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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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trompe l'ceil, das das
Licht von den Falten wegreflektiert oder so. »Dein Vater ist ein Genie«, sagten
sie zu mir. »Wie geht's Yves denn so?«, fragten sie meinen Vater. »Wie immer,
bläst Trübsal«, sagte Vater mit einem leichten Seufzer. Dann kreischte jemand
von der Terrassentür, »Der Beaujolais ist da!«, und alle drängelten los,
während Vater und ich allein zurückblieben und ihren Rücken hinterherschauten.
    »Nun?«,
sagte er zu mir. »Lektion kapiert?«
    »Was?«,
sagte ich. »Ah ... wie bitte?«
    »Sieht
nicht so aus, als würdest du dich prächtig amüsieren.«
    »Mmm.«
Weil ich seine Gefühle nicht verletzen wollte, versuchte ich, meine Worte
sorgfältig zu wählen. »Kommt mir nicht so vor, als wär das ein so tolles Fest.«
    »Nicht
wahr.«
    »Es gibt
gar keinen Kuchen«, merkte ich an. »Noch nicht mal Stühle. Und keiner hat ein
Geschenk mitgebracht.«
    »Ich war
jetzt lieber im Bett, wenn du mich fragst.«
    »Dad ...
was wollen die alle?«
    Vater
lachte sein lautes, schmetterndes Lachen, über das Mutter sich ständig
beklagte. »Das ist eine gute Frage, mein Alter. Sehr gute Frage. Was also
wollen sie?« Er trank einen Schluck Wein. »Also ... was du hier siehst, ist ein
Raum voll mit sehr wichtigen Menschen. Und was wichtige Menschen mehr als alles
andere auf der Welt mögen, ist, dass man ihnen das Gefühl gibt, dass sie
wichtig sind. Was machen sie also? Sie gehen auf Feste wie das hier, wo sie
andere wichtige Menschen treffen, mit denen sie über wichtige Dinge wichtige
Gespräche führen können, damit sie sich alle zusammen wichtig vorkommen. Ob sie
sich amüsieren? Weiß ich nicht. Ich glaube nicht, dass sie es selber noch
wissen. Sie werden mit der Zeit so wie die Pfauen draußen im Park - glaubst
du, die amüsieren sich?«
    »Weiß ich
nicht«, brummelte ich.
    »Natürlich
nicht. Sie stolzieren herum und zeigen sich gegenseitig ihre Federn - was für
eine Art Amüsement soll das denn sein?« Vater leerte sein Glas mit einem Zug,
dann stand er auf, runzelte die Stirn und sammelte sich. »Die Sache ist die,
Charles, also ... die Sache ist die, alter Knabe, dass, egal, was man euch in
der Schule erzählt - und es ist natürlich sehr wichtig, dass man in der Schule
aufpasst und sich anstrengt und so viel lernt wie man kann ... Hörst du mir
zu?«
    »Ja, Dad.
Aber jetzt sind grade Ferien.«
    »Ja,
natürlich, sicher, braver Junge ... äh, wo war ich? Ach ja ... Die Sache ist
die ... die Welt ist kein Swimmingpool, wo jeder im selben Wasser rumplanscht,
äh, mit Klamotten natürlich. Es sieht vielleicht so aus, aber in
Wirklichkeit...« Er hob zur Betonung einen Zeigefinger, so ruckartig, dass er
fast das Gleichgewicht verloren hätte. »In Wirklichkeit gibt es noch einen zweiten Swimmingpool,
einen winzig kleinen, und die Leute, die da drin sind, das sind die, die...« Er
winkerte mir bedeutungsvoll zu. »Es ist... wie heißt noch mal dieser Typ in Flash
Gordon, der Böse?«
    »Ming der
Gnadenlose?«
    »Genau,
der. Also, schau dir die Leute hier an. Man könnte meinen, dass ist bloß eine
Bande alter Tattergreise, aber alle zusammen schmeißen sie den ganzen Laden,
so wie Ming das in ... wie heißt das noch mal, wo die leben?«
    »Mongo.«
    »Genau,
Mongo. Also, wie gesagt, obwohl das hier wie eine Party aussieht, wo man sich
vielleicht ein bisschen amüsieren kann, ist das eigentlich doch mehr Arbeit,
weil nämlich hier all die Leute aus dem kleinen Swimmingpool ihre Deals machen
und ihre Entscheidungen treffen. Also ist es wichtig, dass wir nett zu ihnen
sind, nett und höflich, und dass wir ihnen zu essen geben. Einer Frau wie
deiner Mutter liegt das im Blut. Sie ist in einem Haus wie diesem hier
aufgewachsen, mit all den Großen und Mächtigen, die...«
    Ich hatte
Vater noch nie so reden hören. Es war ein bisschen so, wie wenn der Babysitter
einen aufbleiben lässt, damit man sich den Horrorfilm anschauen kann - zu
merkwürdig und gruselig, dass es einem richtig Spaß machen würde, aber fraglos
auch eine einzigartige Gelegenheit. Also hält man den Mund und passt auf, dass
man nicht auffällt. Er sprach zwar mit lauter und keuchender Stimme, aber sein
Vortrag wurde immer unverständlicher, und sein Gesicht fiel immer mehr
auseinander. »... immer nur rumplanschen ... spinnen sich was zusammen von
einem Traumland mit Beaujolais und diesem widerlichen Käse und müllen jeden
Nichtsahnenden damit voll ... Weiber, die Cremes und Wässerchen schnorren ...
Scheiße, ich sollte meine

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