Mum@work: Roman
Dunkelkammer an.« »Wie bitte?«
»Die Dunkelkammer. Die Methode tut niemandem weh und prägtsich ein. Mehr als zehn Mal muss man sie meistens gar nicht anwenden.«
»Und wie, also ich meine ...«
»Ungezogene Kinder beruhigen sich in der Regel sehr schnell, wenn man sie ohne Licht ins Klo einsperrt.«
Nummer drei sieht zum Glück richtig nett aus, mit der würde ich gern mal einen Kaffee trinken gehen. Ungefähr mein Alter, Jeans, Pulli, Turnschuhe. Sehr vielversprechend. Auf den ersten Blick aber nur, denn irgendwie will und will das Gespräch nicht in Gang kommen.
»Sie haben also schon häufiger bei Familien gearbeitet?«
»Ja.«
»Und haben sicher auch hervorragende Zeugnisse.« »Ja.«
»Wohnen Sie denn in der Nähe?« »Nein.«
»Wo wohnen Sie denn?« »Ja.«
»Wie bitte?«
»Nein«, sagt die Kandidatin und schüttelt den Kopf. Viel Deutsch wird Max von ihr wohl nicht lernen.
»Darf ich denn mal ihre Referenzen sehen?«
»Ja«, sagt sie.
Nichts passiert.
Ist die vielleicht taubstumm?
»Haben Sie ihre Unterlagen dabei? Lebenslauf, Zeugnisse, Referenzen?« »Nein.«
Ich deute auf den Stapel Papiere, den sie in ihrer Hand hält. Das wird ja wohl kein Expose für eine Doktorarbeit in theoretischer Teilchenphysik sein, sondern ihre Empfehlung als Kinderfrau.
»Ah«, sagt sie, lächelt mich freundlich an und gibt mir die Zettel.
Ich lese nur den ersten.
Liebe Frau Stein,
meine Schwester ist letzte Woche nach Deutschland gekommen. Sie sucht dringend Arbeit. Ich spreche schon Deutsch. Ich habe mit Ihnen telefoniert. Sonst keine Chance für meine Schwester. Wir sind eine ordentliche Familie. Bitte geben Sie meiner Schwester Arbeit.
Danke.
Fazit
1 TeufelsTeenager
1 Gefängnisaufseherin
1 Putzfrau aus Weißrussland
(nun unsere Putzfrau aus Weißrussland, immerhin)
0 Kinderfrau
16. Kapitel
»Das klappt nicht.« »Was klappt nicht?« »Meine Suche nach einer Kinderfrau.«
»Hast du denn überhaupt nichts erreicht?«, erkundigt sich Tobias mit einer Mischung aus Unverständnis, Panik und Mitleid. »Doch, wir haben jetzt eine Putzfrau.«
»Das ist doch toll.« Er klingt erleichtert. »Wann fängt sie denn an?«
»Morgen schon. Das hat tatsächlich ganz gut funktioniert.«
»Morgen? Das ist ja wunderbar«, sagt Tobias und nimmt sich noch ein Schrot und Korn. Er streicht genüsslich eine Extraportion Leberwurst darauf. Es ist Sonntag, und wir sitzen auf der Terrasse beim Familienfrühstück. Oder eher Elternfrühstück, weil Max und Mareike - wie immer am Wochenende - schon seit sieben Uhr auf sind, sich bis um acht Brust und Kakao erbettelt hatten, um fünf nach acht dann auch mit den Milchbrötchen fertig waren und nun nur noch wenig Interesse an uns und unserem Frühstück haben.
Eigentlich auch nicht schlecht. Max sitzt im Sandkasten, und Mareike macht beim Fahrradfahren extra viel Krach, damit ihre Freundin Emma und Familie von gegenüber endlich aufwachen.
Ich schätze, ich kann mich heute — dank Putzfrau - tatsächlich etwas von der Mum@Work-Pressekonferenz erholen. Die ist gar nicht so schlecht gelaufen, wenn man mal von den Standardstänkerern absieht. Die meisten Journalisten waren begeistert vom Flaubert, haben sich am Büfett so richtig ausgiebig durchgeschnorrt und waren am Ende vom Champagner so betrunken, dass sie gar keine kritischen Fragen mehr stellen konnten. Um sie endgültig auf unsere Seite zu ziehen, gab es als Geschenk ganz entzückende Mousepads im hellblauen Mum@Work-Design. Bei der Gelegenheit habe ich auch gleich dieses blöde Interviewmit der SCHMAZ erledigt. Das war wirklich harte Arbeit, denn mit dem Finanzvorstand wollte die SCHMAZ tatsächlich nicht sprechen, weil es ja um die Technik ging - um die bei MAMA.Com, die nicht funktioniert, und um die bei Mum@Work, die natürlich ganz super laufen wird ...
Und Clemens hat nicht einen Tropfen Schampus angerührt, das Mousepad links liegen lassen und sicher noch am selben Abend einen seiner besonders ätzenden Artikel angefangen. Schätze ich jedenfalls, erfahren werde ich es aber erst in ein paar Tagen, wenn die nächste Computer Heute erscheint.
Also ist deshalb jetzt erst einmal Erholung angesagt: im Liegestuhl liegen, in Ruhe Zeitung lesen, vielleicht sogar ein richtiges Buch anfangen, später ein bisschen Fahrradfahren mit Max und Mareike, und dann ist da glaub ich noch dieses Stadtteilfest, zu dem ich schon letztes Jahr wollte - rundum schöne Aussichten.
Tobias müsste eigentlich längst
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