Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Murray,Paul

Murray,Paul

Titel: Murray,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 1)
Vom Netzwerk:
Gerippen, Häuser sind in Watte
eingesponnen, der Himmel kracht und zischt von immer mehr Teststarts von
Feuerwerksraketen. Nicht einmal die Lehrer können sich dem Bann entziehen:
Unterrichtsstunden machen seltsame Umwege, und etablierte Routinen lockern
sich, bis gegen Ende der Woche die festgefahrenen alltäglichen Abläufe nicht
mehr real erscheinen oder zumindest weniger real als die fluoreszierenden
Geister, die aus den Fenstern von Ed's Doughnut House nebenan leuchten ...
    Skippy
kommt es in den Sinn - obwohl das Quatsch ist, weil andere sie auch gesehen
haben -, dass vielleicht auch das Frisbeemädchen gar nicht real ist; dass auch
sie eine Halloween-Erscheinung ist, eine dunkle Fata Morgana aus Rauch und
Wünschen, die nur am anderen Ende des Fernrohrs existiert und, wenn er ihr
näher zu kommen versucht, gänzlich verschwinden wird. Und während er es
einerseits kaum erwarten kann, dass der Freitag kommt, und nicht weiß, wie er
es überhaupt bis Freitag schaffen soll, hofft er andererseits, dass es nie
Freitag wird.
    Die
Zeit hat dagegen keine solchen Skrupel, und jetzt erwacht er in der
pechschwarzen Finsternis des letzten Morgens vor den Ferien.
    Für
das letzte Viertel der letzten Trainingseinheit der Schwimmmannschaft holt der
Trainer die Trennleinen ein und spannt das Netz, damit sie Wasserball spielen
können. Mit einem Schwapp! segelt der Ball in die Luft, weiße, goldene und braune
Körper springen und platschen, Rufe und Juchzer hallen von dem gelben Dach
wider, Dampf zieht über das Wasser wie Giftgas über ein lustig-buntes
Schlachtfeld. Skippy hält sich im Hintergrund, wo sich nicht viel tut. Komm mal
einen Moment rüber hier, Daniel, sagt der Trainer.
    Er
bückt sich, als Skippy zu ihm hinschwimmt. Die Bewegung schmerzt ihn, das sieht
man daran, wie er die Augen verdreht.
    Du
hast in letzter Zeit sehr oft beim Training gefehlt.
    Tut
mir leid, Mr. Roche, ich war krank. Ich hab eine Entschuldigung.
    Alles
schön und gut, aber irgendwie musst du das nachholen. Der Wettkampf ist nur
zwei Wochen nach Ferienende, das weißt du ja. Es werden ein paar gute Schulen
dabei sein. Und deine Zeiten waren in den letzten Wochen nicht gerade berauschend.
    Ja,
Mr. Roche.
    Ich
möchte dich wirklich in der Mannschaft haben, Daniel, aber ich muss eine
deutliche Verbesserung feststellen, wenn du zurückkommst.
    Okay,
Mr. Roche.
    Fährst
du in den Ferien nach Hause? Ja.
    Habt
ihr ein Schwimmbad da oben - wo wohnst du noch, in Rush?
    Ja,
wir haben ein Schwimmbad, und ich schwimme auch im Meer.
    Verstehe.
Das ist gut. Also, versuch möglichst viel zu trainieren in den Ferien, okay?
Ja, Mr. Roche.
    Gut.
Der Trainer presst die Lippen aufeinander. Seine Gesichtshaut ist runzlig,
aber seine Augen sind von einem klaren Blau, wie ein Swimmingpool, der darauf
wartet, dass jemand hineinspringt. Alles in Ordnung bei dir, Daniel? Ich hab
seit einiger Zeit den Eindruck, dass dich etwas bedrückt.
    Nein,
überhaupt nicht.
    Wirklich
nicht? Diese ... Übelkeit, da bist du drüber weg? O ja, absolut.
    Okay.
Er sieht Skippy unverwandt in die Augen. Du weißt ja: Wenn dir irgendetwas
Sorgen macht, kannst du immer zu mir kommen, und wir reden drüber. Dafür bin
ich da. Alles unter vier Augen und vertraulich.
    Danke,
Mr. Roche.
    Ich
bin nicht irgendein Lehrer. Ich bin dein Trainer. Ich kümmere mich um meine
Jungs.
    Das
weiß ich, Mr. Roche. Aber es ist alles in Ordnung.
    Dann
ist es ja gut. Du freust dich bestimmt, deine Eltern wiederzusehen?
    Na
klar.
    Wie
geht es ihnen? Gut.
    Deiner
Mutter?
    Der
geht's gut.
    Der
Trainer legt ihm die Hand auf die Schulter. Grüß sie ganz herzlich von mir, ja?
Sie können sehr stolz auf dich sein. Richte ihnen das von mir aus. Er steht auf.
    Wird
gemacht.
    Und
denk dran, hart trainieren! Ich will dich in dem Bus nach Galway sehen. Okay.
    Aber
der Trainer hat sich schon abgewandt und ruft mit seiner Trillerpfeife
Siddartha Niland zur Ordnung, der herumspringt und mit einer Badehose wedelt.
Am flachen Ende schreit Duane Grehan: Meine Hose! Meine Hose!
    Dampfschwaden
wehen über dem Wasser hin und her. Aber auf deiner Haut fühlt es sich eiskalt
an.
     
     
    Die
allerletzte Schulstunde vor den Ferien. Bis vor Kurzem galt die Irischlehrerin,
Miss Ni Riain, trotz ihres fortgeschrittenen Alters, ihrer seltsam
kegelförmigen Brüste und der Tatsache, dass sie wegen ihres Make-ups aussieht
wie ein Sahnebonbon, vielen als attraktivstes weibliches Wesen von Seabrook,
Objekt so mancher Fixierung - was

Weitere Kostenlose Bücher