!

Titel: MUH! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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lächelte der Kater verquer, «mehr so die Route nach Indien von die Kolumbus.»
    Hilde pampte: «Dieser Klodummbus ist mir egal! Wie lang dauert denn jetzt unsere Reise?»
    «Signorina, das kanne man nicht so einfach beantworte», versuchte der Kater, Zeit zu gewinnen.
    «Oh doch, das kann man!», antwortete die bis aufs Blut gereizte Hilde und schnappte sich blitzschnell mit ihrer Schnauze den Kater und biss so in seinen Leib, dass sie ihn fest gepackt hielt. Er schrie, strampelte, aber er konnte sich nicht losreißen. Sie hob ihre Schnauze und damit auch Giacomo über die Reling. Panisch blickte der Kater herunter ins Meer. Wenn Hilde ihre Schnauze öffnen würde, würde er ins Wasser fallen, das Schiff würde ohne ihn weiterfahren, und er müsste garantiert ertrinken, denn obwohl die Möwen schon um uns kreisten, war weit und breit noch kein Land zu sehen, an das der Kater sich würde retten können.
    «Lang-lang iste die Reise, und damit ich meine nicht die Pianiste!», schrie er.
    Ich fand es sehr mutig von ihm, die Wahrheit zu sagen, denn es war nicht komplett ausgeschlossen, dass Hilde daraufhin vor lauter Wut doch ihr Maul öffnen würde. Aber sie nahm ihren Kopf samt Kater wieder von der Reling weg und ließ Giacomo auf den Boden des Decks plumpsen. Anstatt ihn weiter anzugehen und ihm Vorwürfe zu machen, wandte sie sich an mich: «Du wusstest, dass wir nicht nach Indien fahren?»
    «Nun ja …», stammelte ich.
    «Und wann hättest du uns das gesagt, große Anführerin? Oder hättest du die ganze Zeit in diesem New York geflötet: ‹Schaut mal, wie schön Indien ist›?»
    Die ehrliche Antwort lautete, dass ich viel zu feige gewesen war, um es zu gestehen. Und dass ich all die Unsicherheiten der anderen und ihre Nervosität nicht hätte auffangen können, da ich viel zu sehr mit mir selber beschäftigt war.
    «Ich wollte euch nicht belasten …», sagte ich leise.
    «Was sind wir? Kleine unmündige Kälber?», fragte Hilde beleidigt und kam mit ihrer Schnauze so nahe an die meine, dass ich erschrocken zurückwich. Die anderen schwiegen die ganze Zeit, sprangen ihr nicht zur Seite. Aber mir leider auch nicht.
    Hilde nahm ihre Schnauze wieder weg und ging auf dem Deck auf und ab. Wir alle schauten ihr zu, niemand traute sich, auch nur einen Mucks zu machen. Es war das erste Mal auf der ganzen Reise, dass alle darauf warteten, was Hilde sagen würde, und nicht darauf, was ich als Lösung anbot. Es war einfach zu klar, dass ich keine besaß. Dennoch versuchte ich, wieder etwas Kontrolle über die Situation und die Herde zu gewinnen, und erklärte, so tapfer wie möglich: «Wir kriegen das schon hin.»
    Hilde hielt inne und sah mich durchdringend an. Lange. Die anderen warteten ab, wie sie reagieren würde. Ich wusste nicht, was ich jetzt tun sollte, war ich doch total verunsichert, so hatte mich meine Freundin – war sie überhaupt noch meine Freundin? – noch nie angesehen. Nach einer Weile erklärte sie ganz ruhig: «Du hast recht, wir kriegen das hin.»
    Ich atmete erleichtert durch, wir würden uns nicht weiter streiten.
    «Aber», so fügte sie hinzu, «ohne dich als Anführerin.»
    «Was?», stammelte ich.
    «Du bist viel zu sehr mit dir selbst beschäftigt, mit dem Baby und allem.»
    Dem konnte ich nicht widersprechen, obwohl ich es wollte. Auch wenn es unfair war, dass man als werdende Mama so wahrgenommen wurde.
    Ganz sachlich erklärte Hilde: «Ich übernehme die Herde.»
    Dem wollte ich nicht nur widersprechen, ich tat es auch: «Ich sehe das irgendwie nicht so …»
    Zugeben, das war kein allzu überzeugendes Widersprechen.
    Hilde wandte sich zu den anderen: «Und, wie seht ihr das?»
    Die ganze Herde starrte uns beide an. Alle waren unsicher, auf wessen Seite sie sich schlagen sollten. Alle, bis auf eine.
    «Ich finde, Hilde sollte uns anführen», sprach Radieschen ganz leise.
    Am liebsten hätte ich jetzt wütend gebrüllt, dass sie dies nur sagt, weil sie für Hilde Gefühle hegt, aber ich las in ihren Augen die flehentliche Bitte: Sei so lieb, brüll das nicht heraus! So schwieg ich.
    Als Nächste öffnete Susi den Mund: «Ich kann euch beide nicht ausstehen, aber ihr seid beide stärker als ich schwache Kuh. Und Hilde ist stärker als Lolle.»
    Das Selbstbewusstsein der armen Susi bröckelte von Tag zu Tag mehr. Meins tat dies gerade von Sekunde zu Sekunde. Ich blickte unwillkürlich zu Champion, hoffte ich doch, dass er sich auf meine Seite schlagen würde. Er öffnete daraufhin den Mund

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