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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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Gesicht
verstreuten Blätter einsammelte. Stattdessen schweifte sie in düsteres
Gebrabbel ab, das sich großteils in den Sofapolstern verlor: Eines Tages würde
sie mir schon noch das eine oder andere über Vater erzählen, und dann würden
wir ja sehen, ob das so lehrreich sei. Zu Gelegenheiten wie diesen erging sie
sich gern in ominösen Äußerungen. Also beließ ich es dabei. Ich ging zu meinen
Zimmer und warf, ohne hineinzuschauen, den Packen Papier durch den Türspalt.
Ich zog die Tür zu, hörte das Klicken des Riegels, und sofort beruhigte sich
mein pochendes Herz. Dann ging ich in die Küche und holte den Tee. »Darf ich
fragen, welchem Umstand ich das außerordentliche Vergnügen deines Besuchs zu
verdanken habe?«
    Sie
reagierte nicht. Die schlaffen Hände auf dem Bauch gefaltet, lag sie da und
starrte die Decke an, als suche sie nach Sternbildern. Ich stellte die Tasse
vor ihr auf den Tisch. »Bel, warum bist du gekommen?«
    Nach einer
kurzen Pause sagte sie langsam: »Ich bin ausgezogen.«
    Mein Mut
sank wieder. »Du bist aus Amaurot ausgezogen?«
    »Ich hab's
keine Sekunde länger ausgehalten«, sagte sie. »Keine einzige Sekunde.«

»Aber du
warst doch schon schlafen gegangen«, sagte ich flehentlich und händeringend.
»Als ich gefahren bin, hast du doch schon im Bett gelegen. Was ist passiert,
hat dir einer ein Loch in die Wärmflasche gepiekst?«
    »Ich
konnte nicht einschlafen«, sagte sie. »Die haben so einen Lärm gemacht. Lieder
gesungen und so. Also bin ich noch mal auf einen Absacker nach unten. Danach
ging's mir wieder besser, und ich bin unten geblieben. Ich hab White Russian
getrunken, und als keine Sahne mehr da war, hab ich mir gedacht, mach logisch
weiter und steig auf Black Russian um. Ich bin also in die Küche, um Cola zu
holen. Und dann stand er plötzlich in der Tür.«
    »Wer stand
plötzlich in der Tür? Harry?«
    »Nimm bloß
den Namen nicht mehr in den Mund!« Sie drehte sich auf die Seite. »Ich will
nicht mal den Namen mehr hören. Er ist reingekommen, und anstatt mich in Ruhe
zu lassen, hat er angefangen, auf mich einzureden. Er hat geredet und geredet.
Hat sich entschuldigt, dass er mir nicht früher davon erzählt hat, dass immer
so viele Leute da waren und dass er keine Szene machen wollte, und dass, wenn
wir wirklich was füreinander übrig hätten, keiner den andern besitzen sollte,
und dass das Theater doch viel wichtiger sei als das zwischen uns. Und ich steh
da und hör mir das alles auch noch an, dabei wollte ich mir nur eine Cola
holen. Und plötzlich kommt mir der Gedanke, wie irreal das alles ist, dass das
so eine Art Zeichen ist, wie wenn das Universum mir ein für alle Mal zu
verstehen geben will, hau ab, verschwinde, sofort ...«
    Ich ließ
die Schultern hängen. »Jetzt fang bloß nicht wieder mit deiner Theorie von dem
Haus an«, sagte ich matt. »Ich hab nämlich auch so schon genug zu knabbern, da
muss ich nicht auch noch hören, dass ich eigentlich gar nicht mehr existiere.«
    »Nein,
aber ... na ja, eigentlich doch.« Sie setzte sich auf und schaute mich durch
ihre verlaufene bunte Maske ernst an. »Ich meine, in der Küche hab ich
plötzlich gewusst, dass sich zu Hause nie was ändern wird. Harry ist das eine.
Was ihn angeht, hattest du völlig Recht. Wenn man es genau bedenkt, ist er mit
ihr wirklich besser dran. Die passen zusammen. Aber die simple Wahrheit ist,
dass es gar keine Rolle spielt, ob wir zu Hause ein Theater haben oder nicht.
Das hab ich erkannt, als er da in der Küche auf mich eingeredet hat. An den
Gründen, warum ich immer von Amaurot weg wollte, hat sich nichts geändert.
Daran wird sich nie was ändern. Die gehören nämlich
zum Haus. Und plötzlich war es so, als ob eine Nebelwand aufreißt. Ich konnte
sehen, dass im Grunde alles, was ich gemacht hatte, falsch war. Es hat keinen
Sinn, darauf zu warten, dass sich was ändert. Ich hab ihm also weiter höflich
zugehört und bin, als er fertig war, nach oben gegangen, hab meinen Koffer
gepackt und dann ein Taxi gerufen. Das hätte ich schon vor Jahren machen
sollen. Ich weiß nicht, warum ich es nicht getan habe. Wahrscheinlich hatte ich
einfach Angst.«
    Bel und
ihre Zeichen! Alles musste ein Zeichen sein, nichts konnte ganz simpel das
Ergebnis mangelnder Vorausschau oder schlechter Planung sein. »Du kannst doch
nicht einfach so ausziehen«, sagte ich schwach. »Ich meine, wo willst du denn
hin?«
    Mit großen
Augen, als sei sie überrascht, dass ich mir das nicht denken konnte,

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