Murray, Paul
und fügte
hinzu, dass ich später noch die Kommode polieren wolle - falls ihn das
interessiere.
»Ah ja,
stimmt«, sagte er wieder. Er stand noch einen Augenblick sinnlos da und
trottete dann zurück in die Küche. Ich dachte mir nichts weiter und schaute im
Programmheft nach, was für geistlose Filme es heute im Fernsehen gab.
he got goyim (1992): Die wahre
Geschichte eines sittenstrengen New Yorker Rabbis, dessen Leben auf den Kopf
gestellt wird, als ihn seine Synagoge mit der Aufgabe betraut, ein
Basketballteam aus dem Ghetto zu trainieren.
In diesem
Augenblick klingelte es an der Tür. Ich erwartete niemanden. Ich rief Frank,
der aber nicht antwortete. Ich stellte mir vor, dass ihn das, was diesen
ungesunden Brandgeruch in der Küche produzierte, auf Trab hielt. Grummelnd
stand ich auf und öffnete die Tür, wo ich von einem vertrauten,
ohrenbetäubenden Schrei begrüßt wurde.
»Laura!«,
sagte ich. »Was für eine angenehme Überraschung.«
»Tut mir
Leid, Charles!«, keuchte sie. »Ich vergesse einfach dauernd, dass du diese...«
Sie wedelte erläuternd mit der Hand vor ihrem Gesicht herum.
»Aber das
macht doch überhaupt nichts.« Ich half ihr auf die Beine und hielt ihr die
Handtasche, während sie an ihrem Asthmainhalator nuckelte. »Frank und ich
wollten einen Happen zusammen essen, vielleicht möchtest du ja auch...«
Sie nieste
dankbar und duckte sich unter meinem Arm hindurch in die vielwinklige Wohnung.
»Wow! Das ist ja wirklich...«
»Kafkaesk«,
schlug ich vor.
»Genau, so
irgendwie Laura-Ashley-mäßig.«
Ich nahm
ihr den Mantel ab und fragte, was sie in diese gottverlassene Gegend
verschlagen habe.
»Das war
echt komisch«, sagte sie und lachte silbrig. »Neulich war ich gleich hier um
die Ecke und wollte mir ... Hallo, Frank, los, erzähl du.«
Frank
stand in der Küchentür, seine Lippen zierte ein starres Lächeln von
unbestimmter Bedeutung. Die Schürze war verschwunden, die Schamesröte auch.
Stattdessen hatte sein Gesicht eine aschgraue Farbe angenommen, die
möglicherweise - die Küche hinter ihm war kaum noch zu erkennen - Folge
eingeatmeten Qualms war. Nachdem klar war, dass Frank sich für den Augenblick
auf sein verwirrendes Lächeln beschränken würde, fing Laura an zu kichern und
sagte, dass Frank ihr vor ein paar Tagen zufällig über den Weg gelaufen sei,
als sie sich ihre neue Wohnung ansehen wollte, und dass er gesagt habe, sie
solle doch mal vorbeischauen. »Und da bin ich!«, quiekte sie und schüttelte ihr
Haar.
»Und da
bist du!«, sagte ich. Lächelnd drehte Frank sich um und verschwand in den
Rauchschwaden. »Entschuldige bitte, aber er ist nicht gerade der geborene
Gastgeber. Du nimmst doch einen Drink, oder?«
Ich ging
in die Küche und sagte Frank, dass ich Laura gebeten habe, zum Essen zu
bleiben, wenn er nichts dagegen habe, und dass sie von meinem Essen haben
könne, wenn nicht genug für alle da sei. Ich war mir nicht sicher, ob er mich
gehört hatte, da aus mehreren Pfannen Flammen schlugen und er alle Hände voll
zu tun hatte, die Feuer zu löschen. Ich beschloss, das ihm zu überlassen.
Da wir
anscheinend keinen Wein im Haus hatten, konnte man von Glück sagen, dass
plötzlich wie aus dem Nichts eine ungeöffnete Flasche Rigbert's auf der
Küchentheke stand. Ich nahm die Flasche und drei Gläser und sagte Frank, dass
er sich doch dazusetzen solle, wenn er Zeit fände.
»O mein
Gott!«, sagte Laura lachend, als sie die Flasche sah. »Davon lasse ich besser
die Finger. Beim letzten Mal hatte ich einen totalen Blackout von dem Zeug.«
»Unsinn,
nur einen klitzekleinen Aperitif«, sagte ich. »Du hast mir gar nicht erzählt,
dass du dir eine Wohnung in Bonetown zulegen willst.«
»Die
Preise sind einfach konkurrenzlos günstig«, sagte sie. »Die Wohnungen werden
fantastisch; ich hab mir die Grundrisse angeschaut.«
»Werden?«
»Ja, die
werden erst gebaut. Vorher müssen sie noch diese grässlichen alten Wohnblocks
abreißen. Im Moment sieht man noch gar nichts, nur jede Menge Leute, die da mit
großen Transparenten rummarschieren.«
»Ah,
richtig, ich habe mich schon gefragt, was da los ist.«
»In der
Gegend wohnen einige ziemlich grobe Leute, Charles. Ein paar haben meinen
Makler schon mit Steinen beworfen.«
»Nur?«,
sagte ich.
»Man
sollte meinen, die wären froh drum. Ich meine, die kriegen doch viel schönere
Wohnungen dafür, weiter draußen, fast im Grünen. Die landen ja nicht auf der
Straße.«
»In der
Tat«, sagte ich.
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