Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
Unding, dass alle Männer immer junge Asiatinnen haben wollen?!«
» Nicht immer«, murmelt Harald neben mir.
» Auch nicht alle«, räuspere ich mich.
Was für eine übertriebene Verallgemeinerung. Das kann sie doch gar nicht aus Männersicht beurteilen.
» Es soll ja sogar hier am Tisch Interessenten geben«, zischt Jana, und ihr Blick blitzt in meine Richtung.
» Ich hab’s doch nur dir erzählt …«, flüstert Harald mir aufgeschreckt zu.
» … und ich nicht weiter. Sie meint mich.«
» Wie, du hast auch …?«, fragt Harald, jetzt eine Spur zu laut.
» Nein! Aber Jana traut es mir zu.«
» Oh.«
Deswegen bin ich nicht beleidigt, auch wenn ich es sein könnte – nur ist doch gestern wirklich nichts gelaufen! Sollte es ja auch gar nicht. Außer eben bei Harald in der Verlängerung. Allerdings habe ich auch kein schlechtes Gewissen, mich in die Bunny-Bar verlaufen zu haben. Und dort habe ich mich wie ein Mann verhalten, was okay ist, ich bin doch einer.
Kurt hebt väterlich die Arme und steht auf.
» Nun habt euch doch nicht so, Schluss jetzt mit den Eifersüchteleien.«
Eifersüchtig? Jana? Sieh an.
» Ich erhebe das Glas auf meine Mechthild, die mich nach vierzig Jahren immer noch so glücklich macht.«
» Bravo, ganz wunderbar!«, ruft Mutti.
Was ist denn auf einmal mit Kurt los? Sonst tut er doch immer so, als habe er knapp am Volltreffer vorbeigeheiratet. Vielleicht sind es die Speisen, die hier schärfer gewürzt sind als in Vietnam.
» Mechthild, ich möchte ein Füllhorn von Komplimenten über dir ausschütten. Setz dich bitte auf meinen Schoß.«
Cool, er hat sich vergangene Nacht also eine Anregung geholt.
» Da habe ich doch schon seit Jahren nicht mehr gesessen«, sagt Mechthild, ist aber eher angetan als verwundert.
» Komm her!« Jetzt holt Kurt zum emotionalen Abschlag erster Güte aus. » Ich liebe dich, du kuchenkrümelfressendes Pelztierchen!«
Montag, 16. Februar
MITTELALTER UNTER PALMEN UND EINE KÜSSENSCHLACHT C
Hätte Harald das Mikro doch besser versteckt, irgendwo im Bus. In der Gepäckablage oder im Tank, ganz egal. Denn nachdem er wieder zuverlässig die Bundesliga-Ergebnisse durchgegeben hat, greift Jana danach und macht eine klare Ansage.
» Ihr Lieben, der Königspalast war gestern ja leider geschlossen. Andi, du warst vorher da – möchtest du nicht allen berichten?«
Nein, möchte ich nicht. Sie will mich herausfordern, klarer Fall. Allerdings habe ich mir vorgenommen, ganz gelassen zu wirken.
» Danke, die Broschüre von dort ist sehr informativ, es sind auch schöne Fotos drin. Ich reiche sie gerne rum.«
Jana geht nicht auf mich ein, referiert dafür ausschweifend über den Königspalast. Da sie das Mikro schon mal in der Hand hält, nutzt sie die Gelegenheit, uns außerdem mit Erläuterungen zu Angkor Wat vollzustopfen. Obwohl das doch noch ziemlich genau 300 Kilometer entfernt liegt! Ich esse doch auch kein Ei, das noch gar nicht gelegt ist.
Ganz tief rutsche ich in den Sitz, meine Knie krabbeln die Lehne vor mir hoch.
Im Prinzip moderiert Jana die ganze Fahrt durch. Das mag ja lehrreich sein, aber mich interessieren eben nicht sämtliche Jahreszahlen und Herrschernamen. Mir geht es mehr um den Gesamteindruck, wie alles zusammenhängt und so.
Außerdem, ganz ehrlich: Ich würde auch gerne mal auf meinen Krimi umschalten können, den ich in diesem Urlaub schließlich noch auslesen will. Ungeduldig, aber beherrscht, blicke ich aus dem Fenster. In der Hauptstadt sind wir noch über geteerte Straßen gefahren, nun rollen wir auf roten Sandpisten durch Reis- und Zuckerrohrplantagen. Das Blau des Himmels ist nicht zu sehen, der weiße Vorhang hat sich noch nicht geöffnet.
Ah, Jana unterbricht ihre Informationen. Entweder ist ihr die Puste ausgegangen, oder sie blättert in ihren Aufzeichnungen. Gut, so kann ich endlich ein paar Seiten lesen.
» Ach, Mechthild, du lernst auch Englisch?« Mutti hat das Vokabelheft von Kurts Frau entdeckt. Ausgerechnet jetzt.
» Ja, zu Hause in einem Kursus.«
» Ich auch!«
» Jede Woche an der VHS .«
» Ich in der Pfarrei. Immer dienstags.«
» Vor allem Grammatik und Konversation.«
» Ja, und manchmal schreiben wir sogar kleine Tests.«
Das gibt’s doch nicht. Kaum hört die vorne auf zu erzählen, da brabbeln die Frauen in der Busmitte los. Als hätten sie auf Janas Atempause gewartet, um direkt einhaken zu können. Und dann quatschen sie auch noch über einen Sprachkurs. Ich dachte, ältere Leute
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