Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
Vom Netzwerk:
mischte sich wieder unter die Leute.
    »Laufen
ein paar ziemlich wichtige Burschen hier rum, oder, Charlie?«
    »Ein
Illuminati-Cocktail, könnte man sagen.« Ich fragte mich, was Bel von all dem
hielt.
    Etwas
früher waren verschiedene Mitglieder der Rampen- Besetzung
in Aktion getreten und hatten die Gäste bearbeitet: Jedem, der es hören wollte,
hatten sie Zweck und Bedeutung des Theaters erläutert. Auch Bel war da gewesen.
Sie hatte ein champagnerfarbenes Kleid zur Schau getragen und einen Gesichtsausdruck
von derart unverblümter Feindseligkeit, dass nur etwas betagtere Gäste und
solche mit einem Hang zu Kamikazeunternehmungen es gewagt hatten, sie
anzusprechen. Bis jetzt hatte ich es einrichten können, ihr aus dem Weg zu
gehen. Allerdings war mir klar, dass ich nach dem Theater vom letzten Mal gut
beraten war, mit irgendeiner Art von Beistandsbezeugung aufzuwarten. Und so
begab ich mich beim ersten Klingelzeichen für die Zuschauer zu einem schnellen
Abstecher in die Schauspielergarderobe, um ihr meine Aufwartung zu machen. Ein
frostiger Empfang würde auf diese Weise wenigstens durch die Möglichkeit
ausgeglichen, Mirela au naturel zu sehen.
Ich verließ Frank mit strikten Anweisungen, nichts zu zerstören und niemanden
zu attackieren, und ging um die Spülküche herum zur Hintertreppe, die nach oben
zur Garderobe führte.
    Die
Atmosphäre in der Garderobe war angespannt; die Luft war so heiß und
talkumvernebelt, dass man kaum atmen konnte. Vor einem langen Spiegel mit einer
Holzplatte saßen auf Klappstühlen die Schauspieler; über dem Spiegel
leuchteten grell nackte Glühbirnen. Bel saß ganz hinten. Sie drückte eine volle
Tasse schwarzen Kaffee gegen ihr schäbiges Kostüm, hinter ihr stand Harry und
massierte ihr die Schultern. Ich versuchte mich zu ihr durchzuschlängeln, doch
es war, als schwämme ich gegen eine Flutwelle an. Nachdem sie mich einige Male
zurückgeschlagen hatte, zog ich mich auf ein relativ ruhiges Plätzchen neben
der Tür zurück und wartete darauf, dass sich die Chance von selbst ergab. In
der Zwischenzeit starrte ich sehnsüchtig Mirela an (quel
malheur!, schon angezogen), die ganz in der Nähe saß und nicht von
einem, sondern gleich von drei Mädchen belagert wurde, die sie schminkten und
ihr schwarz glänzendes Haar ausbürsteten.
    Von
irgendwo aus dem Getümmel hörte ich Mutters flötende Stimme: »Und, was hat er
gesagt?«
    »Ich glaube,
es ist besser, wenn wir hinterher darüber reden«, sagte Harry affektiert
grinsend.
    »Papperlapapp.«
Mutter blieb hart.
    »Nun ja,
er ist interessiert«, ließ Harry sich entlocken. Als die anderen das hörten und
plötzlich überall aufgeregte Stimmen zu hören waren, wurde Harrys Grinsen
breiter. »Anscheinend hat seine Frau Feuer frei! gesehen,
und wenn ihm gefällt, was er heute Abend sieht, dann ...«
    »Was
dann?« Das Mädchen mit den Haarspangen schlug ihm mit dem Skript
auf die Schulter.
    »Er hat
gesagt, wenn sich was ergeben sollte, ich sage, wenn, dann nur
auf der Basis, dass Telsinor als
einziger Partner des Theaters auftritt, das heißt, mit einem
Rundum-Sponsorship-Paket...« Er quittierte das Johlen und Pfeifen mit einem
bescheidenen Achselzucken und bat dann mit dämpfenden Handbewegungen um Ruhe.
»Ich darf euch daran erinnern, dass wir vorher noch das Stück auf die Bretter
bringen müssen.«
    Alle
lachten. Außer Bel, die Harry gekränkt anschaute. »Ich dachte, wir wollten
keinen einzelnen Sponsor.«
    »Das war doch
nur, weil wir geglaubt haben, dass einer allein das nie machen würde«, sagte
Harry.
    »Nein, ich
dachte, wir wären uns einig gewesen, dass, wenn alles Geld von einem Geldgeber
kommt...«
    »Ach,
Darling, das hatten wir doch alles schon«, schaltete Mutter sich ein. »Die
Regierung hält uns hin; wir können nicht ewig warten. Und wenn wir schon bei
Kompromissen sind, was glaubst du wohl, wie kompromissbereit die Bank ist, wenn
wir einen Kredit aufnehmen und den dann nicht zurückzahlen können? ...
Charles, was schleichst du da herum?«
    »Ich
schleiche nicht herum, ich stehe einfach da, jeder kann mich sehen.«
    »Du sollst
dich doch um die Garderobe kümmern. Hast du etwa diesen armen Schwachkopf da
unten allein gelassen?«
    »Ich
wollte nur eben reinschauen und viel Glück...« Allgemeines Aufstöhnen.
    »Oh,
Entschuldigung, ich meine natürlich Hals- und Beinbruch.«
    »Charles!«
Mutter packte mich fest am Ellbogen und schob mich Richtung Tür. »Zufällig
haben wir heute Abend wichtige Gäste.

Weitere Kostenlose Bücher