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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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ertragen.«
    »Schon
gut, Charlie«, sagte Frank freundlich. »Versteh ich doch.«
    »Was ist mit...
?« Ich nickte in Richtung des zerstörten Etwas, das mir die Hosen
vollschluchzte.
    »Mach dir
keine Sorgen, Charlie, ich kümmer mich drum.«
    »Danke,
mein Alter.« Ich drückte schwach seinen Arm. »Danke.«
    Ich wand
mich aus der Umklammerung, ging in mein Zimmer und legte mich im Dunkeln
nieder. Auf Schlaf konnte ich jedoch kaum hoffen. Die tödliche Wirkung des
schauerlichen Films hatte die mich umtreibenden Ängste bis zur Raserei
aufgepeitscht und zudem alte, schlummernde Ängste wieder auflodern lassen: Zusammen
mit den gespenstischen Mächten des Rigbert's attackierten sie mich und stießen
wie Fledermäuse mit flatternden Flügeln von den sich drehenden Wänden auf mich
herab. Ich schlug die Hände vors Gesicht und kauerte mich am Kopfende der
Matratze zusammen. Visionen von Verderben und Verfall peinigten mich: von
Harry, der an den glänzenden Knöpfen seiner Weste herumfingerte; von großen
Krähen, die auf den Kaminen des Hauses hockten; von Bel, die auf dem hilflos
treibenden Golemschiff gefangen war, umzingelt von Pappmachemenschen, die tote
Verse rezitierten und zu Staub zu zerfielen, sobald der Eisberg in Sicht kam
... Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, den Gedanken, dass sie allein dort
war, ganz allein.
    Und so -
obwohl ich wusste, dass ich es am Morgen bereuen würde - griff ich nach dem,
was mir in meiner Verzweiflung als der einzige Rettungsanker erschien, der mir
noch blieb: Ich ging zum Telefon und wählte MacGillycuddys Nummer.
    Es war
schon weit nach Mitternacht, und die Stimme, die sich schließlich am anderen
Ende der Leitung meldete, klang ganz und gar nicht erfreut über die Störung.
»Wer ist da? C, sind Sie das?«
    »Verdammt,
MacGillycuddy, ich bin nicht in der Stimmung für ihre Spielchen. Ich hab Arbeit
für Sie, falls Sie das im Terminplan ihres schleimigen Unternehmens noch
unterbringen können.«
    »Haben Sie
getrunken?«, fragte MacGillyduddy tadelnd.
    »Ja, habe
ich. Wollen Sie mir jetzt zuhören oder nicht?«
    Er gähnte.
»Es geht doch nicht wieder um Frank, oder?«
    »Natürlich
nicht. Wenn es um Frank ginge, dann ... Diesmal ist es was anderes, es geht um
diesen Burschen Harry.«
    MacGillycuddy
gluckste. »Der knallt Ihre Schwester und klaut auch noch die Möbel, richtig?«
    Ich
fluchte stumm, wickelte mir die Telefonschnur um die Hand und zog fest an.
»Diesmal ist es was anderes«, sagte ich noch einmal, wobei ich versuchte, mir
meine Wut nicht anmerken zu lassen. »Bel ist ... Ich mache mir Sorgen wegen
Bel; ihr geht es nicht gut. Und ich glaube, dass dieser Harry was damit zu tun
hat. Sie ist eine zarte Person, müssen Sie wissen. Egal, ich will, dass Sie ein
Auge auf sie haben. Und auf ihn. Kriegen Sie raus, wer er ist und was er will.
Und kein Rumgeeire diesmal. Behalten Sie die beiden im Auge und stellen Sie
sicher, dass da keine krummen Sachen laufen.«
    Aus dem
Hörer kam ein Geräusch, dass sich anhörte, als lutschte MacGillycuddy an seinen
Zähnen. Schließlich antwortete er. »Geht nicht«, sagte er.
    »Wie,
>geht nicht    »Vertraulich«,
sagte MacGillycuddy.
    Ich
taumelte. Ich hatte mit Widerspruch gerechnet. Sogar mit etwas Häme. Aber eine
glatte Abfuhr hatte ich nicht vorausgesehen. Vertraulich: Wer hätte gedacht, dass dieses Wort so grauenvoll zuschlagen konnte? Vertraulich: Das hieß, was für dunkle Ränke auch immer geschmiedet wurden in
Amaurot, MacGillycuddy steckte bis zum Hals mit drin. MacGillycuddy, dessen Auftreten
in der jüngsten Geschichte des Hauses Amaurot ein Omen darstellte, dass nicht
Unglück verheißender hätte sein können als jede schwarze Katze, jeder
kreischende Pfau, jeder zerbrochene Spiegel...
    Selbstredend
stritt ich mit ihm, ich drohte und schmeichelte, ich bettelte, dass er mir
wenigstens sagen möge, wer sein Auftraggeber sei. Er hielt dicht. Er sagte
nur, dass es etwas sei, worüber ich mir keine Sorgen zu machen brauche,
absolut nicht.
    »Que sera,
sera«, sagte er. »Wie es so schön in dem Lied heißt.«
    »Was?«,
flüsterte ich. »Was meinen Sie?«
    »What
will be will be, Mister Hythloday. Wbat
will be will be.« Dann lachte er, es klickte, und die Leitung war
tot.
    Vielleicht
hatte er Recht. Vielleicht hatten sie alle Recht, und ich übertrieb maßlos, und
alles war in bester Ordnung. Mit diesem Gedanken versuchte ich mich zu
trösten. Andererseits hatte es auch

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