Munzinger Pascha
läuft das Schiff in der Pilgerstadt Janbo ein. Als das Schiff fest am Quai vertäut ist, rappelt Werner Munzinger sich auf.
»Steuermann! Warum baden hier so viele Männer im Hafen?«
»Das sind Mekka-Pilger kurz vor dem Ziel. Hier tauchen sie ins Meer ein, um sich von den letzten Sünden reinzuwaschen. Dann verschenken sie ihre Kleider |72| und Schuhe. Als Zeichen der Reinheit wickeln sie ein Stück weißes Tuch um den Leib. Ohne Kopfbedeckung und barfuß laufen sie dann das letzte Wegstück bis nach Mekka.«
»In dieser Hitze?«
»Die meisten tragen schreckliche Verbrennungen und einen schlimmen Sonnenstich davon.«
Werner Munzinger zieht seine Stiefel an und steht auf. Der Steuermann hält ihn am Arm zurück.
»Geh nicht an Land!«
»Wieso nicht?«
»Es könnte für dich gefährlich werden. Janbo ist das Tor zu Mekka und Medina, den heiligen Stätten des Islam. Da sind Christen nicht gern gesehen.«
Werner steckt seine zwei Pistolen in den Gurt und läuft auf wackeligen Beinen zur Strickleiter. »Das ist mir einerlei. Ich will endlich wieder festen Boden unter den Füßen spüren.«
Besorgt blickt der Steuermann der schwarzen Galabiya Werner Munzingers hinterher, die schnell im Gewimmel der weißgewandeten Mekka-Pilger verschwindet. Aber es dauert nicht lange, bis Werner verschwitzt und aufgeregt wieder an Bord klettert.
Die Einwohner sind fast alle mit einem mannshohen soliden Stockbewaffnet, der unten mit Silberfäden verziert ist. Die Beduinen dagegen haben immer Säbel und Lanzen bei sich, und Luntengewehre sind nicht selten. Ich spazierte über den engen, schmutzigen Markt und mußte hören, wie die Kinder schrien: Ist kein Knüttel da, diesen Ungläubigen totzuschlagen?
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Ich tat, als ob ich nichts verstände. Man muß dergleichen gleichmütig zu ertragen wissen, wenn man im Orient reist.
Weiter geht die Reise entlang der arabischen Halbinsel. Werner Munzinger sieht Sklavenschiffe, die junge Negermädchen für die arabischen Harems geladen haben und kräftige Männer für das türkische Heer. Er spaziert über die Märkte, begutachtet Perlen und Schildkrötenpanzer, läßt Kaffeebohnen durch die Finger rieseln, notiert Preise, fragt nach Herkunft und Qualität, kauft da und dort ein Muster und schreibt jeden Abend einen Rapport für Dupont & Cie.
Am 8. September 1853 gerät Arabien außer Sicht. Munzingers Schiff überquert das Rote Meer und erreicht nach zwei Tagen die afrikanische Küste bei Umm-el-Grush (Mutter der Haifische, die hier wirklich sehr zahlreich sind).
Seit über einem Monat ist Werner Munzinger unterwegs, tausenddreihundert Kilometer hat ihn das Schiff südwärts getragen. Noch zwei Wochen Fahrt, dann wird er in Massaua einlaufen, dem Ziel seiner Reise. Aber jetzt schon ist es unerträglich heiß, heißer noch als an der arabischen Küste. Jeden Tag klettert die Quecksilbersäule in Werners Reisethermometer ein paar Millimeter höher, jeden Tag werden die Risse in den ausgetrockneten Lippen tiefer, und die Stiefel passen längst nicht mehr an die geschwollenen Füße.
Am Nachmittag des 26. September ist es soweit: Im Süden tauchen am flimmernden Horizont drei kleine flache Inseln auf, die einen Kilometer vor dem Festland aus dem Wasser ragen. Darauf stehen dreihundert |74| viereckige Strohhäuser mit spitzen Dächern, dazwischen ein paar weißgetünchte Lagerhäuser aus Stein. Das ist Massaua, die wichtigste Hafenstadt Abessiniens. Hierher ziehen seit tausend Jahren die Karawanen aus den Tiefen Afrikas, um Sklaven, Elfenbein, Kaffee und Gold zu verkaufen an die Handelsschiffe aus Arabien, Indien und China. Werner steckt seine Pistolen ein und steigt an Land, bereit, die üblichen Schimpftiraden über sich ergehen zu lassen. Vorsichtig geht er stadteinwärts durch eine staubige Gasse, die Hände wachsam in Pistolennähe. Dicke Kaufleute schnaufen in prächtigen Seidengewändern an ihm vorbei, junge Mädchen kichern unter schwarzen Schleiern, nackte Kinder laufen ihm johlend voraus – aber keiner will ihn totschlagen, niemand schreit nach einem Knüppel, keiner schimpft ihn einen ungläubigen Hund! An einem der Steinhäuser hängt das Firmenschild von Dupont & Cie. Dort wird Werner Quartier beziehen – nur für ein paar Tage, wie er glaubt.
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Express
Hotel Carlton
Kairo, 13. Februar
Liebe Polja,
heute für einmal nichts Wissenswertes aus dem Tierreich, sondern Lehrreiches über die Wunder der Antike. Die Pyramiden von Giseh sehen
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