Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
Exfreundin im hohen Bogen vor die Tür, und jetzt winkt sie mir durch den Briefschlitz fröhlich zu. Was soll das? Ja, das ist Frauenlogik. Was so viel heißt wie: versteht kein Mann! Also auch ich nicht. Okay, so weit normal. Nur wenn ich mich deswegen auf einmal selbst nicht mehr verstehe, dann … geht das gar nicht! Das ist doch einfach nur noch abstrus.
Gedankenverloren stehe ich einige Zeit vor Janas Zimmer. Ich will hier nicht weg! Drinnen höre ich die Klospülung. Mit dem Rücken rutsche ich lautlos an ihrer Tür hinab und sitze dann mit ausgestreckten Beinen davor. So bedeppert wie Stan Laurel, wenn er nicht weiterweiß. Fehlt nur noch, dass ich mir mit einer Hand auf dem Kopf kratze. Nee, nee, wer hätte gedacht, dass ich als Türvorleger in Kambodscha ende. Ich bin müde und fühle mich urlaubsreif. Mein Kopf lehnt schwer am Holzrahmen.
Kim jagt Jana mit einem Teppichklopfer über den Innenhof eines Tempels. Ich renne hinterher, gefolgt von einem Rikschafahrer, der nicht versteht, warum ich nicht aufspringen will. Von rechts nähert sich ein Briefträger auf seinem Rad, bimmelt mich an und ruft unablässig: »Sie haben Post!« Irritiert rufe ich zurück: »Nein, Sie!« Auf der anderen Seite rollt Walter auf einem Dreirad über den Sand. »Schau mal – freihändig!«, juchzt er stolz. Endlich erreiche ich meine Exfreundin, packe sie und schleudere sie auf einen hohen Turm. Jana sinkt mir in die Arme, ihre Augen glänzen: »Mein Held!« Dann küssen wir uns innig.
Immer inniger. Etwas feucht, dieses Mal. Noch feuchter. Ihre Zunge leckt über mein ganzes Gesicht. Das finde ich auf einmal nicht mehr so prickelnd. Das ist … eine Hundeschnauze! Bah! Aufgeschreckt knalle ich mit meinem Kopf gegen den Türrahmen. Aua.
Was will die Töle, wo ist Jana, was passiert mit mir? Oh … ich bin wohl eingenickt.
Meine Hand fährt die Wand hoch, tastet erst ins Leere, findet dann den Lichtschalter. Die nackte Glühbirne im Flur flackert nur zögerlich zur vollen Leuchtkraft auf. Puh, das ist echt hell, ich kneife die Augen zusammen. Dösig schaue ich auf mein linkes Handgelenk: 3:25 Uhr. Erwartungsfroh versucht der Hotelhund weiter, mir mit seiner Zunge übers Gesicht zu schlabbern. Sein Blick wirkt melancholisch, nein, eher treudoof.
Ich schiebe seine Schnauze sanft zur Seite.
» Aus, bah.«
Er wedelt mit dem Schwanz und hechelt. Leise ächzend erhebe ich mich und orientiere mich schwerfällig zur Treppe hin.
» Schlaf gut, Hund.«
Er folgt mir bis auf meine Etage, streicht mir noch einmal um die Beine und legt sich zufrieden vor die Zimmertür.
Mittwoch, 18. Februar
ICH SOLLTE ENDLICH FÜHLEN, WAS ICH EMPFINDE! C
» Guten Morgen, mein Junge! Aufstehen!«, sagt meine Mutter in Weckerlautstärke und zieht geräuschvoll die Vorhänge zur Seite. » Die Sonne scheint!«
Oh bitte. Ich dachte, diese Art geweckt zu werden hätten wir vor 20 Jahren abgehakt. Grummelnd ziehe ich mir die Decke über den Kopf.
» Auf auf! Der frühe Vogel fängt den Wurm.«
Ich bin der Wurm. Also sollte ich liegen bleiben.
» Hmmm.«
» Das ist unser letzter Tag heute. Den wollen wir doch nicht verschlafen. Hopp, hopp!«
» Mann, Mutti. Frei, kein Programm.«
» Aber ja, doch! Die Antje hat etwas organisiert.«
Blöde Schwester, ganz blöd. Streberin.
» Was’n?«
» Na, einen sportlichen Fahrradausflug zu den Einheimischen.«
» Woll’n bestimmt auch ihre Ruhe haben.« Ich drehe mich zur Seite.
» Nein, nein. Du stehst jetzt auf!«
» Hmmm. Ich fahr heut echt kein Rad.«
» Doch, doch. Es sind alle mit dabei. Also, fast alle. Sven und Harald wollen noch Souvenirs einkaufen. Sonst aber alle. Die Vera, die Mechthild, Kurt …«
Ich kenne ihre Namen.
» … und natürlich Walter. Antje, klar, Kristin, auch Jana und …«
» Jana?« Ich schiebe die Bettdecke etwas nach unten.
Sie ist dabei, aha. Endlich ein Pro.
» Und warum weiß ich nix davon?«
Mutti schaut verdutzt. » Weil ich Jana doch auch eben erst unten …«
» Warum weiß ich nichts von der Radtour?!«
» Deswegen sag ich’s dir doch. Gestern bist du ja nicht beizeiten zurückgekommen. Wo hast du überhaupt gesteckt?«
» Überstunden, quasi.«
Verpennter als ein Faultier bin ich, habe überhaupt keine Lust und fühle mich einfach nur schluffig. Soll ich so Jana beeindrucken? Als ich mich aufrichte, tropft mir etwas vom Kinn. Es sieht aus wie Hundesabber.
Eine gute halbe Stunde später trotte ich die Treppe runter, die Dusche hat mich nicht belebt.
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