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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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mit Sodabrot und Räucherlachs verteilte.
    »So, so,
er ist also immer noch da«, sagte ich.
    »Ja,
Master Charles. Und kommen Sie nicht zu nah an Ihre Schwester, sie hat gerade
viel zu tun.«
    »So, so!
Was hat sie denn so viel zu tun?«
    »Ich weiß
nicht. Sie steht früh auf, sagt, wo sind bitte Rühreier, ich muss noch
vorbereiten...«
    »Vorbereiten?
Was vorbereiten?«
    »Ich weiß
nicht, Master Charles, aber sie hat viel - wie sagt man - Stress?«
    »Sekunde,
Mrs P - diese Unterhose, wem gehört denn die?«
    »Unterhose,
Master Charles? Wo ist Unterhose?«
    »Na da,
die da aus dem Wäschekorb raushängt.« Wie konnte sie die nicht sehen? Das war
die größte Unterhose, die ich je gesehen hatte.
    »Oh, die.«
    »Die
gehört ja wohl nicht Frank, oder?« Der Gedanke, dass sich Franks Leibwäsche mit
meiner vermischte, gefiel mir gar nicht.
    Mrs P rieb
sich langsam das Kinn. »Nein, Master Charles, das ist ... Geschenk.«
    »Ein
Geschenk?«
    »Ja,
Master Charles«, sagte sie und nickte. »Für Sie, die habe ich gekauft für Sie.«
    Wie viel
Buße für gestern Abend wollte sie denn noch tun? Konnte sie die Sache nicht
einfach vergessen? Das hatte ich vorhin gemeint, als sie mir ein bisschen
zerstreut vorkam. Außerdem: In diese Unterhose passten bequem drei oder vier
Charlese. »Das ist wirklich rührend, Mrs P, aber ich glaube wirklich nicht,
dass Sie mir Geschenke machen sollten. Und Unterhosen habe ich auch jede
Menge.«
    »Ja,
Master Charles, aber ich bin in Geschäft, und da sehe ich Sonderangebot. Und
ich denke, das ist gut für Master Charles, und dann sehe ich, zu groß...«
    »Ja, ja,
schon gut. Macht ja nichts, Sie können sie ja wieder zurückbringen. Später.«
    »Später,
ja, Master Charles, ich bringe zurück.«
    »Das wird
wohl das Beste sein. Trotzdem, vielen Dank.« Die letzten Worten gingen ins
Leere, da sie sich samt Tablett schon davongemacht hatte.
    Was immer
sie taten, Bel und Frank verhielten sich fast den ganzen Morgen ruhig, und ich
hielt mich an die Bedingungen unserer Abmachung und forschte nicht weiter
nach. Als ich einmal an ihrer Tür vorbeikam, schnappte ich jedoch ungewollt ein
paar Brocken auf, in denen Frank über eine Gräfin sprach. Ich fragte mich, wozu
Frank sich mit Gräfinnen herumtrieb und ob es sich dabei um eine handelte, die
ich kannte, und ohne dass ich die Absicht gehabt hätte zu lauschen, blieb ich
ein paar Sekunden stehen. Die Unterhaltung drehte sich dann jedoch um einen
Gerichtstermin, was mir eher zu Frank zu passen schien, worauf ich meinen Weg
fortsetzte.
    Nach
meinem frühen Tagesbeginn verspürte ich einen ungewöhnlichen Tatendrang. Ich
verbrachte eine ertragreiche Stunde am Klavier und arbeitete an der Überleitung
für ein Lied, das ich gerade komponierte. Es trug den Titel »Immer nur du«.
     
    Du sagst,
alles ist aus,
    und ich
sag, dass ich dich versteh,
    du weinst,
alles ist aus,
    ich nehm
deine Hand, dann geh...
     
    Ich weiß, du musst frei sein,
     aber ich kann nicht allein sein,
    es wird verdammt hart ohne dich,
     Und deshalb sing ich ...
     
    Immer nur
du,
    wie
Kaugummi am Schuh,
    wie
Fliegen auf der Kuh, wie ein Tattoo,
    wie im
Hals ein Kloß, du wirst mich nicht los,
    oh,
Darling, immer nur du.
     
    Zugegeben,
das waren nur Fingerübungen. Das Double Feature, bei dem ich gestern Abend
eingeschlafen war, hatte mich jedoch wieder an ein altes Projekt von mir
erinnert. Ich ging in mein Zimmer und durchwühlte das Chaos unter meinem
Davenport-Sekretär, bis ich den alten Schuhkarton fand. Darin befand sich,
umwickelt von einem ausgeleierten Gummiband, ein dicker Packen mit
biografischen Artikeln, Rezensionen, Ausschnitten aus
Hollywood-Klatschblättern, Presse- und Standfotos - alle Gene Tierney
betreffend, ihr Leben und ihr Werk. Ohne zu wissen, warum, hatte ich diesen
Wust über einen langen Zeitraum zusammengetragen. Gene Tierney hatte etwas,
das sie von anderen unterschied, das zu mir zu sprechen schien. Mehr als alle
anderen ihrer Zeitgenossen schien ihr Leben verwoben mit dem eigentlichen,
nicht greifbaren Wesen von Kino. In jedem Detail lag etwas Märchenhaftes oder
dessen Gegenteil. Je mehr Filme ich sah, je mehr Ausschnitte ich sammelte,
desto mehr verspürte ich den unbestimmten, nagenden Wunsch, etwas für sie zu
tun - etwas zu schreiben, etwas zu unternehmen oder wenigstens diese Fragmente
in irgendeine sinnvolle Ordnung zu bringen.
    Sie war
siebzehn, als sie entdeckt wurde - und zwar, wie nach einem Hollywood-Drehbuch,
hinter den

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