Mum@work: Roman
schuften müssen? Nur damit du deine Schokolade zu Dumpingpreisen über irgendwelche Großkonzerne in den >Aldi< geliefert bekommst? Ist also ganz schön verantwortungslos, deine Leidenschaft.«
»Och, Tobias, nun sei doch nicht so. Ich dachte, wir machen uns hier einen schönen Tag. Und es ist ja auch nicht ein einziges Rocher-Kügelchen in Sicht.«
Leider.
»Probier doch mal«, sagt Tobias.
Ich beiße in ein krümeliges Etwas, das hauptsächlich nach nichts schmeckt, dafür im Mund aber ziemlich staubt. »Ja, ganz lecker«, lüge ich.
»Nimm doch einen Schluck Mandelmilch dazu, dann schmeckt es noch besser.« Das kann gut sein. »Wenn du meinst.« »Gut, oder? »Hm.«
»Sag mal, wo ist denn eigentlich Mareike?«
»Auf der Hüpfburg«, sage ich und deute auf den schaukelnden Kinderhaufen.
»Ich sehe sie aber gar nicht.«
»Du musst nur einen Moment warten, dann taucht sie wieder hinter irgendeinem anderen Kind auf.« »Nein, die ist da nicht!«
Jetzt kann ich sie auch nicht mehr entdecken. Ich fühle Panik in mir aufsteigen. Das letzte Mal hatte ich Mareike bei einem Einkaufsbummel verloren, aber das war wenigstens in einem geschlossenen Einkaufszentrum. Jetzt kann Mareike theoretisch in ganz Hamburg sein.
Ist sie aber nicht. Als wir reichlich nervös die nähere Umgebung scannen, winkt sie mir ganz fröhlich von einem Stand zehn Meter weiter zu.
»Mama, komm gaaaaanz schnell. Hier ist Che!«
»Tobias, Entwarnung, da ist sie!«
»Hab's gehört, aber wer ist Che?«, fragt er.
»Kennst du den noch nicht? Der ist Hilfshausmeister in Mareikes Kindergarten. Ein echter Low-Potential-Student. Sicher fünftes Semester, aber noch keinen Schein, in Geschieh ... äh ... ich meine Sozialwissenschaften oder Politologie oder so.«
Tobias überhört meinen Ausrutscher gegen die Historiker und wir machen uns - ziemlich erleichtert über Mareikes Wiederauftauchen -auf den Weg zu Che, der heute statt Guevara-Barett das grüne Revolutionskäppi vom Máximo Lider Señor Castro trägt. Ob er sich jetzt Fidel nennt?
»Meiki! Du kannst doch nicht einfach weglaufen! Du musst uns Bescheid sagen, sonst machen wir uns ganz viele Sorgen.«
Ich will Mareike in den Arm nehmen, aber sie zerrt mich gleich zu dem klapprigen Tapeziertisch mit dem Bettlaken davor, auf dem in roten, ziemlich verwackelten Buchstaben »Eine-Welt-Initiative« steht. Darauf sind Berge von Keksen zu sehen, alle ziemlich vollkornig und dunkel, aber vielleicht auch ganz lecker. Hinter den Keksen schließlich steht Che und lächelt meine Tochter an. Er scheint sie wirklich zu mögen.
»Na, ist denn dein Bruder auch da?«, fragt Che.
Wie schon letztes Mal ist Che binnen Sekunden im Gespräch mit Mareike, ohne mich - und diesmal auch Tobias - eines Blickes zu würdigen.
»Ja, da, guck mal. Da unten, in dem Anhänger.« »Hallo, Max, wie geht's? Hast du heute schon einen Schluck Backpulverbrühe genommen?«
Vielen Dank. Ich hatte es schon fast verdrängt.
»Nein, heute nicht«, antwortet Mareike für ihren Bruder, der Che zwar wiederzuerkennen scheint, sich aber konzentriert mit einem Loch in dem Bettlaken in seiner Reichweite beschäftigt.
»Was machst du denn hier?«, fragt Mareike Che.
»Ich verkaufe Kekse, und nachher muss ich zaubern.«
»Bist du etwa der Zauberer Voodoo-Doodoo?«
Mareike sieht ihren Kindergarten-Hausmeister mit so viel Ehrfurcht und Bewunderung an, als wüsste sie die Antwort schon längst.
»Ja, der bin ich.«
»Boah, das ist ja toll. Mama, hast du gehört? Che ist Voodoo-Doodoo.« Alles klar.
»Aha. Tobias, hast du gehört? Che ist Voodoo-Doodoo.«
Tobias scheint sich aber nicht sehr für diesen überaus bedeutsamen Satz zu interessieren.
»Welche Zutaten verwenden Sie denn für Ihre Kekse?«, will er vielmehr von Che wissen. »Ich heiße übrigens Tobias, ich bin der Vater von Mareike.«
»Che«, sagt Che und streckt Tobias seine Hand entgegen. »Das Hanfsamenmehl kommt aus biologischem Anbau. Der Rohrzucker aus Kuba, Fair Trade, und bei unserer Spezialmischung hier drüben sind noch ein paar Gewürze aus Afghanistan mit drin.«
So geht das also. Mit Tobias spricht er.
»Sehr interessant. Kathi, was meinst du, die müssen wir unbedingt probieren, oder?« »Hm.«
»Also, wir nehmen eine Tüte von der Grundmischung.«
Ich finde ja, dass die Spezialmischung viel interessanter aussieht. Vor allem wüsste ich gern, welche Gewürze das sind. Sicher Zimt, Koriander und solche Leckereien.
»Was genau für Gewürze sind denn
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