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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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doch«, sagte Nanny Ogg.
    »Masken verbergen nur die Gesichter, die man normalerweise sehen kann.«
     
    Niemand achtete auf Agnes. Die Bühne wurde für eine neue Aufführung vorbereitet. Das Orchester probte. Die Tänzerinnen hüpften in der Übungskammer umher. In anderen Zimmern sangen Sänger aneinander vorbei. Niemand schien zu erwarten, daß Agnes an diesem bunten Treiben teilnahm.
    Ich bin nur eine wandernde Stimme, dachte sie betrübt.
    Sie stieg die Treppe zu ihrer Unterkunft hinauf und setzte sich aufs Bett. Die Vorhänge waren noch immer zugezogen, und in der Dunkelheit glühten die sonderbaren Rosen. Sie hatte sie aus dem Abfallkorb gerettet, weil sie so hübsch waren, doch sie bedauerte ihre Präsenz auch. Wenn sie nicht gewesen wären… dann hätte sie glauben können, daß sie sich alles nur eingebildet hatte.
    Nebenan war es völlig still. Agnes sagte sich, daß es eigentlich ihr Zimmer war, daß Christine es sich nur ausgeliehen hatte. Dadurch fand sie den Mut, den anderen Raum zu betreten.
    Dort herrschte ein einziges Durcheinander. Christine war aufgestanden und hatte sich angezogen, um anschließend davonzueilen. Das war die einzige vernünftige Erklärung – wenn man nicht die Möglichkeit in Betracht ziehen wollte, daß ein übereifriger Einbrecher alle Schubladen aufgezogen und geleert hatte. Die Blumensträuße, die Agnes am vergangenen Abend in diversen – manchmal auch improvisierten – Vasen untergebracht hatte, standen noch immer an Ort und Stelle. Niemand hatte sie angerührt, ebensowenig die übrigen, deren Blumen bereits verwelkten.
    Agnes ertappte sich dabei, daß sie darüber nachdachte, ob sie irgendwelche Krüge oder Gläser für sie auftreiben konnte. Sie verabscheute sich dafür. Es war fast ebenso schlimm, wie »verflixt« zu fluchen. Genausogut konnte man sich WILLKOMMEN auf den Rücken schreiben und sich dann vor die Tür des Universums legen. Nein, es machte überhaupt keinen Spaß, einen guten Charakter zu haben.
    Sie ging, um trotzdem nach Krügen und Gläsern zu suchen.
    Der Spiegel dominierte das Zimmer. Er schien immer größer zu werden, je öfter Agnes den Blick auf ihn richtete.
    Na schön. Sie mußte Bescheid wissen.
    Mit klopfendem Herzen tastete sie am Rahmen entlang und entdeckte eine kleine Wölbung, die zunächst wie ein Teil des Rahmens schien. Doch als ihre Finger darüber hinwegkrochen, klickte es, und der Spiegel klappte einige Millimeter nach hinten. Agnes drückte ihn weiter auf. Ein Gang lag dahinter.
    Sie holte tief Luft und schob sich durch die Öffnung.
     
    »Es ist gräßlich!« entfuhr es Salzella. »Damit appellieren wir an die niedrigsten Instinkte!«
    Herr Eimer zuckte mit den Achseln. »Wir schreiben nicht auf die Plakate: Vielleicht wird jemand während der Vorstellung erdrosselt. Aber die Neuigkeiten sprechen sich herum. Die Leute mögen… das Dramatische.«
    »Soll das heißen, die Stadtwache verlangt nicht von uns, das Opernhaus zu schließen?«
    »Nein. Die Wächter meinten, wir sollten wieder Bühnenarbeiter in die Soffitten schicken wie gestern abend. Und sie versprachen, die notwendigen Schritte einzuleiten.«
    »Ich kann mir denken, welche Schritte damit gemeint sind. Sie führen zum nächsten sicheren Ort.«
    »Mir gefällt die Sache ebensowenig wie dir, aber jetzt gibt es kein Zurück mehr. Wir brauchen die Wache. Und abgesehen davon käme es zu einem regelrechten Aufstand, wenn wir das Opernhaus schließen. In Ankh-Morpork findet man großen Gefallen an… Aufregung. Wir sind vollkommen ausverkauft. Die Show muß weitergehen.«
    »O ja«, sagte Salzella spitz. »Möchtest du vielleicht, daß ich beim zweiten Akt einige Kehlen durchschneide? Damit das Publikum nicht enttäuscht ist?«
    »Natürlich nicht«, erwiderte Eimer. »Wir möchten vermeiden, daß noch jemand stirbt, aber…«
    Das Aber hing in der Luft wie der kürzlich verstorbene Dr. Unterschaft.
    Salzella hob die Arme und ließ sie wieder sinken.
    »Ich glaube, jetzt haben wir das Schlimmste hinter uns«, meinte Eimer.
    »Hoffentlich«, brummte Salzella.
    »Wo ist Señor Basilica?«
    »Frau Plinge zeigt ihm gerade seine Garderobe.«
    »Frau Plinge ist noch nicht ermordet worden?«
    »Nein«, antwortete Salzella. »Heute haben wir noch keinen Toten gefunden.«
    »Das sind gute Nachrichten.«:
    »Ja, und es ist bereits zehn nach zwölf«, ergänzte Salzella mit einer Ironie, die Eimers Aufmerksamkeit entging. »Ich hole Señor Basilica zum Mittagessen, einverstanden?

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