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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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damit zu befassen, kam sich vor, als fiele eine Horde von Bestien über ihn her, die ihn innerhalb kürzester Zeit mundtot machten.
    »So lange uns die Medien einigermaßen gewogen bleiben«, so setzte Wettstein seine Gedankengänge in Worte um, »haben wir ein gutes Fundament.«
    »Trotzdem darf es nicht bei Statements und Presseerklärungen bleiben«, forderte jetzt ein Abgeordneter, der, wie einige andere am Tisch, bisher den Gesprächen kommentarlos gefolgt war. »Unsere Kreis- und Landesverbände erwarten energisches Handeln.« Sein Akzent ließ unschwer vermuten, dass er aus dem Ruhrpott kam.
    »Wie ich schon sagte«, entgegnete ihm Wettstein, »du kannst davon ausgehen, dass die Weichen bis zum Jahreswechsel richtig gestellt sind.«
    »Wir müssen schauen«, fuhr der Bayer dazwischen, »dass wir einige Maulwürfe in diese Organisation reinkriegen.« Er überlegte kurz und griff nach einer zweiten Brezel. »Ich will ja net sagen, ›Saboteure‹, aber zumindest ein paar V-Leute für uns.«
    »’n poor Spitzl«, sächselte der Mann aus dem Raum Leipzig und lächelte vielsagend, um es selbstironisch klingen zu lassen. Immerhin wurde er auch in diesem Kreis regelmäßig mit der DDR-Vergangenheit gehänselt, obwohl er zum Zeitpunkt der politischen Wende gerade mal 16 gewesen war.
    »Ihr dürft mir glauben«, beschloss der Vorsitzende die Konferenz, »es wird uns gelingen, diesen Bleibach auszuschalten.«
    »Ausschalten?«, fragte der Niedersachse irritiert. »Du meinst, politisch mundtot zu machen – oder wie soll ich das sonst verstehen?«
    Er bekam keine Antwort.

17
     
    »›Wer Wind sät, wird Sturm ernten‹«, zitierte Häberle sinngemäß aus der Bibel. »Und das andere Zitat heißt: ›Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun‹.«
    Der bärtige Mann mit dem dünnen, grauen Haar nickte nachdenklich. »Ein frommer Mensch womöglich.« Gemeint war der Verfasser des anonymen Drohbriefes, den man nach dem Musical in der Göppinger Stadthalle in der Garderobe in einer Jacke gefunden hatte.
    Kommissar August Häberle hatte den Regisseur dieser Aufführung behutsam mit den Geschehnissen vertraut gemacht. Doch Rüdiger Patzold, der einige Semester Theaterwissenschaften studiert hatte, jetzt jedoch als Pädagoge arbeitete und mehrere Laientheater leitete, blieb gelassen. »Es war eine Aufführung für Schüler und deren Angehörige«, kam er auf das Musical zu sprechen. »Halten Sie es nicht für denkbar, dass sich jemand einen Streich erlaubt hat? Einen Bubenstreich?« Sie saßen sich im rustikal eingerichteten Büro des Regisseurs gegenüber. Das ziemlich abgewohnte Mobiliar ließ keine einheitliche Stilrichtung erkennen und war offenbar lediglich nach Zweckmäßigkeit ausgewählt worden. Moderne Gerätschaften, wie ein Laptop und ein Drucker, wirkten zwischen den prall mit Büchern gefüllten Regalen wie Fremdkörper.
    »Glauben Sie, ein paar dumme Buben kämen auf die Idee, ihre Meinung mit Bibelzitaten kundzutun?«, gab sich Häberle skeptisch und musterte den Mann, den er auf Anfang 60 schätzte. Ein Künstlertyp wie aus dem Bilderbuch, dachte er und überlegte, wie häufig es doch vorkam, dass man mit ein bisschen Menschenkenntnis vom Äußeren auf die Tätigkeit einer Person schließen konnte.
    Patzold zuckte mit den Schultern, deren Ausmaße es durchaus mit jenen Häberles aufnehmen konnten. »Die heutige Jugend ist anders, als wir es in diesem Alter waren«, meinte er. »Außerdem gibt es nicht nur solche jungen Leute, mit denen Sie’s womöglich oftmals dienstlich zu tun haben.« Er verzog sein rundliches Gesicht zu einem Grinsen.
    »Da gebe ich Ihnen recht«, erwiderte Häberle. »Die Jugend ist nicht nur schlecht und dumm. Was uns alle beschäftigt, ist eine Minderheit, die an Dummheit nicht zu übertreffen ist und deshalb aus der Masse der Normalen herausragt und den Eindruck erweckt, alle seien so.«
    »Das haben Sie jetzt aber treffend gesagt, Herr Kommissar. Trotzdem wird es Sie nicht weiterbringen, wenn Sie wissen wollen, wer unser Musical dazu missbraucht, politische Drohungen auszustoßen. Die Jugend ist in ihrer Mehrzahl gescheiter, als wir denken, Herr Häberle. Zumindest jene Jugend, die sich für Kultur interessiert – für gehobene Kultur, meine ich.«
    »Sie halten es also für völlig ausgeschlossen, dass irgendein politisches Motiv dahinterstecken könnte? Ich meine, Bleibach wohnt in Hohenstaufen – und er plant für kommendes Frühjahr offenbar eine Riesenkundgebung

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