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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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irgendwelche Geschichten aufzutischen, in
der Hoffnung auf ein bisschen Kleingeld. Manche reagierten nicht auf das
Anstoßen, und wir mussten sie auf den Rücken drehen, damit wir in ihre
verdreckten Gesichter sehen konnten, um sicherzugehen, dass wir nicht Droyd vor
uns hatten. Die schiere Menge dieser elenden Menschen war unglaublich. Als wir
zurück zur Grafton Street gingen, fiel mir auf, dass diese Menschen schon
immer hier gewesen waren, dass sie hier schon immer ihre drogenverseuchten
Leben gelebt hatten. Sie kauerten vor Geldautomaten auf dem Boden, lungerten in
verdächtig aussehenden Gruppen um Mülltonnen herum, redeten wirr auf hastig
vorbeieilende, sich taub stellende Angestellte ein oder geisterten einfach mit
starrem Blick herum, hielten Plastikbecher von McDonald's in der Hand oder
Pappschilder, deren Botschaften von Rechtschreibfehlern wimmelten.
    Es ging
nur langsam vorwärts, und es war schmerzlich. Je länger der Tag sich hinzog
und unter jedem weiteren Berg Müllsäcke eine weitere menschliche Gestalt
auftauchte, desto unwahrscheinlicher kam es mir vor, dass es überhaupt noch
jemanden gab, der nicht auf die eine oder andere Art durchs Raster gefallen
war. Meine Sicht der Stadt glich allmählich dem Blick auf ein Zeitungsfoto aus
nächster Nähe: Man sieht nur noch eine unendlich große Fläche mit
bedeutungslosen Punkten; die Existenz des Fotos vergisst man völlig. »Hier ist
er nicht«, sagte Frank düster.
     
    Wir gingen
langsam zu den Kais zurück und nahmen von dort den Bus nach Bonetown. Wir saßen
auf dem Oberdeck. Frank starrte geradeaus und machte die gleichen
Kleintiergeräusche, die er machte, wenn er seinen Lottoschein ausfüllte.
    Laura
hatte sich den Tag freigenommen und war für den Fall, dass Droyd auftauchen
sollte, in der Wohnung geblieben. Doch außer ein paar Anrufen des Hausbesitzers
hatte sich nichts getan. »Eigentlich weiß ich gar nicht, was er wollte«, sagte
sie. »Aber er war echt sauer. Hat dauernd was gebrabbelt, dass er sich von
schmierigen Großstadtschwuchteln nicht zum Affen machen lässt und so.«
    »Ach,
scheiß drauf«, sagte Frank und ließ sich in den Sessel fallen. »Scheiß auf den
Wichser.«
    »Wenn ich
bloß die Kaution schon wiederhätte!« Sie errötete plötzlich. »Diese blöde
Immobilienmaklerin will das Geld nicht rausrücken, Frank!«
    »Das
passt«, sagte Frank mit leerer Stimme. »Und ob das passt. Jetzt sind wir
endgültig am Arsch.«
    Ich
schüttelte fatalistisch den Kopf. »Plus ca change«, sagte ich. »Plus c'est la meme chose.«
    »Könntest
du bitte einmal, Charlie, dein Scheißfranzösisch bleiben lassen?«
    »Sicher«,
sagte ich verständnisvoll. »Kein Problem.«
    Es gab
nichts mehr zu tun für mich.
    Es gab
hier eindeutig nichts mehr zu tun für mich. Und die Zeit schritt voran. Ich
empfahl mich ruhig, ließ den wie hypnotisiert in die Gegend stierenden Frank
sitzen und ging in mein Zimmer, um mich für den Abend umzukleiden. Ich kämpfte
gerade den üblichen Kampf mit meiner Fliege, als es an der Tür klopfte. Es war
Frank. Er hielt einen Holzknüppel in der Hand.
    »Ich weiß,
wo er ist«, sagte er.
    »Ach?«,
sagte ich und zog den Knoten wieder auf. »Laura, kannst du mir mal eben mit dem
Ding hier helfen?«
    »Er ist
bei Cousin Benny«, sagte Frank. »Sicher. Das ist der einzige Laden, wo er noch
sein kann.«
    »Ah, der
berüchtigte Cousin Benny.« Laura hielt mein Kinn hoch und zupfte den Kragen
gerade. »Grüß ihn schön von mir, wenn du ihn sehen solltest. Und er braucht
sich nicht weiter den Kopf zu zerbrechen - wegen dem Überfall, mein ich...«
    »Charlie«,
sagte Frank. »Ich brauch dich dabei.«
    »Mich?«,
sagte ich.
    »Ich kann
da nicht alleine hin. Das ist 'ne üble Ecke, da brauch ich Verstärkung.«
    »Ich würde
dir ja gern unter die Arme greifen, alter Junge, aber ich kann einfach nicht.
Ich muss zu der Dinnerparty, Mutter kriegt Zustände, wenn ich zu spät komme«,
sagte ich weinerlich. »Ist schon schlimm genug, dass ich keine Tischdame mitbringe
...« Warum, zum Teufel, wollte er mich überhaupt dabeihaben? Hatte er keine
Ahnung von meiner Bilanz bei derartigen Händeln? Und was, bitte schön, verstand
man in Bonetown unter einer üblen Ecke? Während Laura mir die Schleife band,
schaute sie mir mit ihren kühlen grünen Augen mitten ins Gesicht. »Scheiße«,
sagte ich.
    »Genau«,
sagte Frank und ging entschlossenen Schritts durch die Tür. Laura zog die
Fliege fest, und dann spürte ich, wie mir etwas in

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