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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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dieses Klopfgeräusch.
    »Habt ihr
Mäuse hier oben? Sehr große Mäuse?«
    An der
Kante der Luke blieb sie kurz stehen, als wolle sie sich über etwas klar
werden. »Nein, keine Mäuse«, sagte sie.
    »Was
dann?«
    Sie wandte
sich halb zu mir um; ihr kobaltblauer Blick bohrte sich in meine Augen, dann
zog sie den Rock hoch. Erst dachte ich, sie wolle einen Knicks machen, doch
dann sah ich, dass anders als das rechte Bein, das braun gebrannt und kräftig
war, das linke direkt unterhalb des Knies endete. Grobe Stahlbänder verbanden
den Stumpf mit einer klobig wirkenden Prothese.
    »Oh...«
    »Noch was,
das ich im Laufe der Jahre mitgekriegt habe«, sagte sie. »Eine Bombe. Oder eine
Mine. Kann mich nicht erinnern. Ich bin aufgewacht und hab das da gesehen.«
    »Tut mir
Leid«, sagte ich schwach. Aber da kletterte sie schon hastig die Stufen
hinunter. Ich stieg schnell hinter ihr her, drückte mich an dem Klavier vorbei
und stand unten an der Türöffnung Frank gegenüber.
    »Alles
paletti?«, sagte Frank.
    »Hier
rüber! Schnell!« MacGillycuddy kauerte hinter einem Dickicht aus Büschen und
jungen Bäumen und winkte uns zu. Die Angst und Dringlichkeit, die bis jetzt
noch in uns geschlummert hatten, erwachten plötzlich. Das Mädchen klammerte
sich an meinen Arm, und gemeinsam hasteten wir über den Rasen. Der Himmel hatte
sich verdunkelt, der Wind war stärker geworden. Er riss an ihren Haaren und
grabschte nach meinen Wangen wie ein riesiger, unförmiger Säugling. Wir warfen
uns neben MacGillycuddy auf den Boden.
    »Sind wir
hier sicher?« Ihre Brust hob und senkte sich heftig, während sie nach Luft
schnappte.
    »Keine
Angst, wenn's ums Abhauen geht, sind wir bei Mac-Gillycuddy richtig. Hab ich
Recht, MacGillycuddy?«
    Er tat so,
als hätte er mich nicht gehört, und wandte sich an das Mädchen. »Ich hab Sie
hoffentlich nicht erschreckt, als ich so laut geschrien hab«, sagte er mit
serviler Stimme. »Ich war etwas überrascht, dass Sie noch da oben waren. Ich
hab gedacht, Sie wären schon lange weg.«
    »Moment
mal«, sagte sie, wobei ihre Augen blitzten. »Wie lange wissen Sie schon, dass
da eine Bombe versteckt ist?«
    »Nun ja,
ich hab sie selbst da platziert. Haben Sie meine Nachricht nicht gelesen?«
    »Das waren Sie? Sie haben die Bombe im Turm versteckt?« Ihre Stimme
wurde schriller, sie fuhr MacGillycuddy mit ziemlich beängstigender Wildheit
an. »Und, hatten Sie vor, mir Bescheid zu sagen?«
    »Ich hab
Ihnen Bescheid gesagt«, verteidigte sich MacGillycuddy, der den Kopf einzog,
als sie sich drohend über ihn beugte. »Ich hab überall Post-its hingeklebt, die
waren ziemlich deutlich. >Achtung, bombe !< und >Hauen Sie ab, explosion um 2.oo Uhr nachts!< Ich
versteh nicht, wie Sie die übersehen konnten.«
    »Post-its?«
Die funkelnden Augen schauten jetzt mich an.
    »Das sind
so selbstklebende Notizzettel«, sagte ich. »Was anderes, MacGillycuddy ... Sie kennen das Mädchen?«
    »Nicht
intim«, sagte MacGillycuddy großmäulig.
    »Ich
meinte, ob Sie wussten, dass Mrs Ps Kinder in dem Turm waren?«
    »Er hat
meiner Mutter Briefe gebracht.« Das Mädchen war drauf und dran, ihn in Stücke
zu reißen. »Von uns. Heimlich. Und als wir dann hierher gekommen sind, da hat
er für meine Brüder falsche Papiere besorgt, für Geld.«
    »Tja also,
um Ihre Frage zu beantworten...«
    »Ach,
halten Sie doch Ihr Maul!« Die Erkenntnis seines Doppelspiels brodelte wie
heißer Dampf zwischen meinen Ohren. »Ich meine, als ich zu Ihnen gekommen bin
und Ihnen erzählt habe, dass jemand Möbel aus dem Haus schafft, da...«
    MacGillycuddy
sah nun entschieden wie ein in die Enge getriebenes Tier aus. »Ich frage mich,
wie Frank vorankommt«, sagte er hastig, stand auf und schaute angestrengt in
die Dunkelheit.
    »Wechseln
Sie nicht das Thema ... äh, was macht Frank eigentlich hier?«
    »Er meint,
dass er die Bombe entschärfen kann«, sagte er. »Ich musste ihnen alles sagen,
Charlie, ich wusste ja nicht, was mit Ihnen war.«
    »Also
deshalb hatten Sie sich oben unter dem Bett versteckt«, sagte ich. »Was
anderes, warum entschärfen Sie die Bombe
eigentlich nicht? Schließlich war es Ihre Idee, meinen Plan zu ruinieren.
Außerdem ist das Ihre Scheißbombe.«
    MacGillycuddy
bohrte mit dem kleinen Finger in seinem Ohr. »Ist eine Sache, das Ding zu
bauen«, sagte er und inspizierte das Ergebnis seiner Bohrung. »Es wieder
abzuschalten, ist eine völlig andere Geschichte.« Er legte die Hand an den Mund
und brüllte: »Hab

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