Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
der Brust. Genauso, wie Isobel es getan hatte.
»Das ist ja schön und gut. Und das freut mich natürlich auch, aber wenn ich ihr etwas befehle, hat sie zu gehorchen.«
»Sie ist doch kein Hund«, entfuhr es Lili, und sie schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund.
»So siehst du es also, wenn ich Gehorsam von ihr verlange? Du willst sie in Watte packen, nicht wahr? Ihr alles durchgehen lassen. Man sieht ja, wohin diese Art der Erziehung geführt hat. Isobel ist ein verwöhntes Gör und hat sich ständig hinter Caitlins Rockschößen versteckt. Weißt du, wie das ist? Wenn deine ganze Autorität zunichtegemacht wird, weil dein eigenes Kind dir ständig auf der Nase herumtanzt?«
»Ich bin nicht Caitlin«, entgegnete Lili kalt.
»Aber du verpäppelst sie ebenso und entfremdest sie mir. Das lasse ich nicht durchgehen, hörst du? Ich erwarte von dir als Mutter, dass wir beide an einem Strang ziehen.«
»Zum letzten Mal! Ich bin nicht ihre Mutter, und das werde ich auch niemals sein, denn sie hatte eine Mutter, an der immer noch ihr ganzes Herz hängt.«
»Verdammt noch mal, ich will, dass sie ihre Mutter vergisst und wir gemeinsam ein neues Leben ohne die Gespenster der Vergangenheit beginnen! Sie soll nicht mehr ständig an Caitlin denken. Ihr Einfluss war nicht immer gut für das Kind, aber das ist jetzt Vergangenheit. Isobel muss wieder eine echte Munroy werden.«
»Eine echte Munroy? Ist sie das denn nicht?«
»Doch, natürlich, aber Caitlin hat sie verdorben und ihr nicht die Erziehung angedeihen lassen, die man in unserer Familie erwartet. Aber bitte lass uns nie mehr darüber reden. Lass uns Caitlin ein für allemal vergessen. Sonst werden wir niemals frei von alledem. Besonders Isobel sollte irgendwann nicht mehr an sie denken. Sie war doch noch so klein, als ihre Mutter starb.« Das klang so, als ob er selbst daran zweifle, dass man einem Kind die Erinnerung an seine Mutter aus dem Herzen reißen könnte.
Lili lag genau das auf der Zunge. Dass es ihm nach dieser Erziehungsmethode niemals gelingen würde, Isobel ihre Mutter vergessen zu machen. Doch stattdessen blickte sie Niall nur lange schweigend an.
»Isobel kann nicht frei sein, solange du es nicht bist«, bemerkte sie schließlich zögerlich.
»Wie meinst du das?«, fragte Niall, während sich die Wut in seinen Augen in pure Hilflosigkeit verwandelte.
»Dich begleitet die Erinnerung an Caitlin auf Schritt und Tritt, doch statt das zu akzeptieren und einen Weg zu finden, um damit fertigzuwerden, versuchst du, deiner Tochter das Gedenken an ihre Mutter auf grausame Weise auszutreiben. Doch das wird dir nicht gelingen. Selbst wenn du auch das letzte Bild vernichtest, das ihr Lächeln zeigt, es nützt nichts. In Isobels Herzen hat es sich eingebrannt.«
»Hast du etwa gelauscht?«
»Ja, ich bin euch nachgegangen und habe einen Teil eures Gesprächs mit angehört. Es hat mir fast das Herz gebrochen.«
Zu Lilis Entsetzen füllten sich Nialls Augen mit Tränen. Sie hatte noch niemals einen Mann weinen gesehen, doch ehe sie sichs versah, hatte Niall sie in die Arme genommen und presste sie so fest an sich, dass sie kaum noch Luft bekam.
»O Gott, du hast recht. Mich verfolgt das Vergangene auf Schritt und Tritt. Aber ich will endlich frei sein davon«, raunte er verzweifelt und fügte hinzu: »Ich habe es gleich gewusst, als ich dich den Gillie Callum tanzen sah. Mit dir an der Seite kann ich es schaffen. Du bist das größte Glück, das mir überhaupt begegnen konnte. Du musst mir helfen …«
Lili befreite sich sanft aus seiner Umarmung. »Niall, ich will dir ja helfen, aber du kämpfst gegen mich, als wäre ich der Dämon, den es zu besiegen gilt. Doch der wohnt in deinem Herzen. Was ist damals geschehen? Warum hat sich Caitlin das Leben genommen?«
Lili betete, er werde endlich reden, doch stattdessen erhob er sich brüsk. Von Schwäche keine Spur mehr.
»Sie war gemütskrank. Das habe ich dir bereits gesagt!«, erklärte er unwirsch.
Lili stieß einen tiefen Seufzer aus. Sie war so nahe daran gewesen, Nialls Innerstes zu erreichen. Was hatte sie falsch gemacht, dass er diese Mauer um sich erneut errichtet hatte? Alle Weichheit war aus seinem Gesicht gewichen. Er wirkte auch nicht mehr wütend, sondern streng und abweisend.
»Gut, ich gebe Isobel die Fotografie ihrer Mutter zurück, die ich ihr fortgenommen hatte. Sie kann sie in ihrem Zimmer aufstellen. Und sie darf den Gillie Cullum tanzen. Und wenn sie Caitlin erwähnt oder
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