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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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nächste Linie Lazarus taufen,
ha, ha...«
    »Dad?« Ich
zog an seiner Hand.
    Überrascht
schaute er nach unten. Der weiße Hemdkragen unter seinem roten Gesicht war ihm
viel zu eng. »Wie ist die Brioche?«, fragte er.
    »Okay«,
sagte ich und biss schnell ein Stück ab, weil ich in derselben Sekunde merkte,
dass ich am liebsten weinen würde.
    »Alle
Caterer gehören erschossen.« Er lachte, und sein Gesicht wurde wieder straffer.
»Hast du das Tennisspiel gesehen heute? Den Lendl? Der kann was, he?«
    »Ja, aber
Boris Becker schlagt ihn sicher.«
    »Boris
Becker! Jetzt hör mal zu, mein Junge, an dem Tag, an dem ein rothaariger
Deutscher ... ein rothaariger Deutscher, schon das passt ja vorn und hinten
nicht zusammen ... Also, an dem Tag, an dem ein rothaariger Deutscher Wimbledon
gewinnt, fress ich höchstpersönlich einen Besen. Deutsche können nicht auf
Rasen spielen. Die sind zu analytisch. Auf Gras gewinnen nur Künstler. Pancho
Gonzales, hast du den mal spielen sehen? Das war einer! Eine Augenweide. Darum
geht's doch letztlich. Oder nimm Cricket. Wer ist der größte Werfer aller
Zeiten?«
    »Weiß
nicht. Underwood?«
    »Für das
ungeübte Auge vielleicht, aber wenn du einen wahren Könner suchst, dann musst
du zurückgehen bis zu Rhodes. Hat über viertausend Punkte gemacht; er hatte
diesen komischen Effet drauf, er ... los, komm, ich zeig's dir.« Er nahm mich
an der Hand und ging mit mir hinaus in die Halle. »> Das Unrecht
der formlosen Dinge ist ein Unrecht, das kein Wort beschreibt. < Weißt
du, wer das gesagt hat?«
    »Yeats?«
    »Sehr gut,
mein Junge.« Er war beeindruckt. Wir gingen zur Haustür. »Mist, es regnet! Was
soll's, wir brauchen sowieso nur eine Minute, deine Schuhe hast du ja an,
oder?«
    Verwirrt
folgte ich ihm die Eingangsstufen hinunter auf den Rasen. Während ich zitternd
im nächtlichen Nieselregen stand, baute er hektisch aus zwei Weinflaschen und
einem Frisbee ein Tor auf. Dann lief er ins Haus zurück und holte Schläger und
Ball. »Hier ist die Linie, okay?« Er kratzte mit den Absatz eine schlammige
Markierung in den Rasen. »Du schlägst als Erster. Und jetzt pass auf, so, sagen
die Leute, hat's der alte Rhodes immer gemacht...«
    Er hängte
sein Jacket an den Seitenspiegel eines Autos und startete einen langen,
hüpfenden Lauf. Als er sich umdrehte und den Arm in weitem Bogen
herumschleuderte, schoss ihm der Hemdsärmel den Arm hoch. Der Ball verließ
seine Hand. Ich schüttelte mir die Müdigkeit und das Bizarre der ganzen
Situation aus den Augen, hielt mir das Schlagholz schützend vor die
Schienbeine, als plötzlich direkt vor mir der Ball auftauchte...
    »Bravo!«
Beifall klatschend lief Vater zu mir zurück. »Gar nicht schlecht! Jetzt bist du
dran.«
    Ich hatte
den Ball aus dem Unterholz geholt und wollte gerade zu meinem Lauf starten, als
in der Tür eine Silhouette auftauchte und sich danach erkundigte, was genau wir
eigentlich da täten.
    »Wir
führen gerade eine sehr wichtige philosophische Debatte«, sagte Vater. »Wir
stellen ein paar Dinge richtig.«
    »Wäre es
zu viel verlangt, wenn ihr das im Haus erledigen könntet?«, sagte Mutter mit
eisiger Stimme.
    »Eine
Minute noch.«
    Mutter
nahm den Arm vom Türsturz und drückte ihn fest gegen die Brust. »Die Leute
fragen schon nach dir«, sagte sie und fügte hinzu: »Dein Gast kommt sich
sicher sehr verlassen vor.«
    »Los,
Charles, zeig mir, was du draufhast.« Er winkte mir zu, er wollte den Ball.
Gehorsam lief ich los.
    »Wir
wollen ihr doch keinen Anlass zum Stirnrunzeln geben oder
ihre lukrative Karriere gefährden«, sagte Mutter in bösartigem Singsang. »Was
wohl deine Versicherungsgesellschaft dazu sagen würde?«
    »Herrgott
noch mal!«, brüllte er und drehte sich zu ihr um. Die Fliege hing
schief unter seinem Kinn. »Eine Minute, hab ich gesagt. Siehst du nicht, dass
ich mit dem verdammten Jungen spiele?«
    Mutter
trat mit dem rechten Fuß auf die nächstuntere Stufe und schrie: »Nicht mal das
kannst du richtig machen. Wochenlang sprichst du kein einziges Wort mit dem
Jungen und dann hältst du ihn die halbe Nacht auf Trab, bloß weil du auf einmal
väterliche Gefühle bekommst.« Sie zuckte zurück, als er das Schlagholz in ihre
Richtung schleuderte. Es landete auf dem Kies und schlitterte unter ein Auto.
Mutter wirbelte auf dem Absatz herum, stapfte zurück ins Haus und schlug die
Tür hinter sich zu. Ich holte das Schlagholz und wartete. Vater stand unter
einem Baum und rieb sich die

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