Murray,Paul
hören können, wobei er in der
Schülerschaft eher für seinen Hang bekannt ist, sich den Schorf von Wunden
abzupulen und ihn aufzuessen; da steht, ein bisschen zittrig in seinen engen
rosa Leggings, Roland O'Neil, der geniale Bassist von Funkulus, finster beäugt
von John Manlor, dem wahrhaft haarigen Sänger von manlor: definitiv
der größte Hit, den die Schule in puncto Koteletten zu bieten hat. Und da spult
Titch Fitzpatrick zum hundertsten Mal seine Conferenciemummer ab und tut, als
habe er weder Augen noch Ohren für Gary Toolan, seinen Rivalen für diesen
Programmteil, der höhnisch grinst und nicht eben gedämpft Sprüche wie »Was will
der eigentlich auf der Bühne - Windeln wechseln oder was?« absondert.
In der
Reihe direkt vor dem Van-Doren-Quartett steht Trevor Hickey alias »The Duke«,
der ohne sichtbare Anzeichen irgendwelchen Musizierens in die Luft starrt und
sich selbst eine Ansprache hält: »...seit Anbruch der Zeit ... unser ältester, rastlosester Feind...«
Geoff
schnappt immer wieder den einen oder anderen Satzfetzen auf, bis ihn
schließlich die Neugier übermannt. »Äh, Trevor, wo hast du denn dein
Instrument gelassen?«
»Schrecken und Staunen - oh, ich
mache nichts mit Musik.«
»Nichts
mit Musik ...?«, wiederholt Geoff, dann fällt der Groschen. »Sag bloß, du
machst das Diablos-Ding?«
»M-hm.«
Geoff
gafft ihn an, ehrfürchtig und zutiefst beunruhigt. »Es ist bloß so«, fügt er
rasch an, »na ja, dass der Automator auch da drin sitzt.«
»M-hm.«
Dass Trevor unablässig von einem Bein aufs andere tritt, ist nur zum Teil auf
seine Nervosität zurückzuführen. Er hat vor dem Schlafengehen und nach dem
Aufstehen insgesamt fünf Dosen Bohnen verputzt, um über ein ordentliches Maß an
Darmwinden oder, wie er es ausdrückt, »Macht« zu verfügen.
»Weiß
nicht, ich denk mir bloß, ob das Weihnachtskonzert nicht eher so was wie eine
Familienveranstaltung ist?«
»Furzt in
deiner Familie denn keiner?«, fragt Trevor kampflustig.
»Na ja,
die meisten würden jedenfalls kein Feuer damit machen -«
»Das ist
ja genau das Schöne daran«, fällt Trevor ihm ins Wort, mit glänzenden Augen und
schon jetzt seinem eigenen Mythos verfallen. »Vollkommen unspektakuläre
Körperfunktionen in eine magische Verbindung mit den Elementen zu setzen -
davon träumt doch die gesamte Menschheit...«
Brian
»Jeekers« Prendergast hört sich an, was der Grünschnabel da neben ihm
verzapft, und hat ein mulmiges Gefühl im Bauch. Dank diesem albernen Getue mit
Apparaturen und Grabhügeln leidet das Quartett an einem empfindlichen
Probendefizit; als wäre das nicht schon genug, sind offenbar die alten Reibereien
zwischen Ruprecht und Dennis wieder aufgeflammt, und zwar schlimmer denn je.
Ruprecht hat zu Jeekers gesagt, er soll sich keine Sorgen machen, das Stück ist
so leicht, dass damit nichts schiefgehen kann - aber er muss ja auch nicht vor
Jeekers' Eltern hintreten, wenn sie bei dem Konzert nicht mitmachen dürfen.
»Nächster!«
Die Tür geht auf, und Gaspard Delacroix, Schöpfer und Solovortragender von Der kleine Spatz: Gaspard Delacroix singt die Lieder
von Edith Piaf, kommt herausstolziert, pellt sich seine schaurige
Perücke vom Kopf und murmelt irgendwas von Banausen. Patrick »The Knowledge« Noonan und
Eoin »MC Sexecutioner« Flynn tauschen einen nervösen Blick, dann holen sie tief
Luft, setzen ihre Showbizmiene auf und marschieren hinein.
Die
Turnhalle ist völlig leer, bis auf ein einzelnes Pult genau in der Mitte, an
dem der Automator und Pater Laughton, der musikalische Leiter des Konzerts,
sitzen; daneben steht Trudy, die Gattin des kommissarischen Direktors, mit
ihrem Klemmbrett.
Die Jungs
erklimmen unter viel Goldkettchengeklingel die Bühne, schlenkern eine Weile hin
und her und murmeln Unverständliches vor sich hin. Dann kommt aus
Sexecutioners Ghettoblaster ein explosionsartiger, gewaltiger, blanker
Trommelschlag, der die ganze Halle erbeben lässt und das Signal für die Jungs
gibt, wie wild über die Bretter zu hüpfen und unergründliche Handzeichen zu
geben. Ihre sackweiten Hosen flattern wie Segel um sie herum, dann schnappt
sich Knowledge das Mikro: »Ich hab Röntgenaugen, doch sie trägt Hosen aus Blei,
drum muss ich ihren Hintern mit -«
»Nächster!«
Die Prüfungskommission macht kurzen Prozess, bevor Sexecutioner sein erstes Arschloch loswerden kann. Einen Moment lang
bleiben die Jungs wie angewurzelt stehen und wirken sehr ungangstamäßig
gekränkt;
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