Murray, Paul
»Trinken wir auf was Angenehmeres ... chin-chin!«
Ich hatte
Laura seit jener desaströsen Dinnerparty, als ich statt ihrer Bel geküsst
hatte, nicht mehr gesehen. Um die Wahrheit zu sagen, hatte ich es auch nicht
sonderlich eilig gehabt, sie wiederzusehen. Trotzdem wurde es schließlich ein
lustiger Abend. Es war eine ganz neue Erfahrung, eine Frau in der Wohnung zu haben,
vor allem eine von so spektakulärer Schönheit wie Laura. Sie hatte eine ganze
Litanei dreckiger Witze auf Lager, die man ihr alle per E-Mail an ihren
Arbeitsplatz geschickt hatte. Einer war ungeheuerlicher als der andere, und als
Frank schließlich mit drei schwelenden Tellern in einem Wirbel aus Qualm aus
der Küche kam, da japste ich buchstäblich nach Luft.
»Bravo!«,
rief ich aus, klatschte in die Hände und pfiff. »Ein Hoch auf den Küchenchef!«
»Das sieht
fantastisch aus«, sagte Laura.
»Ah,
Charlie, willst du nicht hier im Sessel sitzen?«
»Nein,
nein, alter Knabe, passt schon so, alles bestens.« Ich saß gemütlich
eingekuschelt auf der Couch. Laura saß in seitlicher Position neben mir, ihre
Beine lagen über meinem Schoß, und ihre Zehen - die Schuhe hatte sie vor zwei
Drinks abgeworfen - zappelten über der Armlehne.
Frank
brummte etwas und ließ sich im Sessel nieder, während Laura und ich versuchten,
uns zusammenzureißen und auf das Brandopfer zu konzentrieren. Stumm kauten wir
das undefinierbare Mahl, bis Frank das ruhende Gespräch wieder aufnahm und
nachdenklich sagte: »Wisst ihr, manchmal ist es ganz schön, wenn nur 'n paar
Kumpel da sind, kein großes Tamtam und so...«
Laura fing
plötzlich an zu johlen und strampelte mit ihren senkrecht in die Luft gereckten
Beinen. Frank, der heute Abend irgendwie neben sich zu stehen schien, schaute
mich mit fragender, fast missbilligender Miene an.
»Ich
meine...«, setzte er noch einmal an. »Manchmal, da denkt man, man will sich
jetzt endlich um die wirklich großen Dinge...«
Quiekend
stand Laura auf und verkündete, wenn sie jetzt nicht sofort aufs Klo gehe,
würde sie platzen. Ich wischte mir eine Träne aus dem Auge und klatschte Frank
aufs Knie. »Hat sehr gut geschmeckt, muss ich sagen. Kompliment an die
Feuerwehr. Und was gibt's zum Nachtisch?«
Frank
schaute verdrießlich auf seine Schuhe und gab keine Antwort.
»Warum so
muffelig, alter Junge, du schaust in die Gegend wie sieben Tage Regenwetter.«
Er hob den
Kopf und schaute mich derart fertig und niedergeschlagen an, dass ich mir augenblicklich
wie ein Arschloch vorkam. »Oh, Scheiße«, sagte ich. »Tut mir Lei...«
»Was ist
denn mit Frank los?«, fragte Laura, als sie zurückkam. »Dein Glas ist leer,
Frank ... Los, Charles, gib ihm noch 'n Schluck Rigbert's.«
»Das geht
so, seit Bel ihm den Laufpass gegeben hat«, sagte ich.
»Wirklich?«,
sagte Laura. »Ach Gott, der Arme.«
Frank
hustete und sagte etwas in der Richtung, dass einen echten Mann nichts
unterkriegen könne und...
»Wirklich«,
sagte ich. »Richtig gefühlsduselig. Weint die ganze Zeit, ein Theater ist das.
Fährt an die Küste und starrt raus aufs Meer.«
»Aufs
Meer?«, wiederholte Laura mitleidig. Frank richtete sich ruckartig auf und
fragte, ob wir uns jetzt nicht das Video anschauen wollten. Aber der Rigbert's
hatte mich redselig gemacht. Ich erzählte Laura, auf welch demütigende Weise Bel
nach ihrem Offenbarungserlebnis mit Harry auf dem Dach des Theaters Frank hatte
fallen lassen. »Obwohl der Bursche ganz offensichtlich nichts weiter als ein
Hochstapler ist«, sagte ich. »Ich meine, die Stücke von dem sind doch
kompletter Schwindel. Das letzte hast du ja gesehen. Teuflisch. Man konnte
diese erbärmlichen Figuren ja kaum verstehen; das Ganze sah aus, als führten
irgendwelche Primaten ein Ballett auf. Aber sie ist ihm verfallen, mit Haut und
Haaren. Auf das Desaster können wir warten.«
»Um Bel würde
ich mir keine Sorgen machen«, sagte Laura. »Die kann schon selbst auf sich
aufpassen. Damals hatte die halbe Schule Angst vor ihr.«
»Das
glaube ich gern«, sagte ich trübselig. »Trotzdem, also ehrlich, wenn du ein
paar von den Trotteln gesehen hättest, die sie im letzten Jahr angeschleppt
hat, dann ... Geht nicht gegen dich, Frank, alter Junge.« Ich klopfte ihm auf
die Schultern.
»Vielleicht
solltest du ein Stück schreiben«, sagte Laura.
»Ha, ha«,
sagte ich und schaute sie grollend an.
»Nein,
ehrlich, denk mal drüber nach. Du willst wieder zurück nach Hause, oder? Und,
wer wohnt da jetzt?
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