Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
anzutörnen, dass wir fast erwischt wurden. Fordernd zieht sie mich zur Holztür, ihr süßlicher Sog saugt mich an. Unsere Lippen kleben wie magnetisiert aufeinander. Weiter. Mehr. Gerade noch kann ich die Tür von innen mit einem Absatzkick ins Schloss treten, da laufen die beiden draußen vorbei. Von dieser Störung zusätzlich stimuliert, gehen wir uns lüstern an die Wäsche. Was hier besonders gut passt, weil es tatsächlich ein Speicherboden ist, auf dem die Hotelwäsche trocknet. Um uns herum nur weiße Leinen und Bettbezüge.
» Laken sind genug da, es fehlt nur das Bett«, haucht Jana mir knabbernd ins Ohr.
Immer weiter umschmeichelt sie meine Zunge, knutschend tanzen wir durch den Raum, ein ums andere Mal verwickeln sich unsere Köpfe in den duftenden Stoffen. Eben noch ihr zart salziger Hals, der verführerische Duft ihrer Haut, und jetzt das frühlingsfrische Bettlaken zwischen meinen Lippen. Die reinste Küssenschlacht. Schließlich greife ich mir eine Wäscheklammer, ziehe Janas Shirt an einer Seite hoch und befestige es behutsam an der Schnur über uns. So können meine Finger ihre Brüste besser ertasten, erfühlen, erregen.
» Unbequem, aber geil«, wispert sie.
Orientierungslos küssen wir uns schwindelig.
Es muss schon eine Weile her sein, dass wir etwas anderes außer uns wahrgenommen haben. Plötzlich ist eine Stimme im Raum, völlig unangemeldet.
» Huhu, ist da noch jemand?«
Muttis!
Ich löse meine Lippen von Janas.
» Oh, ich will nicht stören. Andi, ich hoffe, du hast dir die Zähne geputzt?«
Die Situation ist so offenkundig, dass ich den Gedanken zu flunkern so schnell verwerfe, wie er gekommen ist.
» Es … es ist …«, beginne ich stammelnd.
» Weichgespülte Wäsche, das sehe ich selbst.«
» … genau das, wonach es aussieht«, seufze ich.
» Huch … wer hängt denn da an der Leine? Jana? Hallo, Jana! Unsere Zimmer sind wirklich schön. Andi, du behandelst sie doch im Schongang?«
Ich bin sprachlos.
» Ach so, ich verstehe, ihr übt Mund-zu-Mund-Beatmung. Für die nächste Rettungsaktion, wenn wieder einer ins Wasser fällt, nicht wahr?«
» Mutti, äh …«
» Gut, gut, macht weiter so. Ich hänge nur eben meine frisch gewaschenen Schlüpfer auf. Hier drinnen sind die rasch getrocknet.«
» Mutti!«
Oh bitte. Meine Erregung fällt wie das Quecksilber eines Thermometers, das aus der prallen Sonne ins Eisfach gelegt wird.
» Bin schon fertig. Bis später.«
Als sie durch die Tür ist, löse ich die Wäscheklammer von Janas Shirt. Wir schauen uns nur noch belämmert an. Und dann lachen wir auf einmal gleichzeitig los. So laut und schallend, dass sich die Bettlaken neben uns wie von einem Luftzug aufblähen.
» So … so kann ich nicht arbeiten.« Ich wische mir Tränen von der Wange.
Wir umarmen uns so innig, unsere Herzen pochen aneinander.
Dienstag, 17. Februar
VERRÜCKTE GÖTTER IN ANGKOR WAT C
Das ist die Idee, ich mache es so wie früher! Noch vor Sonnenaufgang fummle ich die Taschenlampe aus meiner Reisetasche. Um Mutti nicht zu wecken, lese ich unter der Bettdecke im Reiseführer. Heute werde ich mich nicht blamieren! Auf jeden Fall nicht mit Wissenslücken. Denn Angkor Wat ist doch für alle das Ziel der Reise, und … ahaahaaha … vor 800 Jahren die größte Stadt der Welt, Hauptattraktion und Stolz des Landes. Na, das liest sich doch gut. Im Fernsehen und auf Fotos habe ich sie ja auch schon mal gesehen: diese großen Türme in Form von Lotosblüten, die sich im See davor spiegeln. Insgesamt verteilen sich in Groß-Angkor sogar viele hundert Tempelanlagen auf einem Gelände von fast 1000 Quadratkilometern. Wow, das ist eine Fläche, weitläufiger als Berlin.
Die Decke verrutscht, ich ziehe sie höher.
Oha, das ist ja ein richtiger kultureller Knaller, ich hätte Jana im Bus aufmerksamer lauschen sollen: Nach hinduistischem Glauben war der König ein Gott auf Erden, seine Stadt und die Bauwerke sollten das Universum im Kleinformat abbilden. Vermutlich so ähnlich wie ein Alpendorf in einer Schneekugel. Okay, so viel Info reicht mir fürs Erste.
Quicklebendig hüpfe ich um 6 Uhr aus dem Bett. Im Bad pfeife ich die Melodie von »Du hast die Haare schön« vor mich hin, aber mit einem entschieden anderen Text im Kopf: »Ich will die Jana seh’n, ich will die Jana seh’n, ich will ich will, ich will die Jana seh’n!«
Und so geschieht es auch, im Frühstücksraum am Toaster.
» Schönen Guten Morgen, Königin der Wäschespeicher!« Kerl,
Weitere Kostenlose Bücher