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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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wurde schlagartig bewusst, dass es sich nur um eine Person handeln konnte, die vorne um den Lastwagen gegangen war. In einem Anflug von Panik und mit wilder Entschlossenheit riss sie die Tür auf und sprang aus dem Wagen. Zeitgleich war die Person, die den Schatten geworfen hatte, neben der Zugmaschine in ihr Blickfeld geraten. Ein Mann, durchzuckte es sie. Ein großer Mann. Seine Silhouette, die sich von der angestrahlten nassen Straße abhob, ließ auf einen jener Brummifahrer schließen, die sich selbst jederzeit den Weg freiräumen konnten. Typ ›Cowboy der Landstraße‹. Im Bruchteil einer Sekunde versuchte Miriam, die Situation einzuschätzen. Sie hatte dies gelernt und sie wusste sich durchaus zu verteidigen. Der Mann kam breitbeinig auf sie zu, war sicher einen Kopf größer als sie und hinterließ allein durch die Art und Weise, wie entschieden er sich bewegte, den Eindruck, eine Sache schnell und endgültig erledigen zu wollen.
    Miriam fühlte sich durch diesen Anblick provoziert. Schlagartig besann sie sich all dessen, was Lars sie gelehrt hatte. Keine Ängste zeigen, keine Schwäche. Dennoch versuchen, deeskalierend zu wirken. Zu reden und zu beruhigen. Noch aber war gar nicht klar, in welcher Lage sie sich befand. Im Moment stand sie zögernd an der offenen Wagentür.
    Noch fünf, sechs Schritte trennten sie von ihm. Gleich würde er vor ihr stehen. Sie war sich sicher, dass er keine Waffe trug, kein Messer, gar nichts.
    Dann die sonore und kräftige Stimme: »Jetzt pass mal auf, Mädel!« Es klang zischend und gefährlich.
    Allein schon diese Anrede verpasste ihr einen neuerlichen Adrenalinstoß. Jetzt erst recht, sagte ihre innere Stimme. Jetzt erst recht. Was glaubte der Kerl eigentlich, wen er vor sich hatte?

15
     
    Enduro Ollerich war mit weichen Knien heimgefahren. Die Begegnung mit der dunklen Gestalt hatte er noch lange nicht verdaut. Er hatte in den vergangenen Wochen zwangsläufig schon viele seltsame Typen kennengelernt, aber er tat sich im Umgang mit ihnen noch immer schwer. Das war nicht sein Milieu, in dem er sich normalerweise bewegte.
    Von seinem kurzen Besuch bei Konarek in Ulm konnte eigentlich niemand wissen. Und wieso war der Unbekannte nicht einfach in den Übungsraum gekommen, um ihm diesen Speicherstick zu geben?
    Atemlos betrat Ollerich sein großzügig angelegtes Haus am Stadtrand von Göppingen, von wo aus er die Lichter der Stadt vor sich liegen sah. Er zog die Straßenschuhe aus, warf seinen Mantel auf einen Sessel und eilte in den Keller, der ihm als Arbeitsstätte diente. Großformatige Plakate von Bleibach klebten an den Wänden, Aktenordner füllten meterlange Regale, im Flur standen ein Kopierer und in einem kleineren Raum mehrere Computer, die größtenteils in den Standby-Modus geschaltet waren. Er zog sich den gepolsterten Bürostuhl an einen der mit Papier und Schnellheftern vollbeladenen Schreibtische und steckte den Speicherstick in einen Computer.
    Mit einer Mausbewegung weckte er den dunklen Bildschirm zum Leben und rief über den Windows-Explorer den externen Datenträger auf. Sofort zeigte sich unter der Dateien-Aufstellung das Symbol für ein Video.
    Ollerich verengte die Augenbrauen und zögerte einen Moment, als habe er Angst, gleich etwas Schreckliches zu sehen zu bekommen. Schließlich klickte er zwei Mal auf das Symbol, worauf ihm die Software den tonlosen Film vorspielte, der ohne Vorspanntext zu laufen begann.
    Was er sah, während er nervös die Armlehnen umklammerte, war zunächst unscharf und schlecht belichtet. Er konnte es nicht zuordnen. Vermutlich war es eine Wiese, zumindest ein bewachsenes Grundstück, das aus einigen Metern Höhe aufgenommen worden zu sein schien. Der Bildausschnitt wurde langsam größer. Bäume tauchten auf, ein Gartenzaun, schließlich eine Straße, Autos und Häuser, als ginge der Kamerazoom in den Weitwinkelbereich über. Ollerich wurde klar: Das waren keine Aufnahmen von einem Turm oder einem Hubsteiger aus, sondern aus einem fliegenden Objekt. Gewiss jedoch nicht von einem Flugzeug, das so tief niemals über ein Wohngebiet hätte fliegen können.
    Der senkrecht nach unten gerichtete Videoblick, wie man ihn sonst nur von Google-Earth kannte, folgte dem Straßenverlauf und bewegte sich ungefähr in Höhe der Dachtraufe der Häuser.
    Ollerichs Blutdruck stieg, denn mit einem Schlag erkannte er, um welches Wohngebiet es sich handelte. Die Vorgärten waren ihm vertraut, die Sträucher, Hecken und Bäume sowie die

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