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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 3)
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nur noch ein
ausländisches Paar da und brütet über einer Landkarte; hinter der Kasse leert
ein gelangweilt wirkender Asiate Münzen aus Plastiktütchen aus.
    »Wenn einen solche Dinge umtreiben«, sagt er, »ist es
manchmal nötig, sie zum Abschluss zu bringen. Zu begreifen, was geschehen
ist, und möglichen offenen Fragen nachzugehen. Antworten auf offene Fragen zu
finden, hilft einem oft weiter.« Er räuspert sich. »Und wenn dir das schwierig
vorkommt oder gar gefährlich, dann sollst du wissen, dass es Menschen gibt,
die bereit sind, dir zu helfen. Die dich hindurchschleusen werden. Verstehst du
mich?«
    Ruprechts Blick schießt zu ihm hoch, versucht ihn
auszuloten.
    Howard sitzt wie auf glühenden Kohlen. Schließlich bricht
er erneut das Schweigen. »War es das, die offenen Fragen, worüber du mit mir
reden wolltest?«
    Der Junge holt tief Luft. »Sie haben einen Wissenschaftler
erwähnt«, sagt er mit heiserer Stimme. »Als wir in dem Park waren, haben Sie einen
Wissenschaftler erwähnt, einen Pionier auf dem Gebiet der elektromagnetischen
Wellen.«
    Einen Moment lang steht Howard völlig auf dem Schlauch.
Wovon redet er da? Ist das eine Art Code?
    »Sie haben gesagt, er hätte herausgefunden, wie man -«,
Ruprecht spricht im Flüsterton weiter,»- mit den Toten kommunizieren kann.« Seine Augen
blinken verzweifelt; und endlich fällt bei Howard der Groschen. Ruprecht hat
keine Ahnung, was den Trainer oder irgendwelche Missetaten angeht, er hat nicht
vor, irgendwen vor Gericht zu bringen; all das bleibt in Howards Kopf hinter
Schloss und Riegel. Die Enttäuschung trifft ihn wie ein Hammerschlag - so
vernichtend, dass er kurz davor ist, den Jungen selbst aufzuklären, ihm alles
zu erzählen. Aber will er wirklich derjenige sein, der diese Welt in ihrer
Widerwärtigkeit, ihrem Zynismus über die von Ruprecht hereinbrechen lässt?
Nein. Um sich die bittere Pille zu versüßen, greift er nach einem Doughnut und
beißt hinein. Er schmeckt überraschend gut.
    »Das stimmt«, sagt er. »Er hieß Oliver Lodge. Zu der Zeit
war er einer der berühmtesten Wissenschaftler der Welt. Er hatte diverse
bahnbrechende Entdeckungen unter anderem auf den Gebieten Magnetismus,
Elektrizität und Funkwellen gemacht und versuchte diese in seinen späteren Jahren
zu nutzen, um, wie du sagst, mit der spirituellen Welt zu kommunizieren. Gegen
Ende der viktorianischen Ära war da viel im Schwange - Seancen, Feen,
telepathische Fotografie und so weiter. Vielleicht stellte es eine Reaktion
auf die damalige Gesellschaft dar, die sehr materialistisch und technikbesessen
war - ganz ähnlich wie die unsere eigentlich. Die Spiritisten zogen den
geballten Zorn der zeitgenössischen Wissenschaftler auf sich, vor allem, weil
sie behaupteten, mithilfe der Wissenschaft, genauer gesagt, neuer Erfindungen,
wie etwa Kameras, Grammofone und Radios, Kontakt mit der Geisterwelt
aufzunehmen. Darum tat sich eine Gruppe Wissenschaftler, unter ihnen auch
Lodge, zum Studium übernatürlicher Phänomene zusammen, mit dem Ziel, das Ganze
als den Betrug zu entlarven, der es war.
    Doch dann brach der Krieg aus, und Lodges Sohn Raymond
fiel im Gefecht. Im Nu steckte Lodge mitten in dem drin, was er doch eigentlich
widerlegen sollte. Er behauptete, mit seinem toten Sohn kommuniziert zu haben
- er schrieb sogar ein Buch, das ihm angeblich teilweise von dem Jungen aus dem
Jenseits diktiert worden war. Laut diesem Buch, das sich fantastisch verkaufte,
ist das Leben nach dem Tode, das sein Sohn Summerland nannte, nur einen
Wimpernschlag von der dir und mir vertrauten Welt entfernt. Doch es existiert
in einer anderen Dimension, darum kann man es nicht sehen.«
»Aber er konnte es
sehen?«
    »Nein. Er hatte ein Hausmädchen, das ihm als Medium diente.
Alles geschah durch sie. Aber aufgrund seiner eigenen physikalischen Arbeiten
und Raymonds Beschreibungen der anderen Welt kam Lodge zu der Überzeugung,
schlüssig beweisen zu können, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Der
Schlüssel war die vierte Dimension, die zusätzliche Dimension in unmittelbarer
Nähe zu den unseren, die jedoch ein unsichtbarer Schleier von uns trennt. Lodge
glaubte, die von ihm entdeckten elektromagnetischen Wellen könnten diesen
Schleier durchdringen.«
    »Wie?« Mit seinem nadelspitzen Blick gleicht Ruprecht
einem Luchs - jedenfalls soweit das einem chronisch übergewichtigen
Vierzehnjährigen möglich ist.
    »Nun ja, es gab damals die Vorstellung, dass der freie
Raum von einem

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