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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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liegend, räkelte und über den sich eine leicht bekleidete Dame hermachte, handelte es sich um seinen Kollegen.
    Linkohr wäre am liebsten aufgesprungen und aus dem Büro gestürmt. Musste er sich diese Peinlichkeit antun? Häberle und Baldachin starrten fassungslos auf den weiteren Fortgang des erotischen Liebesspiels. Nach einigen Minuten hatte der Chefermittler ein Einsehen und klickte den schnellen Vorlauf, worauf sich die Bewegungen der beiden Personen im Zeitraffer fortsetzten und die Szene komisch-groteske Formen annahm. Doch keiner der Männer verzog das Gesicht. Die eingeblendete Zeitangabe ließ darauf schließen, dass die Aufnahme 27 Minuten gedauert hatte. Sie endete damit, dass sich die wohlgeformte Dame splitternackt, wie sie jetzt war, von dem gleichfalls entkleideten Linkohr löste und sich in Richtung Kamera bewegte.
    Häberle schaltete das Video ab.
    Linkohrs Puls raste. War dies das Ende seiner Karriere? Er saß zusammengesunken auf dem hölzernen Stuhl. Gleich würde ein verbales Donnerwetter auf ihn einprasseln – mit der anschließenden Suspendierung vom Dienst.
    Häberle schob die Maus beiseite und ließ ein paar Sekunden verstreichen. Baldachin starrte noch immer fassungslos auf den schwarzen Bildschirm.
    »Der Herr Kollege hatte gestern Urlaub«, stellte Häberle sachlich und ruhig fest. »Jemand hat ihn heimlich gefilmt, als er einem privaten Vergnügen nachgegangen ist.«
    Linkohr sah seinen direkten Vorgesetzten hoffnungsvoll an.
    »Die Dame ist uns bekannt. Malinowska heißt sie«, wandte sich Häberle an Baldachin, der offenbar einen Wutausbruch unterdrücken musste. »Das ist die Frau, die von Bleibach angeblich vergewaltigt wurde. Auf mich macht sie hier einen ziemlich professionellen Eindruck.« Er lehnte sich in seinem Bürosessel zurück und verschränkte die Arme. »Ich denke«, fuhr er fort, nachdem der erwartete Widerspruch von Baldachin ausblieb, »unser Kollege wurde im wohlverdienten Urlaub in eine Falle gelockt.« Dann runzelte er die Stirn und sah zu dem vor Angst fast gelähmten Linkohr. »Dass es natürlich nicht gerade geschickt war, sich ausgerechnet mit dieser Person einzulassen, wollen wir jetzt mal nicht diskutieren.«
    »Dilettantisch und dumm«, brummte Baldachin verärgert, ohne Linkohr eines Blickes zu würdigen. »Wie peinlich wird das erst, wenn das Video bei ›Youtube‹ im Internet auftaucht. Und ich wette mit Ihnen, das wird geschehen.«
    Linkohrs schwacher Hoffnungsschimmer schwand. Natürlich würden sie ihn ›aus dem Dienst entfernen‹, wie der Rausschmiss im feinsten Amtsdeutsch hieß. Einen Kriminalisten, der als ›Pornostar‹ im Internet zu sehen war, könnte die Polizei niemals akzeptieren.
    Häberle versuchte erneut, die geladene Atmosphäre zu entschärfen: »Das war wohl ein Amoklauf der Hormone.«
    Baldachin schüttelte verständnislos den Kopf. »Von einem Polizeibeamten erwarte ich, dass er seinen Sexualtrieb unter Kontrolle hat.« Es klang zornig. Linkohr schwieg und wünschte sich vor Scham, im Boden versinken zu können.

88
     
    Georg Sander hatte zum Jahreswechsel eine kurze Zusammenfassung über den Mordfall Seifried geschrieben, dabei auch eigene Erkenntnisse aus dem Gespräch mit Boris einfließen lassen – aber weil er weder von der Staatsanwaltschaft noch von seinen sonstigen Informanten etwas über den aktuellen Ermittlungsstand erfahren hatte, gewann er zunehmend den Eindruck, dass die polizeilichen Recherchen im Sande verliefen. Oder es geschahen im Hintergrund Dinge, die allerhöchster Geheimhaltung unterlagen. Obgleich es Sander ärgerte, dass manche seiner Kollegen regelmäßig an seinen guten Kontakten zu Polizei und Justiz zweifelten. Denn auch er stieß an Grenzen, zumal es die dünne Personaldecke in der Redaktion gar nicht zuließ, sich mit ganzer Kraft nur diesem einen Fall zu widmen. Dies konnten sich nur Journalisten der großen Medien leisten. Von diesen Kollegen wusste er, dass sie oftmals wochen- und monatelang an einer einzigen Geschichte dranbleiben konnten. Sander sog trotzdem alles auf, was er über Bleibach und dessen Aktivitäten las. Ein großes Boulevardblatt hatte Anfang Februar berichtet, er halte sich derzeit in Australien auf, um neue Energie für seine ›Frühlingsoffensive‹ zu tanken. Bereits in sechs Wochen, so stellte Sander fest, sollte auf dem Hohenstaufen die große Kundgebung stattfinden. Dass ihn an diesem Februarvormittag der junge Boris Seifried anrief, um ihm ›etwas Vertrauliches‹

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