Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
trat Brian Munroy nach dem Tod seines Vaters in dessen Fußstapfen. Keiner konnte ihn an Hasstiraden gegen die Makenzies überbieten. Niall ist zwar mit diesem geballten Hass aufgewachsen, aber er ist anders. Hoffentlich hält er zu mir. Hoffentlich!
Was mache ich nur? Eisern schweigen und zulassen, dass man die Makenzies weiterhin bezichtigt, eine feige Mörderbande zu sein? Was, wenn mein Onkel Gordon wirklich nur den Mord an seinem Vater gerächt hat? Und es keinen allein Guten und Bösen in diesem Zwist gibt? Darf ich tatenlos zusehen, wie die Ehre der Makenzies weiterhin in den Dreck gezogen wird? Ist es nicht vielmehr ein Zeichen, dass ich für das Ende dieser Fehde kämpfen sollte? Denn unsere Tochter Isobel trägt doch das Blut beider Familien in sich. Ich habe keine andere Wahl, als Niall die Wahrheit zu sagen und ihn anzuflehen, als Oberhaupt der Familie endlich Frieden mit den Makenzies zu schließen. Mit mir als der vorletzten in Schottland lebenden Nachkommin dieses Zweiges der Familie, denn Isobel ist die letzte. Ich muss es tun, oder soll ich unserer Tochter verheimlichen, dass die verhassten Makenzies auch ein Teil von ihr sind? Möge der Hass uns nicht verschlingen und die Liebe mich beflügeln …
Die Buchstaben tanzten vor Lilis Augen. Gordon Makenzie, hämmerte es wie verrückt in ihrem Kopf. Gordon Makenzie … Das ist nur ein dummer Zufall, versuchte sie gegen ihre aufkommende Panik anzureden, doch tief in ihrem Inneren hegte sie keinerlei Zweifel mehr. Jener Gordon Makenzie war ihr Vater. Und ihr Vater hatte Angus Makenzie, Nialls Großvater, getötet. Das hieße ja … Lili stutzte und wollte den unglaublichen Gedanken nicht an sich heranlassen, doch es half nichts. Sie konnte nicht vor der Tatsache davonlaufen, dass Caitlin ihre Cousine war. Ihre große Ähnlichkeit war also keine bloße Laune der Natur gewesen.
Ein Beben durchlief Lilis Körper. Heiße und kalte Schauer rieselten ihr den Rücken hinunter. Zitternd legte sie das Tagebuch zurück an seinen Platz und fasste den Entschluss, niemals mehr auch nur einen einzigen Blick hineinzuwerfen und ihr Wissen tief im Herzen zu verschließen. Sie wollte es nicht zulassen, dass dieser mörderische Irrsinn ein weiteres Glück zerstörte. Caitlin hatte ihre Ehrlichkeit offenbar mit dem Leben bezahlt. Das sollte ihr, Lili, eine Warnung sein. Und das Schlimme war, sie konnte nicht einmal still und heimlich ihre Sachen packen und verschwinden, denn nun schien es ihr noch unmöglicher als ohnehin, Isobel mit dem Munroy-Clan allein zurückzulassen.
Lili stöhnte laut auf. Es war eine verdammte Herausforderung für sie, die sie Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit über alles schätzte. Und für ihr schnelles Mundwerk, das, bevor sie überhaupt denken konnte, oft aussprach, was sie nicht hätte sagen sollen.
Bei der Vorstellung, was wohl geschehen war, nachdem Caitlin Niall ihre wahre Herkunft verraten hatte, wurde ihr abwechselnd heiß und kalt. Hatte er seine Frau wirklich schnöde im Stich gelassen? Hatte sie sich deshalb das Leben genommen? Weil ihr geliebter Mann sie wegen ihrer Herkunft verstoßen hatte? Plötzlich überkam Lili eine schmerzhafte Sehnsucht, sich in Dustens Arme zu werfen und sich bei ihm auszuweinen, doch diese Gefühle schüttelte sie energisch ab. Keinen einzigen Menschen durfte sie je in dieses Geheimnis einweihen.
Ich muss meine Unterlagen vernichten, durchfuhr es sie panisch. Hastig kramte sie die Papiere aus dem Versteck hervor. Wie gut, dass Mutter meinen Vater bei der Geburt nicht genannt hat, dachte sie erleichtert, als sie die Geburtsurkunde in der Hand hielt. Als sie nach dem Brief ihres Vaters griff, zitterte ihre Hand so sehr, dass er ihr entglitt und zu Boden fiel. Sie hob ihn auf und wollte ihn zerreißen, doch sie konnte es nicht. Ihre Finger wollten ihr einfach nicht gehorchen. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als ihn wieder tief in ihrem Schuh verschwinden zu lassen. Ich werde ihn im Tal von Strathconon draußen in der Natur verbrennen und seine Asche in den Fluss streuen, redete sie sich gut zu. Zugleich spürte sie in ihrem Innern eine Macht, die stärker war als alle Vernunft und die sich dagegen sträubte, das einzige Andenken an ihren Vater zu vernichten.
Mit weichen Knien wankte sie zum Bett und warf sich bäuchlings auf die Decke. Eine Welle von Rosenduft stieg ihr aus den Kissen in die Nase. Ein Duft, der sie noch vor wenigen Stunden wütend gemacht hätte, weil Nialls erste Frau immer und
Weitere Kostenlose Bücher